Bildungsplanung
In der Wirtschaftssoziologie:
auf der Grundlage von Analysen und Prognosen des quantitativen und qualitativen Zusammenhangs zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem erfolgende, meist staatliche Begründung und Durchführung von bildungs- und beschäftigungspolitischen Massnahmen. Es kann sich um nachfrage- bzw. angebotsorientierte (einschliesslich Nachfrage nach Bildung und Angebot an ausgebildeten Arbeitskräften), bedarfs- bzw. nachfrageorientierte (Bedarf an bzw. Nachfrage nach ausgebildeten Arbeitskräften) oder um wachstumsorientierte Bildungsplanung handeln.
hat die Aufgabe, auf der Grundlage einer Analyse des Bildungssystems sowie einer Analyse der Zusammenhänge zwischen Bildungssystem und anderen Subsystemen der Gesellschaft a) bildungspolitische Entscheidungen sachlich vorzubereiten; b) bei gegebenen bildungspolitischen Zielen aufzuzeigen, wie das Bildungssystem effizient und rational auf diese Ziele hin entwickelt werden kann; c) eine kontinuierliche Kontrolle der Durchführung von Bildungsplänen zu gewährleisten; d) den Zielerfüllungsgrad durchgeführter Planungen festzustellen und Fehlerquellen zu ermitteln, um so die Rationalität und Effizienz künftiger Planungen zu steigern. Die Bildungsökonomik, hat bisher eine Reihe von Planungsmodellen entwickelt, die sich nach drei theoretischen Ansätzen unterscheiden lassen. a) Bildungsnachfrageorientierte Planungsmodelle (social demand approach): Im Rahmen dieser Modelle werden Analysen und Prognosen des Bedarfs an Ausbildungsplätzen, Lehrkräften und Ausrüstung sowie der damit verbundenen Kosten durchgeführt, die sich aus der voraussichtlichen Entwicklung der Nachfrage nach Ausbildungsplätzen, nach Ausbildungsniveau und Fachrichtungen gegliedert oder aus bildungspolitisch determinierten Zielwerten der Bildungsbeteiligung ergeben. b) Arbeitskräftenachfrageorientierte Planungsmodelle (manpower requirements approach): Im Rahmen dieser Modelle wird zunächst der Bedarf an Arbeitskräften nach einzelnen Berufsgruppen ermittelt, der sich unter Zugrundelegung des voraussichtlichen oder geplanten - Wachstums des Sozialprodukts sowie der voraussichtlichen Entwicklung der Arbeitsproduktivität ergibt. Aus der erforderlichen Qualifikationsstruktur der Arbeitskräfte wird dann der Bedarf an Ausbildungsplätzen nach Ausbildungsniveau und Fachrichtungen abgeleitet. Obwohl beide Ansätze schon wiederholt in der Bildungspolitik eingesetzt wurden (im Rahmen sog. Konsistenzmodelle auch in kombinierter Form, um auf diese Weise Aufschlüsse über mögliche Ungleichgewichte auf den Arbeitsmärkten zu erhalten), darf ihre Leistungsfähigkeit nicht überschätzt werden. Im Hinblick auf die Nachfrage nach Bildungsplätzen fällt v.a. das Fehlen einer empirsch fundierten Theorie der Bildungsnachfrage ins Gewicht, auf deren Basis erst zuverlässige Prognosen der Entwicklung der Bildungsbeteiligung erstellt werden könnten. Gegen den Manpower-Ansatz ist insbes. einzuwenden, dass dieser von der Annahme limitationaler Produktionsfunktionen ausgeht. Zudem bleibt unberücksichtigt, dass der technische Fortschritt selbst (und damit die Steigerung der Arbeitsproduktivität) eine über die Bildungsinvestitionen beeinflußbare Instrumentvariable der Wirtschaftspolitik ist. Gemeinsam ist beiden Ansätzen, dass sie reine Mengenplanungsmodelle sind, eine ökonomische Bewertung bildungspolitischer Maßnahmen also nicht vorgenommen wird. Eine solche Bewertung steht im Mittelpunkt des dritten Planungsansatzes, der freilich in der Praxis der Bildungsplanung bislang nicht zur Anwendung kam. c) Ertragsraten-Ansatz (rate-of-return approach): Hier wird der Versuch gemacht, auf der Grundlage von Berechnungen der sozialen Rendite von Bildungsinvestitionen und des Vergleichs dieser Renditen mit den Erträgen von Sachkapitalinvestitionen die optimale Höhe und Ausgabenstruktur des Bildungsbudgets zu bestimmen. Dieser Planungsansatz wirft neben den teilweise kaum lösbar erscheinenden Problemen der Kosten- und Ertragsermittlung auch große theoretische Schwierigkeiten auf: So ist sowohl wegen der unbestrittenen Konsumkomponente von Ausbildung wie auch bei Ausdehnung des Nutzenkalkills auf die Arbeitssphäre eine rein investitionstheoretische Bestimmung des Bildungsbudgets unter wohlfahrtstheoretischen Gesichtspunkten einseitig. In der neueren Bildungsökonomik und -politik haben die großen Systementwürfe der Bildungsplanung zugunsten eines piecemeal engineering, in das Einsichten aller drei Grundsätze einfließen, an Bedeutung verloren. Die Steuerung durch die Bildungsnachfrage ist zunehmend der dominante Einfluss für die Weiterentwicklung des Bildungswesens geworden.
<< vorhergehender Fachbegriff |
|
nächster Fachbegriff >> |
|
|
|
|