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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Aufgabenanalyse

Methodisch gesehen setzt die Verteilung der Aktivitäten in einer Organi­sation wie einem Unternehmen die systemati­sche Durchdringung der Aufgaben voraus. In der deutschen Organisationslehre hat Erich Kosiol hierfür die wohl bekannteste Systematik ent­wickelt, die er als Aufgabenanalyse bezeichnet. Aufgabenanalyse
Aufgaben sind nach Kosiol “Zielsetzungen für zweckbezogene menschliche Handlungen”. Ein vorgegebenes oder selbstgesetztes Soll gilt es durch zweckbezogene Aktivitäten zu verwirkli­chen. Nach dieser Konzeption soll eine Gesamtaufga­be mit Hilfe von fünf Dimensionen gedanklich in Elementarteile, also Teilaufgaben, zerlegt wer­den: (1) nach den Verrichtungen (2) nach den Objekten (3) nach dem Rang, d.h. nach Entscheidungs­und Ausführungsaufgaben (4) nach der Phase, d.h. nach Planungs-, Reali­sierungs- und Kontrollaufgaben (5) nach der Zweckbeziehung, d.h. nach unmit­telbar oder mittelbar auf die Erfüllung der Haupt­aufgabe gerichteten Teilaufgaben. In Kosiols Gestaltungslehre werden dann in ei­nem zweiten Schritt, der Aufgabensynthese, aus Teilaufgaben (Elementarteilen) nach bestimmten leitenden Prinzipien organisatorische Einheiten gebildet. Die erste zu bildende Verteilungseinheit heißt - Stelle. Der Leitungsaufbau stellt eine hierarchische Verknüpfung der Stellen durch ihre rangmäßige Zuordnung her. Die Basis-Leitungseinheit heißt Instanz. Das ist eine Stelle mit Weisungsbefugnis. Die Zu­sammenfassung mehrerer Stellen unter der Leitung einer Instanz heißt             Abteilung. Darüber hinaus werden dann Abteilungen zu Hauptabtei­lungen usw. zusammengefaßt, bis das gesamte Strukturgefüge errichtet ist. Es läßt sich mit Hilfe eines Organigramms abbilden: Die Auffassung, dass Spezialisierung und - Koordination die Hauptprinzipien formaler Or­ganisation darstellen, herrschte bereits in der klassischen betriebswirtschaftlichen Organisationslehre und der frühen - Managementlehre vor. Kosiol sprach von Analyse und Synthese. Analyse- und Syntheseprobleme ergeben sich sowohl bei der Strukturierung von Systemen, d.h. der Aufbauorganisation, wie von Prozessen, d.h. der Ablauforganisation. Neuere Ansätze stellen konkretere Merkmale der Aufgaben in den Vordergrund. Häufig genannte Kriterien der Aufgaben- und Entscheidungsana­lyse sind hierbei: · Aufgabenvariabilität: Die Unterschiedlichkeit der Bedingungen der Aufgabenerfüllung. · Aufgabeninterdependenz: Wie stark ist die Aufgabenerfüllung von vor- und nachgelagerten Stellen abhängig? · Eindeutigkeit: Analysierbarkeit der Aufgaben und das Ausmass, in dem die Korrektheit einer Aufgabenerfüllung nachgeprüft werden kann. · Zahl möglicher Lösungswege und/oder Zahl der richtigen Lösungen. Die gestaltungsorientierte Aufgabenanalyse gerät sehr leicht in einen Zirkel, weil sich eine Aufgabe in der Regel nicht abstrakt, sondern nur im Rahmen eines schon bestehenden Leistungs­prozesses erfassen und analysieren läßt. Dieser setzt jedoch ein Mindestmass an Organisation schon voraus, d.h. die Aufgabe spiegelt zumin­dest teilweise schon das Ergebnis organisatori­scher Gestaltung wider. Eine völlige Trennung von Aufgabe und Organisation ist daher nicht möglich. Jüngere arbeitspsychologische Arbeiten zur Be­schreibung von Aufgaben sowie deren Wahrneh­mung durch den Ausführenden stellen nicht die objektive Aufgabe, sondern die subjektiv wahrge­nommene als handlungsrelevant in den Mittel­punkt. So betrachtet Hackman die Aufgabe nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Eignungsvoraussetzung (Definition der Aufgabe nach erfor­derlichen Eignungsmerkmalen) bzw. Verhaltens­beschreibung (Beschreibung des tatsächlichen Verhaltens bei der Bearbeitung einer Aufgabe), sondern geht von der Aufgabe als einer Verhal­tensanforderung aus. Unter Verwendung des S-O-R-Paradigmas kommt er zu folgender Aufgabendefinition: “Eine Aufgabe kann einer Person (oder einer Gruppe) durch einen Außen­stehenden übertragen werden oder sich selbst gestellt sein. Eine Aufgabe besteht aus einem Reiz-Komplex und einer Reihe von Anweisun­gen, die spezifizieren, was gegenüber den Rei­zen zu tun ist. Die Instruktionen geben an, wel­che Operationen durch den (oder die) Handeln­den im Hinblick auf die Reize durchgeführt wer­den müssen und/oder welche Ziele zu erreichen sind”. Reizmaterial bezeichnet dabei das materielle oder soziale Objekt, mit dem eine oder mehrere Personen konfrontiert werden (Maschine, Pro­blem, Konflikt usw.). Dimensionen dieses Reiz­materials sind beispielsweise der Bekanntheits­grad des Aufgabenobjekts, die Art/Klarheit/Deut­lichkeit/Intensität der Reize und die Komplexität, zeitliche Dauer und Überraschungseffekt der Reize. Die Aufforderung “Denke” oder die Kon­frontation mit einer Maschine ist noch keine Auf­gabe im definitorischen, d.h. hier verhaltensrele­vantem Sinn, da nicht gesagt wird, worüber nachgedacht bzw. was mit der Maschine getan (bedient, zerlegt, gesäubert etc.) werden soll. Erst diese Anweisungen präzisieren den Aufga­beninhalt. Dimensionen dieser Handlungsanwei­sungen sind beispielsweise Regeln der Bearbei­tung, Kooperationshinweise, Entscheidungsfin­dungs- oder kreative Aufgabe und Arten der In­formationsverarbeitung. Darüber hinaus müssen die Aufgabenziele erfaßt werden. Dimensionen sind hier beispielsweise die Zielart der Aufgabe, die Anzahl der Lösungs­möglichkeiten, Zielklarbeit, Leistungsvorgaben. Jede Aufgabenstellung löst ein bestimmtes Ver­halten bei den Aufgabenträgern aus; es gilt dann zu untersuchen, ob die Aufgabeneigenschaften und/oder die Persönlichkeits- bzw. Gruppenfak­toren dafür ursächlich sind. Man nimmt an, dass die objektiv gestellte Aufgabe in irgendeiner Wei­se vom Individuum oder der Gruppe entspre­chend den Werten, Einstellungen, Bedürfnissen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Gruppennormen, etc. umformuliert bzw. neu definiert wird. Für Hackman ist dieser Redefinitionsprozess der erste Schritt des Bearbeitungsprozesses einer Aufgabe. Die wahrgenommene Aufgabe als ein Element der Arbeitssituation unterscheidet sich also von der objektiven Aufgabenstellung, sofern nicht durch Androhung erheblicher Sanktionen, durch eine extrem detaillierte Arbeitsanweisung oder technologisch bedingte Zwänge den Indivi­duen keine Wahrnehmungsspielräume ermög­licht werden. Der Wahrnehmungsprozess wird nach Hackman von vier Faktoren beeinflußt: · dem Verständnis der Aufgabe durch den Bear­beiter, · dem Ausmass der Akzeptierung der Aufgabe und der Bereitschaft, sich ihren Anforderungen zu stellen, · den Bedürfnissen und Werten, die von dem Bearbeiter in die Arbeitssituation eingebracht werden, und · der Bedeutung früherer Erfahrungen mit ähnli­chen Aufgaben. Ohne die Antinomien der Aufgabenanalyse auf­zulösen, orientiert sich die Organisationspraxis in ihren Hauptgestaltungsmustern pragmatisch an den Grundthemen der klassischen Aufgabenana­lyse, insbesondere den Verrichtungen und Ob­jekten, und zieht zur Feingliederung konkretere Aufgabenmerkmale, wie z.B. Variabilität und Ein­deutigkeit, heran.



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