Lärm
Lärm ist unerwünschter und/oder gesundheitsschädlicher Schall und wird in Dezibel (dB) gemessen.
1. Einflußgrößen
Betrachtet man Einflußgrößen, die Schall zu Lärm werden lassen, so sind physikalische und psychologische Faktoren zu unterscheiden.
Die Akustik betreffend ist zunächst die Lautstärke des Geräusches zu nennen. Je lauter ein Geräusch ist, desto belästigender wird es empfunden (sogenannte Lautheitsregel). Des weiteren sind insbesondere die Dauer, der zeitliche Verlauf (Dynamik) sowie die spektrale Zusammensetzung des Geräusches von Bedeutung. Die akustischen Determinanten allein sind für eine Erklärung der Gesamtbelästigung allerdings unzureichend. Nach Ortscheid läßt sich heutzutage lediglich etwa ein Drittel der Spannweite individueller Reaktionen auf Lärm durch physikalisch meßbare Größen erklären. Zwei Drittel hängen vielmehr von nichtakustischen, psychologischen Faktoren ab. Anschaulich wird dieser Zusammenhang, wenn man das unterschiedliche Empfinden von Meeres- und Autobahnrauschen bei gleichen Belastungspegeln betrachtet. Nach Höger sind die folgenden psychosozialen Variablen im wesentlichen von Bedeutung:
• Die Einstellungen der Betroffenen zur Schallquelle, zum Verursacher, zum Schall selbst (Gewöhnungsbereitschaft);
Die wahrgenommene Möglichkeit, sich vor den negativen Folgen des Lärms zu schützen (Kontrollaspekt);
Die individuelle Lärmempfindlichkeit (dispositionelle Variable);
Alter, Geschlecht, Sozialstatus und Gesundheit.
2. Lärmwirkungen auf den Menschen
Lärm wird offensichtlich von jedem anders empfunden. Doch das heißt nicht, daß man sich an ihn gewöhnen kann. Schädliche Wirkungen setzen, von der Lärmwirkungsforschung bis in die 80er Jahre unterschätzt, bereits bei Pegelbelastungen um 60 dB(A) ein, die von Betroffenen überhaupt nicht als belastend wahrgenommen werden. Die moderne Lärmwirkungsforschung unterscheidet üblicherweise aurale (das Gehör betreffende) und extraaurale Wirkungen. Insbesondere sind die organismischen Funktionsbereiche Gehör, Zentralnervensystem, Herz-Kreislaufsystem und endokrines System betroffen.
Im Rahmen der auralen Schadwirkungsmechanismen sind zum einen Innenohrschäden, verursacht durch Schallpegel über 85 dB(A), zu nennen, welche von einer vorübergehenden Verminderung des Hörvermögens bis zur irreparablen, völligen Taubheit führen können. Zum anderen lassen sich Stoffwechselüberlastungsschäden durch länger andauernde, intensive funktionelle Beanspruchung sowie Störungen der Mikrozirkulation im Innenohr, als Reaktion auf Beschallung mit hohen Pegeln, beobachten.
Insgesamt gesehen sind die genannten auralen Schäden im Vergleich zu extraauralen Schäden jedoch von geringerer Relevanz.
Im folgenden sollen die komplexen extraauralen Schadwirkungsmechanismen zum besseren Verständnis getrennt nach physischen und psychischen Komponenten dargestellt werden, obgleich beide z. T. eng miteinander zusammenhängen. Aus rein physischer Sicht setzt nach Höger ab einem Lärmpegel von ca. 60 dB(A) eine unwillkürliche Erhöhung des Erregungsniveaus des vegetativen Nervensystems ein. Der Störung folgt eine Akutreaktion. Das endokrine System schüttet Streßhormone aus und der Blutdruck steigt, das Herzinfarktrisiko erhöht sich. Der Berliner Tagesspiegel berichtete 1997 von einem im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung 80-fach erhöhten Herzinfarktrisiko für Anwohner des Hauptstraßennetzes von Berlin, und stützt sich dabei auf eine bislang unter Verschluß gehaltene Studie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Der akute Streß ändert zudem den Mineralstoffwechsel. Dem Körper wird vor allem Magnesium entzogen, was ihn gegenüber Lärm wiederum stärker sensibilisiert. Des weiteren ändern sich Durchblutung, Atemfrequenz, Muskeltonus und somit insbesondere auch die Schlafqualität. Letztere wird bereits ab einem tagsüber nahezu unbedenklichen Spitzenpegel um 35 dB(A) beeinträchtigt. Die Schlaftiefe verringert sich, REM-Phasen werden verkürzt und treten verspätet ein. Aufwachreaktionen und Einschlafstörungen lassen sich bei Maximalpegeln ab etwa 40 dB(A) (im Wohnraum gemessen) feststellen. Bei einem Immissionspegel von 50 dB(A) beträgt die Wahrscheinlichkeit des Aufwachens bereits über 50%. In einer Studie von 1993 wurde nachgewiesen, daß nachts bei geöffnetem Fenster bei mehr als 50% der Bevölkerung in Deutschland ein entsprechender Pegel vorherrscht. Bei geschlossenen Fenstern sind noch immer ca. 30% betroffen. Doch nicht nur die Erholung des Körpers wird durch Lärm beeinträchtigt. Auch das psychische Wohlbefinden ist durch die Störung der Rekreationsfunktion beeinträchtigt, was sich gerade am Feierabend und an Wochenenden bemerkbar macht. In diesen Zeiträumen besteht ein erhöhtes Bedürfnis nach einer lärmarmen Umwelt, das sich häufig in Form der „Flucht“ in ruhige Erholungsgebiete äußert. Der zunehmende Freizeitverkehr verschärft dabei wiederum die Problematik und macht eine Regeneration in „Oasen der Stille“ immer schwieriger. Besonders problematisch ist zudem die kumulierte Dauerbelastung durch Verkehrs-, Arbeitsplatz-, Freizeit- und Umweltgeräusche einzuschätzen. Als gravierendste psychische Wirkung von Lärm wird allerdings die Störung der Kommunikation empfunden. Geräusche behindern dabei den Sprecher stärker als den Zuhörer. Sprache wird durch den Störeinfluß auf das unbedingt Nötige reduziert und verarmt. Die Sprachverständlichkeit für Sätze sinkt bereits auf 50%, wenn der Störpegel um 6 dB(A) über dem Sprechpegel liegt. Dies wäre z. B. der Fall, wenn bei geöffnetem Fenster ein Pkw vorbeifahrt. Beobachtbare Folgen derartiger Kommunikationsstörungen treten ab einem Mittelungspegel von etwa 45 dB(A) auf und äußern sich u.a. in einer verzögerten intellektuellen Entwicklung, insbesondere bezüglich der Lesefähigkeit von Kindern. Zudem lassen sich auch bei Erwachsenen Beeinträchtigungen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit konstatieren. Kopfschmerzen und allgemeines Unlustgefühl führen zu Konzentrationsschwächen und erhöhen die Fehlerhäufigkeiten.
3. Messung von Lärm
Um die komplexen Expositions-Wirkungszusammenhänge (Schall-Belästigung) durch Messung vergleichbar und operationalisier-bar zu machen, erscheint es notwendig, die Begriffe „Belastung“ und „Belästigung“ gegeneinander abzugrenzen. So ist im folgenden Belastung oder Lärmbelastung als physikalisch meßbare, objektive Schallsituation zu verstehen, während Belästigung ein durch Lärm ausgelöstes Gefühl des Unbehagens bezeichnen soll.
3.1. Physikalische Belastungsmessung
Unter vielen physikalischen Maßen (z. B. „Phon“ oder „Sone“) hat sich das Dezibel, welches eine Verhältniszahl für unterschiedliche Schallintensitäten (S) liefert, als das, bei vertretbarem Meßaufwand, geeignetste Lärmmaß herausgestellt. Grundlage der Bewertung ist der Schallpegel Lärm Dieser ist definiert als der 10 fache dekadische Logarithmus vom Verhältnis der Schallintensität S zu einer festen „Bezugsschallintensität“ S(0) = 10 hoch 12 Watt/m2. Der Referenzwert So spiegelt dabei die Hörschwelle wider.
L = 10 lg (S/ So)
Die dimensionslosen (Verhältnis-) Zahlenwerte werden nun als Dezibel (dB) definiert. Die Hörschwelle wird dabei als 1 dB angenommen, so daß die Schmerzgrenze, die 10 Billionen-fach höher liegt, einen Wert von 130 dB aufweist. Der Einfluß des Frequenzbereiches bei gleicher Intensität eines Geräusches läßt sich näherungsweise mit Hilfe unterschiedlicher Bewertungskurven (A, B, C, D) für das Maß Dezibel abbilden.
Das deutsche Lärmschutzgesetz verzichtet aber auf eine genaue frequenzabhängige Bewertung und schreibt stattdessen die Verwendung der „A-Skala“ vor. Diese berücksichtigt besonders die Eigenschaften des menschlichen Gehörs, welches im mittleren Frequenzbereich (500 bis 4000 Hz) die größte Empfindlichkeit besitzt. Allerdings führt die dB(A)-Bewertung zu einer systematischen Unterschätzung von niederfrequentem Lärm im Straßenverkehr (insbesondere von Lkw-Lärm) und zu einer Überschätzung von mittel- oder hochfrequenten Lärmquellen (z. B. Schienenverkehr).
Die Dauer und die Häufigkeit von Schallereignissen können berücksichtigt werden, indem man dB(A)-Meßwerte über einen bestimmten Zeitraum, üblicherweise eine Stunde, mittelt. Es ergibt sich der sogenannte „äquivalente Dauerschallpegel“ (Leq) oder auch „Mittelungspegel“ (Lm). Dieser gibt jedoch keinen Aufschluß über die Spitzen und über die Ereignishäufigkeiten. Aufgrund dieser Problematik wird gegebenenfalls zusätzlich der Maximalpegel (Lm,x) zur Bewertung einer Schallsituation herangezogen. Gerade in Intervallen auftretender Lärm (z. B. Fluglärm) kann so genauer beschrieben werden. Für relativ kontinuierliche Belastungen (wie Straßen- und Schienenverkehrslärm) aber ist der Mittelungspegel Leq, gemessen in dB(A), als geeignetes Belastungsmaß anerkannt.
3.2. Dependenzen zwischen Belastung und Belästigung
Um zu einem ganzheitlichen Ansatz der Messung des komplexen Umweltproblemes Lärm zu gelangen, ist zunächst eine Untersuchung des Verhältnisses von (physikalisch meßbarer) Belastung und (subjektiv empfundener) Belästigung sinnvoll. Insbesondere erscheint die Frage interessant, wie stark herrschende Schallpegel (Leq) gesenkt werden müssen, um die Belästigung spürbar zu vermindern. Gibt es hierbei wissenschaftlich fundierte dB(A)-Schwellenwerte, die es ermöglichen, individuelles Belästigungsempfinden in bewertbare Kategorien einzuteilen? Die Sozialforschung unterscheidet üblicherweise Reaktionen wie „gar nicht (unerheblich) belästigt“, „nicht so stark belästigt“, „stark (erheblich) belästigt“ und „unzumutbar belästigt“. Der Grad der Belästigung wird dabei im Rahmen direkter Befragungen, sinnvollerweise ohne Vorgabe des herrschenden Belastungspegels, ermittelt. Stellt man die Ergebnisse den physikalischen Meßwerten gegenüber, so läßt sich vor allem der folgende Zusammenhang beobachten: Die Minderung des Mittelungspegels um 3 dB(A) entspricht einer 50%-igen Reduktion der Schallbelastung. Um aber die Halbierung der Belästigungsempfindung von „stark“, ca. 63-70 dB (A), zu „nicht so stark belästigt“ zu erreichen, wäre eine Abnahme um 10 dB(A) nötig, was in Bezug auf Verkehrslärm einer Verringerung des Verkehrs um 90% entsprechen würde. Um zu einem „unerheblichen“ Grad an Belästigung zu gelangen, müßte der Schalldruckpegel, der eine starke Belästigung anzeigt, gar um 50 dB(A) gesenkt werden. Erhöht er sich andererseits um 4 dB(A), ist die Schallsituation nach Jansen bereits als „unzumutbar“ einzustufen.
Insgesamt bleibt festzuhalten, daß der äquivalente Dauerschallpegel die komplexen Ursache-Wirkungszusammenhänge nicht beschreiben kann und daher für die Prognose individueller Belästigungsreaktionen zu grob ist. Jedoch lassen sich durch die Belastungsmessung via Mittelungspegel, vergleichbar mit der Temperaturmessung, gefährdende Lärmpotentiale angeben, die die Vorhersage von Belästigungsmittelwerten ermöglichen.
4. Lärmarten
Straßenverkehrslärm wird als die störendste Schallquelle empfunden. Im Jahre 1994 fühlten sich in den alten Bundesländern etwa 66% der Bevölkerung hierdurch belästigt. Es folgten die Lärmarten Flugverkehr (46%), Schienenverkehr (25%), Industrie und Gewerbe (21%), Nachbarn (19%) und Sportanlagen (8%). Bis auf den Nachbarschaftslärm welcher im Trend von 1984-1994 zumindest bei den nicht so stark Belästigten abnahm, lassen die restlichen Lärmarten nahezu gleichermaßen eine Negativentwicklung erkennen: Die Zahl der stark Belästigten ist zwar relativ konstant geblieben; die Zahl der nicht so stark Belästigten und somit auch die Gesamtzahl der Belästigten hat im Laufe der Zeit allerdings stetig zugenommen.
Straßenverkehrslärm als die am stärksten störende Lärmart soll im folgenden näher betrachtet werden.
Das Phänomen Straßenverkehrslärm läßt sich zunächst als das Zusammenwirken einer Vielzahl von Punktschallquellen (Pkw, Lkw, Motorrad) beschreiben. Die Schallentstehung am einzelnen Kraftfahrzeug ist vor allem durch Motor, Getriebe, Reifen und Straßenoberfläche sowie durch den Strömungswiderstand bedingt. Obgleich jede dieser Einflußgrößen mit der Geschwindigkeit positiv korreliert, dominiert das Rollgeräusch bereits ab etwa 50 km/h den Lärm der anderen Schallquellen. Dies gilt insbesondere für das bis dahin vorherrschende Motorengeräusch. Bei ausreichender Verkehrsdichte vereinfacht sich die Schallausbreitungssituation, so daß sich der (Autobahn-)Verkehr als Linienquelle betrachten läßt, die den Schall im rechten Winkel zur Fahrbahn abstrahlt. Im Vergleich zu anderen Lärmarten zeichnet sich Autobahnlärm durch Permanenz und Gleichförmigkeit der Geräusche (Entfernungsrauschen), tiefe Frequenzen und unvorhersehbare Impulse aus. Letztere werden vor allem durch starke und plötzliche Schwankungen von Geschwindigkeiten und durch die unterschiedlichen Frequenzen von Lkw (tief), Pkw (mittel) und Motorrad (hoch) verursacht. Die insgesamt tiefe Frequenzverteilung des Autobahnlärms ist also durch den hohen Lkw-Anteil auf Autobahnen zu erklären.
Die Belästigung durch Autobahnlärm ist in erster Linie durch dessen Permanenz bestimmt. Das nahezu pausenlose Geräuschereignis läßt den Verlust der Kontrollierbarkeit der Schallsituation in den Vordergrund treten und verurteilt Betroffene zu passivem Schutzverhalten. Störend wirkt allerdings auch der bloße Anblick einer nahegelegenen Autobahn (Zerschneidung der Landschaft). Derartige „optische Effekte“ tragen zu einer, bei gleichem Belastungspegel, insgesamt höheren Belästigungsreaktion durch Autobahn- im Vergleich zu Stadtstraßenlärm bei. Dies führt dazu, daß Autobahnlärm von 50-60 dB(A) als mindestens doppelt so lästig empfunden wird wie Stadtstraßenlärm, obwohl eine unterschiedliche Wahrnehmung der Lautheit nicht festgestellt werden kann.
Doch auch der hauptsächlich mit der Straße konkurrierende Verkehrsträger Schiene verursacht Lärm. Schienenverkehrslärm hat prinzipiell ähnliche Belastungswirkungen wie der von Autos, jedoch wird er im allgemeinen wesentlich besser akzeptiert. Als Gründe hierfür sind die Regelmäßigkeit der Vorbeifahrten (Kontrollaspekt), sowie die längeren Ruhezeiten zwischen den Pegelspitzen (Rekreationsmöglichkeit) zu nennen. Ein gemittelt gleichlautes Schallereignis kann von Betroffenen besser eingeordnet werden. Zudem ist die Einstellung zur Lärmquelle Bahn im Vergleich zum Straßenverkehr allgemein positiver. Diesen Aspekten wird in der Lärmschutzverordnung 16. BImSchV § 3 Anlage 2 in Form des sogenannten „Schienenbonus“ Rechnung getragen. Dieser erlaubt es, von den zu berechnenden Tag-und Nachtpegeln jeweils 5 dB(A) abzuziehen. In der Literatur (Hauck, Windelberg) finden sich hingegen wissenschaftlich nachgewiesene Lästigkeitsunterschiede von 5 dB(A) tagsüber und 10 dB(A) nachts, so daß der geltende Bonus als politischer Wert und nicht etwa als physikalisches Datum zu interpretieren ist. In der Schweizer Lärmschutzverordnung ist bereits eine Spannweite von 5 bis 15 dB(A) für den Bonus, in Abhängigkeit der Zugfrequenz, vorgesehen. Da die Anwendung des Schienenbonus zudem bei hohen Geschwindigkeiten und starkem Güterverkehr als problematisch anzusehen ist, erscheint es sinnvoll, den Schienenbonus nur bis zu einer Belastung von 70 dB(A) voll zu gewähren. Bei Pegeln zwischen 70 und 75 dB(A) sollte er nur noch reduziert und ab 75 dB(A) überhaupt nicht mehr zur Anwendung kommen.
5. Rechtliche Grundlagen
Der Verkehrslärm findet im deutschen Recht seit dem Jahre 1974 besondere Berücksichtigung. Im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), insbesondere in den §§ 41 bis 43, wird die sogenannte Lärmvorsorge behandelt, die den Lärmschutz beim Neubau und der wesentlichen Änderung von Straßen- und Schienenwegen vorschreibt. Eine Konkretisierung dieser Normen stellt die seit 1990 geltende Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) dar. Darüberhinaus wird seit 1978 auch an bestehenden Autobahnen und Bundesstraßen Lärmschutz durchgeführt, die sogenannte Lärmsanierung. Neben baulichen Möglichkeiten des Lärmschutzes bestehen zudem straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen, die in § 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO) näher geregelt sind.
5.1. Lärmvorsorge
Gemäß den o. g. Vorschriften sind beim Bau oder der wesentlichen Änderung von öffentlichen Straßen, sowie von Eisen- und Straßenbahnen schädliche Verkehrsgeräusche soweit als möglich zu vermeiden. Vorrangig sind Schutzmaßnahmen am Verkehrsweg wie z. B. Lärmschutzwände. Ist dies nicht möglich, müssen sogenannte „passive“ Lärmschutzmaßnahmen (vor allem Schallschutzfenster) an den betroffenen Gebäuden durchgeführt werden. Die dabei dem zuständigen Eigentümer entstehenden Kosten werden in voller Höhe vom Bund erstattet. Gelingt es durch den Einsatz von Lärmschutzmaßnahmen nicht, die belasteten Wohnbereiche mit vertretbarem Aufwand zu schützen, erhält der Eigentümer für die verbleibenden Beeinträchtigungen eine Entschädigung in Geld. Zu beachten ist dabei, daß nur der Bau oder die wesentliche Änderung von Verkehrswegen (z. B. zusätzlicher Fahrstreifen oder zusätzliches Gleis) Lärmschutz auslösen, und nicht etwa straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen, die zu einer Steigerung der Lärmbelastung führen (z. B. Verkehrsverlagerungen).
Diese Ausführungen sind sinngemäß ebenfalls für Schienenwege gültig. Auch hier löst die Erhöhung der Zugzahlen ohne gleichzeitigen baulichen Eingriff keine Lärmvorsorge aus. Lärmvorsorge an Straßen und Schienenwegen muß durchgeführt werden, wenn der Beurteilungspegel, welcher auf der Basis der prognostizierten Fahrzeugzahlen für eine Strecke basiert, die nachfolgenden Immissionsgrenzwerte übersteigt.
5.2. Lärmsanierung
Die Lärmsanierung an Straßen richtet sich nach der Dringlichkeit im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel. Diese wird vor allem nach der Stärke der Lärmbelastung, der Anzahl der Betroffenen und der Gebietskategorie beurteilt. Die im Vergleich zu den Vorsorgewerten wesentlich höheren Immissionsgrenzwerte der Lärmsanierung an Bundesfernstraßen.
Im Gegensatz zur Lärmvorsorge werden bei der Lärmsanierung dem betroffenen Eigentümer auf Antrag nur bis zu 75% der lärmbedingten Aufwendungen erstattet. Der Bund ist dabei nicht zur Zahlung, sondern lediglich zur Prüfung des Antrages verpflichtet. Dies führt dazu, daß selbst bei deutlich überschrittenen Immissionsgrenzwerten aufgrund leerer öffentlicher Kassen Lärmsanierungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden.
Die Lärmsanierung an Schienenwegen ist ebenfalls problematisch, da sich die Deutsche Bahn AG nach wie vor nicht in der Lage sieht, den Lärmschutz an stark belasteten Strecken aus eigenen Mitteln zu verbessern. Der Bund als Eigentümer der Schienenverkehrswege hat zudem eine Lärmsanierung an bestehenden Eisenbahnstrecken nicht vorgesehen.
Weiterführende Literatur:
Bundesministerium für Verkehr (BMV) (Hrsg.): Lärmschutz im Verkehr. Bonn 1993; Gegner, C./ Weinreich, S.: Externe Kosten des Straßen- und Schienenverkehrslärms am Beispiel der Strecke Frankfurt - Basel. ZEW Dokumentation, Nr. 98-08. Mannheim 1998; Hager, R.: Lärmwirkungsforschung. Ergebnisse. Perspektiven. Praxis, in: Günther, RI Timp, D. W. (Hrsg.): Umweltpsychologische Mitteilungen. Bd. 1., o. O. 1993; !sing, H./ Rebentisch, E.: Zur Wirkung von Lärm auf den Menschen, in: psychomed 4, o. O. 1992; Jansen, G.: Zur „erheblichen Belästigung“ und „Gefährdung“ durch Lärm, in: Zeitschrift für Lärmbekämpfung, 33, o. O. 1986; Kurpjuweit, K.: Dreck und Lärm töten im Jahr 50 Menschen, in: Der Tagesspiegel, Nr.15971, Berlin 1997; Mager, N.: Fluglärm und ökonomische Planung. Erfassung und gesamtwirtschaftliche Bewertung der Lärmbelastungen durch den Luftverkehr, Gießen 1982; Maibach, M. (Hrsg.): Die vergessenen Milliarden. Externe Kosten im Energie- und im Verkehrsbereich, Bern/Stuttgart/Wien 1996; Ortscheid, J.: Daten zur Belästigung der Bevölkerung durch Lärm, in: Zeitschrift für Lärmbekämpfung, 43, o. O. 1996; Weinberger, M./ Thomassen, H. G./Willeke, R.: Kosten des Lärms in der Bundesrepublik Deutschland. Berichte des Umweltbundesamtes, 9/91, Berlin 1991; Windelberg, D.: Lästigkeit und Schienenbonus, in: Zeitschrift für Lärmbekämpfung, 42, o. O. 1995.
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