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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Liquiditätsanalyse des Eurosystems

Grundlagen sind die Tagesausweise von NZB und EZB jeweils vom Vortag. Die Bundesbank übermittelt ihren Tagesausweis an jedem TARGET-Geschäftstag morgens elektronisch an die EZB. Dabei wie auch bei anderen täglichen elektronischen Datentransfers kommt nach Darstellung der Bundesbank ein spez. für das Eurosystem entwickeltes Informationssystem zum Einsatz, das hohe Anforderungen an Zuverlässigkeit und Sicherheit der Datenübermittlung erfüllt. Die EZB erstellt aus ihr gelieferten Tagesausweisen und ihrem eigenen den bis zum Nachmittag des gleichen Tages zunächst vorläufigen, konsolidierten Tagesausweis des Eurosystems vom Vortag. Aus diesem Tagesausweis und insb. den Veränderungen zum vorangegangenen Tag lässt sich lt. Bundesbank schon eine Reihe Informationen zur aktuellen Liquiditätslage gewinnen, vor allem Stand der Zentralbankguthaben der Banken und Inanspruchnahmen der Spitzenrefinanzierungs- bzw. Einlagenfazili-tät. Diese Informationen werden von der EZB täglich bis 9.15 Uhr über Informationsdienste auch der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Normalerw. am Dienstag wird der gesamte konsolidierte Ausweis des vorangegangenen Freitags in vereinfachter Form von der EZB in einer Pressemitteilung veröffentlicht und kann auf ihrer Web-Homepage abgerufen werden. Alleinige Betrachtung des Tagesausweises reicht lt. Bundesbank zur fundierten Liquidirätsanalyse allerdings nicht aus. Zusätzl. ist Prognose des Liquiditätsbedarfs des Bankensystems erforderlich, der sich aus Mindestreservesoll und autonomen Liquiditätsfaktoren ergibt. Die Bundesbank prognostiziert an jedem TARGET-Geschäftstag den deutschen Anteil der autonomen Faktoren für den jeweiligen Tag und die folgenden der laufenden Mindestreserveperiode, mind. für 10 Wochentage im Voraus. Diese Daten übermittelt sie zusammen mit dem Mindestreservesoll, das sich i. d. R. nur beim Wechsel auf eine neue Reserveperiode ändert, elektronisch an die EZB. Die EZB konsolidiert die Bundesbankprognose mit den Prognosen der anderen NZB und ihrer eigenen der auf die EZB entfallenden autonomen Faktoren zur Vorausschau für das Eurosystem. Auf Grund des hohen deutschen Anteils am Liquiditätsbedarf des Bankensystems des Eurowährungsgebiets kommt lt. Bundesbank der Prognose des deutschen Anteils an den autonomen Faktoren besondere Relevanz zu. Die Vorausschätzung der autonomen Faktoren wird lt. Bundesbank stets bei Ankündigung eines HRG als Durchschnitt der für die Laufzeit des Geschäfts relevanten Tage bekannt gegeben; zudem wird diese Vorausschätzung am Zuteilungstag nochmals in aktualisierter Form veröffentlicht, um dem Markt bessere Einschätzung des Zuteilungsvolumens zu ermöglichen. Neben den autonomen Faktoren haben die Überschussreserven der Kreditinstitute Bedeutung bei der Liquiditätsanalyse. Meist weichen die Zentralbankguthaben der Banken von ihren Mindestreserveguthaben ab. Zur Beurteilung, ob im Markt ausreichend Liquidität vorhanden ist, muss auch der Stand aktueller und prognostizierter Mindestreserveguthaben berücksichtigt werden. Die Bundesbank erfasst daher den Zentralbankguthabenteil, der nicht zur Erfüllung der Mindestreserve zählt, gesondert und übermittelt die entspr. Tagesdaten mind. 3-mal in jeder Mindestreserveperiode an die EZB. Auf Basis dieser Daten und der der anderen NZB erstellt die EZB eine Prognose des Liquiditätsbedarfs der Kreditinstitute aus Überschussreserven. Hierbei sind die Daten zum Ende der Reserveperiode besonders wesentlich, da sich der weit überwiegende Teil der Überschussreserven erst an den letzten Tagen vor Reserveultimo aufbaut. Aus Mindestreservesoll, Prognose der autonomen Faktoren und Überschussreserven ergibt sich die voraussichtl. Entwicklung des Bedarfs an Zentralbankliquidität am Geldmarkt des Eurogebiets im Prognosezeitraum. Aus diesem geschätzten Bedarf lässt sich - unter Berücksichtigung der bislang geleisteten Reserveerfüllung und bereits erfolgten Mittelbereitstellung - auch die Benchmark-Zuteilung eines Hauptrefinanzierungsgeschäfts berechnen, die es den Geschäftspartnern voraussichtl. möglich macht, ihre Min-destreservepflicht in dem Zeitraum bis zur Abwicklung des folgenden HRG problemlos zu erfüllen. Neben den quantitativen sind auch qualitative Informationen zur Beurteilung der Liquiditätssituation bedeutsam. Hier hält die Bundesbank täglichen Kontakt zu wichtigen deutschen Geldhandelsadressen und bereitet die gewonnenen Informationen für die EZB auf. Auf Basis dieser und zahlreicher weiterer Daten und Informationen über die Liquiditätslage trifft die EZB ihre Entscheidungen zur Bereitstellung oder Abschöpfung von Zentralbankliquidität.



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