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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Makro-Marketing

Das klassische Konzept des Marketing zeichnet sich durch seine marktteilnehmerzentrierte Perspektive aus, bei der die Beziehungen zu anderen gesellschaftlichen Anspruchgruppen und die gesamtwirtschaftlichen Konsequenzen des Marketing vernachlässigt werden. Hier setzt das Konzept des Makro-Marketing an, dessen Ziel es ist, gegenüber der Gesellschaft und einzelnen Nicht-Marktteilnehmern bzw. Anspruchsgruppen ein harmonisches Verhältnis zu schaffen und zu erhalten. Hierdurch soll langfristig die Legitimität des Unternehmens im gesellschaftlichen Umfeld gesichert werden. Das Makro-Marketing stellt somit ein Deepening des klassischen Marketingansatzes dar, in dem die ökonomischen Entscheidungskriterien durch gesellschaftliche, ökologische und humanistische Kriterien ergänzt werden. Erstmals wurde der Begriff von Fisk im Jahre 1962 in einem amerikanischen Fachbeitrag erwähnt. Er stellte dem klassischen Marketing als sog. Mikromarketing das Makro-Marketing gegenüber. Hieraus wurde das „Mikro-Makro-Dilemma“ im Marketing abgeleitet, d. h. die optimale Marktbearbeitung aus der Sicht des Marketing einer Unternehmung führt unter einer langfristigen und gesamtwirtschaftlichen Betrachtung möglicherweise zur Fehlallokation von Ressourcen und zu gesellschaftlich unerwünschten Effekten. Insbesondere in den siebziger Jahren hat der Consumerismus auf die gesellschaftlichen Negativfolgen des kommerziellen Marketing und der damit einhergehenden Entwicklung einer verschwenderischen Konsum- und Wegwerfgesellschaft hingewiesen. In den achtziger Jahren haben das zunehmende Umwelt-bewußstein und die ökologischen Probleme in Form von Klimaproblemen, Luft- und Wasserverschmutzung, Müllnotstand und Ressourcenverknappung die ökologische Verantwortung von Unternehmen und Marketing in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gestellt. Einerseits hat das Makro-Marketing durch die zunehmenden Konflikte zwischen dem kommerziell ausgerichteten Marketing und den sich wandelnden gesellschaftlichen Ansprüchen an Bedeutung gewonnen. Andererseits hat es insbesondere in den USA durch ein seit 1981 regelmäßig publiziertes „Journal of Macromarketing“ sowie jährliche Konferenzen zum Thema „Macro-Marketing“ eine weite Verbreitung gefunden. In der Literatur wird der Begriff des Makro-Marketing vielfach mit den Begriffen Social-Marketing, gesellschaftsorientiertes Marketing oder Human Concept of Marketing gleichgesetzt. Aus einer institutionellen Sicht kann das Makro-Marketing sowohl als Ergänzung des kommerziellen Marketing von Unternehmen, aber auch als Konzept für nicht-kommerzielle Institutionen verstanden werden. Letztere versuchen z. B., als Verbraucherverbände, politische Institutionen oder Bürgerinitiativen, den Fehlentwicklungen des Marketing entgegenzuwirken. Ausgangspunkt des Makro-Marketing bildet die Analyse des Beziehungsgefüges eines Unternehmens zu seinem Umfeld und einzelnen Anspruchsgruppen. Zur Strukturierung und Analyse des Beziehungsgefüges werden in der Literatur unterschiedliche „Umweltmodelle“ vorgestellt. Neben einer Abgrenzung der klassischen Marktteilnehmer erfolgt eine weitere Unterteilung der Umwelt nach funktionalen und institutionellen Aspekten. Hierbei wird eine Differenzierung der Unternehmensumwelt in eine unternehmensspezifische Interaktionsumwelt bzw. Aufga-benumwelt und eine globale Umwelt vorgenommen. Die globale Umwelt wird in die Sphären der ökologischen, politischrechtlichen, gesellschaftlichen, ökonomischen und technischen Umweltbedingungen differenziert. Am Beispiel der ökologischen Probleme wird deutlich, dass das klassische Marketing über die Beeinflussung von Markttransaktionen direkt und indirekt auf die einzelnen Sphären der globalen Umwelt einen Einfluß ausübt. Bedrohliche Veränderungen in den einzelnen Umweltsphären werden als soziales oder gesellschaftliches Problem von Anspruchsgruppen gegenüber den Unternehmen artikuliert. Zu diesen Anspruchsgruppen zählen staatliche Institutionen ebenso wie Verbraucher- und Naturschutzverbände sowie Bürgerinitiativen. Somit ist die Abgrenzung der Unternehmensumwelt nach funktionalen Kriterien durch eine institutionenbezogene Betrachtung zu ergänzen, in der neben den Marktteilnehmern gesellschaftliche und politisch-rechtliche Anspruchsgruppen Berücksichtigung finden. Gegenstand der Situationsanalyse ist es, die Wirkungen des kommerziellen Marketing auf die einzelnen Umweltebenen zu erfassen und Anspruchsgruppen zu identifizieren, die als Institutionen der „Kritik und des Widerspruchs“ Ansprüche gegenüber Unternehmen formulieren. Aufbauend auf einer Situationsanalyse sind im Rahmen eines Makro-Marketingkonzeptes unterschiedliche Verhaltensoptionen zu präzisieren, um ein harmonisches Verhältnis zwischen Unternehmen und Gesellschaft zu gestalten. Eine wichtige Voraussetzung hierfür wird in der Formulierung eines sowohl von der Gesellschaft als auch für die Unternehmung richtungsweisenden Leitbildes bzw. einer „Shared Vision“ gesehen. Fortschrittsfähige Unternehmen nehmen in ihren Unternehmensleitbildern bereits darauf Bezug, den Unternehmenszweck nicht nur in der Erzielung ökonomischer Erfolge zu sehen, sondern z. B. ein hohes Maß an Lebensqualität und Umweltverträglichkeit durch die Unternehmenstätigkeit sicherzustellen. Generelle Bemühungen, sowohl für die Gesellschaft als auch für die Unternehmen, ein Leitbild eines „Sustainable Development“ zu propagieren, kennzeichnen ein aktuelles Beispiel einer sog. „Shared Vision“. Im Rahmen des Makro-Marketing gilt es, den geplanten Wertewandel in der Gesellschaft und in der Unternehmung mit zu initiieren und durchzusetzen. Als strategische Optionen im Makro-Marketing können grundsätzlich Anpassungs-, Ignoranz- oder Widerstands Strategien unterschieden werden. Vielfach wird die Schaffung eines harmonischen Verhältnisses zwischen Unternehmung und Gesellschaft nur durch die Verfolgung von Anpassungsstrategien an die gesellschaftlichen Ansprüche möglich sein. Anpassungsstrategien können je nach Problemursache gesellschafts- und umweltorientierte Innovationen im Angebotsbereich bis hin zu Modifikationen einzelner Wertschöpfungs- und Marketingaktivitäten begründen. Allerdings wird auch betont, dass Widerstandsstrategien dann ihre Berechtigung finden können, wenn bestehende Konflikte sowie Konsequenzen einseitig ausgerichteter Ansprüche nicht hinreichend reflektiert wurden. Die Notwendigkeit von kooperativen Vorgehensweisen zwischen Unternehmen oder Unternehmen und gesellschaftlichen Institutionen wird im Makro-Marketing besonders hervorgehoben, um eine Einbindung des Unternehmens in soziale, politische und gesellschaftliche Netzwerke sicherzustellen. Weiterhin wird eine verstärkte Bereitschaft der Unternehmen zum Dialog gefordert, um gerade in konfliktären Situationen einen Konsens in der Gesellschaft herbeizuführen. Häufig zeigen sich gerade im Umgang mit kritischen Anspruchsgruppen besondere Defizite, weil das klassische Marketing vielfach auf positiv gestimmte Teilöffentlichkeiten ausgerichtet wurde, so dass die proaktive Auseinandersetzung mit den kritischen Gruppen vernachlässigt wurde. Insgesamt schärft das Konzept des Makro-Marketing den Blick für die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen des kommerziellen Marketing. Je nach dem, inwieweit das klassische Marketing in den Unternehmen bereits auf eine gesellschaftlich verantwortliche Perspektive ausgerichtet wurde, kann das Makro-Marketing als Korrektiv wirken und Ansatzpunkte zur Sicherung der Unternehmenslegitimität im gesellschaftlichen Umfeld aufzeigen.



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