portefeuilletheoretischer Transmissionsmechanismus
Geldtheoretiker in der keynesschen Tradition haben - gegenüber dem vermögenstheoretischen Transmissionsmechanismusansatz - einen portefeuilletheoretisch fundierten Transmissionsmechanismus entwickelt, in dem - wie in dem vermögenstheoretischen - unterstellt wird, dass die Wirtschaftssubjekte ein optimales Portefeuille aus Finanz- und Realaktiva anstreben, allerdings - anders als im vermögenstheoretischen Ansatz - unter Einbeziehung von Rendite und Risiko in der Alternativenbewertung. Das Vermögen des privaten Sektors der Wirtschaft besteht im Wesentlichen aus 3 Vermögenskategorien: 1. Sichtforderungen gegen Staat und Zentralbank, bestehend aus Banknoten, Münzen und Einlagen bei der Zentralbank; 2. befristete Forderungen gegen den Staat, bestehend aus den verschiedenen vom Staat emittierten Wertpapieren sowie Buchforderungen; 3. Realaktiva. Die Ertragsströme aus den Vermögenspositionen sind unsicher. Bewertungskriterien für zukünftige Einkommensströme aus Vermögen in der Alternativenwahl zur optimalen Strukturierung des Vermögensportefeuilles sind die Ertragshöhe (Höhenpräferenz), die Ertragssicherheit (Risikopräferenz) und der zeitliche Anfall (Zeitpräferenz). Die Wirtschaftssubjekte konzipieren unter Rendite-Risiko-Aspekten effiziente Portefeuilles mit der Eigenschaft, dass bei gegebenem Risiko der Ertrag maximiert und bei gegebenem Ertrag das Risiko des Portefeuilles minimiert wird, und sie realisieren optimale Portefeuilles entsprechend ihrer Risikopräferenzstruktur. Zentraler strategischer Bereich der Geldpolitik im Konzept der Portefeuilletheorie ist das investive Verhalten der Unternehmen. Für ihre Investitionsentscheidungen wird als Entscheidungskalkül ein Vergleich zwischen den erwarteten Renditen von Neuinvestitionen und der von den Investoren postulierten Mindestrendite angenommen, in investitionstheoretischer Diktion ein Vergleich des erwarteten internen Zinsfusses der Neuinvestitionen mit dem vom Investor vorgegebenen Kalkulationszinsfuss. Der zentrale Hebel im Transmissionsmechanismus ist so das Verhältnis von erwarteter Rendite der Neuinvestition und Kalkulationszinsfuss der Investoren oder die Grösse, die die Relation von Marktwert und Neuproduktionswert des gegebenen Sachkapitals bez. Die interne Rendite der Neuinvestitionen wird vornehmlich durch nicht im Einflussbereich der Geldpolitik liegende Faktoren beeinflusst, wie z. B. Prognose der Güternachfrage, Innovationen (bei Gütern, Leistungen und Produktionsverfahren), Lohnentwicklung, Entdeckung neuer Ressourcen oder Rohstoffpreise. Eine Beeinflussung des Investitionsverhaltens kann dann vor allem durch Änderung der von den Investoren geforderten Mindestrendite erfolgen oder, anders formuliert, durch Änderung des Marktwertes des gegebenen Sachkapitals. Der Kalkulationszinsfuss im portefeuilletheoretischen Ansatz ist zunächst abhängig vom Marktzins an den Finanzmärkten. Er kann demnach durch geldpolitisch induzierte Zinseffekte an den Finanzmärkten beeinflusst werden. Erhöht die Zentralbank die Zentralbankgeldmenge in der Wirtschaft und führt der Staat gleichzeitig seine längerfristige Verschuldung entspr. zurück, bleibt der Bestand an Finanzaktiva im privaten Sektor konstant; geändert hat sich jedoch die Struktur des Finanzvermögens. Die nun ungleichgewichtige Kassaposition wird zu Umschichtungsprozessen bei den privaten Wirtschaftssubjekten führen: Sie werden verzinsliche Aktiva verstärkt nachfragen, deren Kurse werden steigen, ihre Rendite sinken. Die so hervorgerufenen Marktzinsänderungen senken auch die Zinskomponente des Kalkulationszinsfusses mit Konsequenzen, die dem Transmissionsmechanismus in der keynesianischen Analyse entspr. Deutlich wird auch, dass neben der Geldpolitik der Zentralbank auch Fiskalimpulse des Staates zur Beeinflussung des Wirtschaftsablaufs führen.
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