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Ministererlaubnis
Durch eine so genannte Ministererlaubnis kann eine Unternehmensübernahme trotz Ablehnung durch das Kartellamt doch noch erlaubt werden. Voraussetzung für eine Erlaubnis ist nach Paragraf 24 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB, "Kartellgesetz"), dass "die gesamtwirtschaftlichen Vorteile" die Wettbewerbsbeschränkungen aufwiegen oder der Zusammenschluss durch ein "überragendes Interesse der Allgemeinheit" gerechtfertigt ist. Die Möglichkeit, Entscheidungen des Kartellamtes per Ministererlass aus dem Weg zu räumen, gibt es im deutschen Recht seit 1973. Das Verfahren für eine Ministererlaubnis ist langwierig. Formal müssen die betroffenen Unternehmen nach einer endgültigen Ablehnung durch das Kartellamt einen Antrag im Bundeswirtschaftsministerium einreichen. Dann muss zunächst die Monopolkommission, ein Wissenschaftsgremium, eine Stellungnahme abgeben. Erst dann darf der Minister seine Entscheidung bekannt geben. Für das ganze Verfahren bleiben dem Ministerium bis zu vier Monate Zeit. Erlaubnisverfahren Jedes am Zusammenschlussvorhaben beteiligte Unternehmen kann nach einer Untersagung durch das Bundeskartellamt innerhalb eines Monats eine Ministererlaubnis beantragen. Dabei kann auch eine Erlaubnis unter Auflagen oder Bedingungen beantragt werden, um die Chancen für eine Ministererlaubnis zu verbessern. Das Verfahren beginnt mit Stellungnahmen des Ministers, des Unternehmen und der Monopolkommission. Die Monopolkommission erörtert in ihrer Stellungnahme (Sondergutachten), ob der Zusammenschluss gesamtwirtschaftliche Vorteile erwarten lässt, die die Wettbewerbsbeschränkung zumindest aufwiegen. Neben der Monopolkommission muss der Bundeswirtschaftsminister auch den obersten Landesbehörden, in deren Gebiet die beteiligten Unternehmen ihren Sitz haben, Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Bei der anschließenden öffentlichen Verhandlung, kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere der Staatssicherheit, oder die Gefährdung eines wichtigen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses die Folge sein könnte. Die Erlaubnis ergeht als Verwaltungsakt. Kommt der Bundeswirtschaftsminister zum Ergebnis, dass gesamtwirtschaftliche Vorteile die Nachteile der aus dem Zusammenschluss resultierenden Wettbewerbsbeschränkung überwiegen, muss die Erlaubnis erteilt werden. Ein Ermessen steht dem Minister dann nicht zu. Der Minister hat bei der Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile ein weiteren Beurteilungsspielraum und kann die Erlaubnis auch mit Bedingungen oder Auflagen verknüpfen und so ggf. auf die Art und Weise des Zusammenschlusses Einfluss nehmen. Die Entscheidung des Ministers ist mit der Beschwerde anfechtbar. Sie hat keine aufschiebende Wirkung. Bislang gab es in Deutschland nur sechs Fälle. Die letzte im Jahr 1989. Damals gelang es Daimler-Benz per Erlass von FDP-Wirtschaftsminister Helmut Haussmann, die Fusion mit dem Luft- und Raumfahrtkonzern Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) durchzuboxen. Dies war aber nur unter hohen Auflagen möglich. Vertreter der SPD drohten damals, gegen die Entscheidung vor Gericht zu ziehen. Interessenabwägung Bei der Ministererlaubnis muss abgewogen werden, ob entweder die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder es durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Auch die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen auf Märkten außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist zu berücksichtigen. Die marktwirtschaftliche Ordnung darf durch die Erlaubnis nicht gefährdet werden. Als gesamtwirtschaftliche Vorteile bzw. überragende Interessen der Allgemeinheit (sog. Gemeinwohlgründe) wurden in bisherigen Verfahren die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen sowie drohende Auslandsabhängigkeit eines Wirtschaftsbereichs, die Sicherung der Versorgung mit essenziellen Ressourcen, die Erhaltung von Arbeitsplätzen, Rationalisierungsvorteile oder der Erhalt von besonderem Know-how in die Abwägung einbezogen. Sinn und Zweck Der Bundeswirtschaftsminister ist im Erlaubnisverfahren an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, die das Bundeskartellamt im Hinblick auf die wettbewerblichen Auswirkungen getroffen hat, gebunden. Der scheinbar bestehende Widerspruch, dass der Minister einerseits an die Feststellungen gebunden, aber dennoch zum Erlass einer Erlaubnis befugt ist, lässt sich ohne weiteres auflösen. Während das Kartellamt ein Zusammenschlussvorhaben allein unter nationalen wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten prüft, soll eine Ministererlaubnis etwaigen wirtschaftspolitischen Besonderheiten eines Zusammenschlussvorhabens Rechnung tragen. Dies gilt insbesondere in Fällen vertikaler Zusammenschlüsse, die zwar zu Wettbewerbsbeschränkungen im Inland, gleichzeitig aber gerade wegen der stärkeren vertikalen Integration zu deutlich besseren Absatzmöglichkeiten für das (deutsche) Unternehmen im Ausland führen. Aus diesem Grunde wird das Bundeskartellamt in diesem Zusammenhang als Wettbewerbsinstanz, das Bundeswirtschaftsministerium als Gemeinwohlinstanz bezeichnet. Die Möglichkeit einer Ministererlaubnis soll dem Umstand Rechnung tragen, dass eine rein wettbewerbliche Beurteilung eines Zusammenschlussvorhabens zu Ergebnissen führen kann, die im Widerspruch zu den Interessen der Allgemeinheit stehen. Das Kartellrecht soll die Freiheit des Wettbewerbs sichern, weil dieser Wettbewerb in der Regel Produktivitätsfortschritte ermöglicht oder erzwingt, die dem Gemeinwohl zuträglich sind. Umgekehrt liegt dem Leitbild des Gesetzes die Annahme zugrunde, dass weniger wettbewerbsintensive Strukturen volkswirtschaftlich nicht effizient sind, was wiederum dem Gemeinwohl nicht dienlich ist. Eine Ministererlaubnis hingegen kommt dann in Betracht, wenn weniger Wettbewerb ausnahmsweise zu positiven Folgen für das Gemeinwohl führt. Ein derartiger Widerspruch zwischen Gemeinwohlinteressen und wettbewerblicher Würdigung hat sich jedoch als ausgesprochen selten erwiesen. Von der Möglichkeit, eine Ministererlaubnis zu beantragen, wurde in fast 30.000 Zusammenschlussvorhaben nur in insgesamt 16 Fällen Gebrauch gemacht, wobei in fünf Fällen der Antrag wieder zurückgenommen wurde. Anders als in einigen Mitgliedstaaten gibt es in der europäischen Fusionskontrolle keine vergleichbare Möglichkeit einer gemeinwohlorientierten "Überprüfung" der fusionskontrollrechtlichen Untersagung. Der Bundeswirtschaftsminister kann ausnahmsweise eine Wettbewerbsbeschränkung (etwa eine Fusion oder ein Kartell) erlauben, wenn er die Ansicht vertritt, dass diese Entscheidung für die Gesamtwirtschaft oder das Gemeinwohl erforderlich ist. Ein Unternehmen kann eine solche Sondererlaubnis beim Bundeswirtschaftsministerium beantragen, um das Verbot zu umgehen. Die Ministererlaubnis ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) rechtlich verankert. Eine Entscheidungshilfe bietet dem Minister in der Regel ein Gutachten der Monopolkommission.
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