Kapitalismuskritik, feministische
In der sozialistischen Wirtschaftslehre:
Zwischen doppelter Ausbeutung und Subsistenzökonomie.
Die Entwicklung der feministischen Kapitalismuskritik reicht von der Kritik der doppelten Ausbeutung (Familie und Betrieb) bis zur Entwicklung feministischer ökonomischer Theorien. Z.B.: Frigga Ilaug, .. Frauen-Politiken „. „Sozialistische Feministinnen in den kapitalistischen Welten haben lange versucht. einen Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Patriarchat herauszuarbeiten. Es geht nicht mehr darum, zu behaupten, nur der Kapitalismus unterdrücke die Frauen. oder gar, die Frauenunterdrückung verschwände mit der kapitalistischen Produktionsweise; jedoch scheint es notwendig, die Spezifik. in der sich die kapitalistische Produktionsweise Frauenunterdrückung zunutze macht und auf ihr aufbaut, zu begreifen. Die Produktionsverhältnisse, in denen kapitalistisch produziert wird, bringen die beiden Produktionen, die des Lebens selbst und seine Wiederherstellung und die der Lebensmittel, in ein spezifisches Zueinander. Die Produktion von Gebrauchswerten nach dem Profitprinzip ist nur möglich unter der Voraussetzung - deren Durchsetzung sie anderenfalls erzwingen muß -, dass eine ganze Reihe von Gebrauchswerten und vor allem das Leben selbst und seine unmittelbare Pflege und Erhaltung außerhalb der Profitgesetze >produziert< werden müssen. Frauen sind wegen ihrer Fähigkeit, Kinder zu produzieren, in langen historischen Kämpfen dazu ausersehen, diese notwendige Säule in kapitalistischen Produktionsverhältnissen zu spielen. Alles weitere ist das Werk von Kultur und Ideologie. Dieses System begreifen wir als kapitalistisches Patriarchat.“
„Als Arbeit gilt dabei, was in der gesellschaftlich anerkannten Form der Lohnarbeit verrichtet wird. Der größte Teil der für das Überleben von Menschen notwendigen Tätigkeiten, die von ihrer Qualität her nicht der Logik der Zeiteinsparung folgen können (dies trifft u.a. auf fast alle Tätigkeiten der Pflege der heranwachsenden Menschen zu), wird »ausgelagert«: das heißt, auf der ideologisch/kulturellen Ebene zählen sie nicht als »Arbeit«; auf der Ebene der Organisation von Arbeit heißt dies, dass sie nicht in der üblichen gesellschaftlich anerkannten Lohnform entgolten werden; auf der Ebene der »Gleichheit« der Menschen, dass sie von »Ungleichen« getan werden müssen oder ungetan bleiben. Die schon vor dem Kapitalismus vorhandene Frauenunterdrückung hat die Auftreffstruktur für eine solche Organisation gesellschaftlicher Gesamtarbeit geboten. Zugleich herrschte. diese Überdeterminierung verlangend. die Fiktion, die ganze Gesellschaft sei von gleichen und freien Menschen nach den gleichen Prinzipien von Leistung, Wachstum, Zeiteinsparung und Profit geregelt. Das Problem, dass Menschen sich zugleich frei entscheiden und Unfreiheit wählen, ist so auf den Ebenen von Lohnarbeit und Frauenunterdrückung gleichzeitig in eine lebbare Form gebracht. Insofern können wir davon ausgehen. dass es einen stringenten Zusammenhang zwischen kapitalistischer Produktionsweise und Frauenunterdrückung gibt. dass also Kapitalismus zu seiner Aufrechterhaltung des kontinuierlichen Einsatzes tätiger Menschen bedarf, die nach anderen Logiken von Zeit und anderen Formen als denen des Lohns tätig sind.“
Maria Mies, „Patriarchat und Kapital“. „Ein anderer Bereich, in dem die feministische Bewegung mit den Traditionen der alten Frauenbewegung wie auch mit denen der orthodoxen Linken brach, war der Bereich der Frauenarbeit. Während die alte Bewegung und die orthodoxe Linke die kapitalistische Spaltung zwischen privater Hausarbeit oder - in marxistischer Terminologie - reproduktiver Arbeit und öffentlicher und produktiver Arbeit - oder Lohnarbeit, dem einzigen Bereich, in dem sie sowohl die Revolution wie auch die Frauenbefreiung erwarteten - akzeptiert hatten, stellten die Feministinnen nicht nur diese Spaltung der Arbeit in Frage. sondern auch die eigentlichen Definitionen von „Arbeit“ und „Nicht-Arbeit“. Diese Methode kritisierte ebenso die Aufteilung zwischen Politik und Ökonomie. die aus den anderen dualistischen Spaltungen folgt. Es war nur konsequent, dass Frauen. die das Persönliche und das „Private“ als politisch anzusehen begannen, auch jene Arbeit neu einzuschätzen und neu zu definieren begannen, die die meisten Frauen in dieser „privaten“ Sphäre verrichten, nämlich die Hausarbeit....
Die Probleme der Frauen können heute nicht erklärt werden. indem man sich nur auf die alten Formen patriarchalischer Herrschaft bezieht. Noch können sie mit der Position erklärt werden, dass das Patriarchat ein „vor-kapitalistisches“ System sozialer Verhältnisse ist, das zusammen mit dem „Feudalismus“ durch kapitalistische Verhältnisse verdrängt und zerstört wurde, weil die Frauenausbeutung und -unterdrückung nicht durch die Funktionsweise des Kapitalismus allein erklärt werden kann, zumindest nicht durch den Kapitalismus, wie er normalerweise verstanden wird. Meine These geht dahin, dass der Kapitalismus ohne Patriarchat nicht funktionieren kann, dass das Ziel dieses Systems. nämlich der unendliche Prozeß der Kapitalakkumulation, nicht erreicht werden kann. wenn nicht patriarchalische Mann-Frau-Beziehungen aufrechterhalten oder neu geschaffen werden. Wir könnten deshalb auch vom Neo-Patriarchat sprechen. Das Patriarchat bildet so den meist unsichtbaren Untergrund des sichtbaren kapitalistischen Systems. Da der Kapitalismus notwendigerweise patriarchalisch ist, wäre es irreführend, von zwei getrennten Systemen zu sprechen, wie es gewisse Feministinnen tun...
Darüber hinaus ist die Art. wie einige feministische Autorinnen versuchen. die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen in diesen zwei Systemen zu lokalisieren, lediglich ein Ebenbild dieser alten kapitalistischen, sozialen Arbeitsteilung: Frauenunterdrückung in der privaten Sphäre der Familie oder in der „Reproduktion“ wird dem Patriarchat zugeschrieben, indem dieses als Teil des Überbaus betrachtet wird und ihre Ausbeutung als Arbeiterinnen in Büro und Fabrik wird dem Kapitalismus zugeschrieben. Solch eine Zwei-System-Theorie ist in meinen Augen nicht fähig, das Paradigma. das im Verlauf der kapitalistischen Entwicklung mit ihren spezifischen geschichtlichen und geschlechtlichen Arbeitsteilungen entwickelt worden ist, zu transzendieren.“
Veronika Bennholdt-Thomsen, Maria Mies, „Eine Kuh fir Hillary. Die Subsistenzperspektive „. „Subsistenzproduktion - oder Lebensproduktion - umfaßt alle Arbeit, die bei der Herstellung und Erhaltung des unmittelbaren Lebens verausgabt wird und auch diesen Zweck hat. Damit steht der Begriff der Subsistenzproduktion im Gegensatz zur Waren- und Mehrwertproduktion. Bei der Subsistenzproduktion ist das Ziel „Leben“. Bei der Warenproduktion ist das Ziel Geld, das immer mehr Geld „produziert“, oder die Akkumulation von Kapital. Leben fällt gewissermaßen nur als Nebeneffekt an. Es ist typisch für das kapitalistische Industriesystem, dass alles, was es kostenlos ausbeuten will, zur Natur, zur Naturressource erklärt wird. Dazu gehört die Hausarbeit der Frauen genauso wie die Arbeit der Kleinbauern in der Dritten Welt, aber auch die Produktivität der gesamten Natur.“ (Mies 1983).
„Der Prozeß der Kapitalakkumulation - also die Verwandlung von Leben (lebendige Arbeit und Natur) in Waren, Geld und stets wachsendes Kapital - ist polarisierend und nicht umkehrbar. Das heißt: Aus Leben kann Geld und Kapital enstehen, aus Kapital und Geld kann aber kein neues Leben gemacht werden. Stets muß dem Geld und dem Kapital Leben hinzugefügt werden, um es „genießbar“ zu machen, um es zu verlebendigen. Das Geld, das aus sich neues Geld „gebiert“ (z.B. qua Zinsen). ist ein Mythos.
Das, was dem toten Geld/Kapital hinzugefügt werden muß, ist das, was wir Subsistenz nennen oder Lebensproduktion. Wollen wir tatsächlich eine Zukunft für uns und die Natur, deren Teil wir sind, dann muß die Lebensproduktion wieder ins Zentrum gerückt werden. Das heißt, die kolonisierten, marginalisierten Gruppen und Bereiche (Natur, Frauen, Kinder etc.) müssen im Zentrum wirtschaftlichen Handelns stehen, Gelderwerb muß wieder sekundär werden.“ >Frauen und Arbeit, >Frauenemanzipation, >Gender
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