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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Fernabsatzgesetz

Die Regeln des am 27. Juni 2000 beschlossenen Fernabsatzgesetzes wurden zum 1. Januar 2002 in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt, sind dort aber nahezu unverändert erhalten geblieben. Diese neuen Regeln sind maßgeblich für die Geschäftsbeziehungen bei Kaufverträgen, die mit Hilfe von Fernkommunikationseinrichtungen zu Stande gekommen sind.

Vor allem für den Online-Shopper ist es wichtig, die entsprechenden Regeln zu kennen. Die Paragrafen 312b bis 312c des Bürgerlichen Gesetzbuches enthalten die Vorschriften des ehemaligen Fernabsatzgesetzes, § 312d legt die Widerrufs- und Rückgaberechte bei Fernabsatzgeschäften fest, § 312e setzt die EU-Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtline) um.

Gültigkeitsbereich (§312b)

Die Regelungen gelten für alle Geschäfte zwischen Unternehmen und Endverbrauchern, bei denen zur Vertragsanbahnung und -abschluss ausschließlich so genannte Fernkommunikationsmittel zum Einsatz kommen. Das sind nicht nur Online-Shops, sondern auch die Bestellung per Katalog und Telefon, Brief, Fax oder anderem Medium. Entscheidend ist, dass dieses Mittel die gleichzeitige körperliche Anwesenheit der beiden Vertragsparteien überflüssig macht.

Ausgenommen von der Regelung sind Verträge zu

  • Fernunterricht,
  • der Teilnutzung von Wohngebäuden,
  • Finanzgeschäfte,
  • Immobiliengeschäfte,
  • Verträge zur Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder Haushaltsgegenständen zum täglichen Bedarf, die zum Verbraucher im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden (also etwa ein Getränkehändler auf einer regelmäßigen Auslieferungstour in einem bestimmten Gebiet),
  • touristische Angebote.

Ebenfalls ausgenommen sind Verträge, die zwar per Fernkommunikation zustande kommen, dies aber nicht innerhalb eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungsbetriebs erfolgt. So fällt die ausnahmsweise telefonische Bestellung bei einem stationären Einzelhändler nicht unter die Vorschriften.

Informationspflichten vor Vertragsabschluss

Der Anbieter hat dem Kunden vor Abschluss eines Vertrags "klar und verständlich" eine Reihe von Informationen zur Kenntnis zu bringen. Um welche Informationen es sich handelt, wird in der "Verordnung über Informationspflichten nach dem bürgerlichen Recht (BGB-Informationspflichten-Verordnung BGB-InfoV) festgelegt. Die wichtigsten sind:

  • Die "ladungsfähige" Anschrift des Unternehmers, bei Personenvereinigungen und -gruppen auch Namen und Anschrift der Vertretungsberechtigten,
  • wesentliche Eigenschaften der Ware oder Dienstleistungen, bei auf Dauer angelegten Verträgen die Mindestlaufzeit des Vertrages,
  • die Möglichkeit der Erbringung einer in Qualität und Preis gleichwertigen Leistung (Ware oder Dienstleistung), soweit sich der Unternehmer dieses Recht für den Fall der Nichtverfügbarkeit der versprochenen Leistung vertraglich vorbehält,
  • einen vertraglichen Vorbehalt des Unternehmers, die versprochene Leistung im Falle ihrer Nichtverfügbarkeit nicht zu erbringen,
  • den Preis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller Steuern und sonstigen Preisbestandteile,
  • gegebenenfalls zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten,
  • Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferung oder Erfüllung,
  • das Bestehen eines Widerrufsrechts,
  • Kosten, die dem Verbraucher durch die Nutzung des Fernkommunikationsmittels entstehen und die über die üblichen Grundtarife, mit denen der Verbraucher rechnen muss, hinausgehen (etwa, wenn eine Service-Telefonnummer wie 01805 mit höheren Kosten als bei einem regulären Ferngespräch verwendet wird.),
  • sowie die Gültigkeitsdauer des Angebots, insbesondere des Preises.

Informationspflichten bei Vertragsabschluss

"Alsbald" nach Vertragsabschluss, bei Waren aber spätestens mit deren Zusendung, hat der Kunde die oben genannten Informationen in Textform zur Verfügung zu stellen - also im Zweifelsfall in Schriftform auf einem beiliegenden Blatt. "Klar und deutlich" bedeutet auch hier: lesbar. Das Kleingedruckte darf nicht zu klein gedruckt sein.

Zusätzlich zu diesen Informationen hat der dauerhafte Datenträger auch zu unterrichten über:

  • Informationen über die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufsrechts sowie über den Ausschluss des Widerrufsrechts in besonderen Fällen,
  • die Anschrift der Niederlassung des Unternehmers, bei der der Verbraucher Beanstandungen vorbringen kann,
  • Informationen über Kundendienst und geltende Gewährleistungs- und Garantiebedingungen,
  • die Kündigungsbedingungen bei Verträgen, die für eine längere Zeit als ein Jahr oder für unbestimmte Zeit geschlossen werden.

Widerrufsrecht des Verbrauchers

Ohne jede Begründung kann der Verbraucher eine gelieferte Ware binnen 14 Tagen zurücksenden und erhält den Kaufpreis voll erstattet. Die Frist beginnt mit der Erfüllung der Informationspflichten bei Vertragsabschluss, frühestens mit dem Erhalt der Ware. Kommt der Anbieter seinen Informationspflichten nicht nach, verlängert sich die Frist für das Widerrufsrecht auf vier Monate.

Die Versandkosten für die Rücksendung können dem Verbraucher bei einem Warenwert unter 40 Euro auferlegt werden, ansonsten hat diese Kosten der Verkäufer zu tragen. Voraussetzung für das Rücksenderecht ist, dass die Ware unbenutzt und unbeschädigt ist. Der Verkäufer tut gut daran, sein Verfahren zur Rücksendung von Waren und die dazugehörenden Bedingungen sorgfältig und verständlich zu formulieren. CD-Versender etwa sollten darauf hinweisen, dass etwa das Brechen eines Siegels bei CDs eine Rücksendung ausschließt etc. Ausgenommen von der Rückgabemöglichkeit sind außerdem Zeitungen und Zeitschriften, Wett- und Lotteriedienstleistungen sowie speziell für den Nutzer angefertigte individuelle Ware. Auch Waren, die bei einer Versteigerung erworben wurden, können nicht zurückgegeben werden.

Über diese Regelungen hinaus gibt es die "Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr" nach der E-Commerce-Richtline.

Das BGB im Internet: bundesrecht.juris.de/bundesrecht/index.html

Gilt das Fernabsatzrecht auch bei Versteigerungen?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 03. November 2004 entschieden: Der Verbraucher hat auch bei eBay oder anderen Auktionshäusern ein Widerrufsrecht, wenn er bei einem Händler bestellt.

Bei Kaufverträgen zwischen einem gewerblichen Anbieter und einem Verbraucher, die im Rahmen einer sog. Internet-Auktion durch Angebot und Annahme gemäß §§ 145 ff. BGB und nicht durch einen Zuschlag nach § 156 BGB zustande kommen, ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen.

Das Fernabsatzgesetz gilt hingegen nicht bei Verträgen zwischen zwei Verbrauchern. Es muss auf der Verkäuferseite ein Unternehmer beteiligt sein. Außerdem gilt:

  • Widerrufsrechte gelten nicht für (echte) Auktionen nach dem BGB, insbesondere weil das spätere Widerrufsrecht im Widerspruch zur Endgültigkeit eines Zuschlages führt. Onlineauktionen entsprechen aber häufig nicht den Anforderungen des § 156 BGB.
  • § 156 regelt den Vertragsschluss bei Versteigerungen.
  • Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zustande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags geschlossen wird.
  • Hier müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen herangezogen werden, die im Rahmen der Versteigerung gelten sollen. Die meisten bekannten Online-Auktionshäuser sehen einen Zuschlag durch das Auktionshaus nicht vor. Vielmehr kommt automatisch ein "Zuschlag" für das Höchstgebot zustande. Der Zuschlag muss in jedem Fall endgültig sein. Sehen Bedingungen ein Stornierungsrecht des Versteigerers oder des Auktionshauses vor, so gilt ebenfalls das Widerrufsrecht.
  • Die gesetzliche Ausnahme bei echten Versteigerungen ergibt sich daraus, dass sie gerade die Endgültigkeit des Zuschlags kennzeichnet. Ein Widerrufsrecht wäre damit schlecht zu vereinbaren.

Kurz: Man muss im Einzelfall entscheiden, ob ein Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzgesetz gilt oder nicht. Im Zweifel ist von einem Widerrufsrecht auszugehen, zumal Umgehungen nach dem Fernabsatzgesetz unzulässig sind. Damit muss der Händler ein Widerrufsrecht einräumen und die Informationen nach der Informationspflichtverordnung zugänglich machen. Das gilt natürlich auch für gebrauchte Waren.



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