Ecotainment
Der Begriff des Ecotainments wurde von Lichtl geprägt und beschreibt eine Marketingstrategie, die auf einem emotionalen Kommunikationskonzept zur effektiven Verbreitung ökologierelevanter Inhalte und Produkte basiert. Lichtl beschreibt das Ecotainment: „(...) als neue Art der Produktwerbung, die Konsumenten über die rein emotionale Inszenierung attraktiver Lebensstile zu einem umweltgerechten Verhalten anregt. Ausgangspunkt der Überlegungen sind die durch Emotionalisierung und Visualisierung geprägte moderne Erlebnis- und Mediengesellschaft“.
Das Konzept des Ecotainments wurde entwickelt, da das konventionelle Umweltmarketing ab Mitte der 90er Jahre kaum mehr neue Konsumentengruppen angesprochen hatte. Lichtl\'s Analyse war, daß dieses konventionelle Umweltmarketing durch ein Überangebot negativer ökologischer Informationsinhalte eine erhebliche Sättigungswirkung bei den Konsumenten verursacht hat. Ebenso war die Glaubwürdigkeit der Werbenden mangelhaft ausgeprägt.
1. Das Konzept des Ecotainments
Der gesellschaftliche Anspruch des Ecotainments besitzt zwei Zielrichtungen. Zum einen wird der Anspruch erhoben, die sozialökologische Verantwortung der Marketing-Akteure zu erhöhen, wenn sie durch ihre Markenstrategien Lebensstile und Konsumverhalten der Konsumenten verändern. Zum anderen soll durch die neue Marketingund Kommunikationsform des Ecotainments besonders diejenigen gesellschaftlichen Kreise angesprochen werden, die nicht oder nur unzureichend mit dem konventionellen Umweltmarketing ansprechbar sind. Um diese große gesellschaftliche Gruppe anzusprechen, sind effiziente Kommunikationskonzepte notwendig.
Diese Konzepte basieren auf der Einsicht, daß breite gesellschaftliche Schichten nicht durch sachliche oder gar wissenschaftliche Argumentationsstrategien ansprechbar sind. Lichtl plädiert für eine:
„(...) radikale Emotionalisierung bei der massenmedialen Vermittlung ökologischer Botschaften. Die sich verschärfende ökologische Krise soll in der Umweltwerbung mit den „großen“ Gefühlen aufgearbeitet werden: Faszination der Konsumenten durch Sinnlichkeit, Leidenschaft, Genuß und Musikalität in der medialen Inszenierung von Umweltthemen als Vehikel für eine nachhaltige Beeinflussung von umweltrelevanten Einstellungen und Verhalten im täglichen Leben“.
Neben der Verhaltensänderung der Marktakteure zielt das Ecotainment auf die klassische Absatzförderung von Produkten ab. Ziel ist es, dem Interessierten ein Marketing-Instrument an die Hand zu geben, das durch ein sozial- und umweltverantwortliches respektive nachhaltiges Produkt- bzw. Markenmarketing Wettbewerbsvorteile bietet.
Im Gegensatz zum konventionellen Umweltmarketing versucht das Ecotainment nicht den betrieblichen Umweltschutz (Herstellung der Produkte) in den Vordergrund zu stellen, sondern die Nutzungsphase der Produkte bei den Konsumenten. Zielfokus sind z. B. eben nicht mehr ausschließlich die 3 Millionen deutschen Unternehmen, sondern ebenso die 30 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland.
Ansatzpunkt des Ecotainments ist das enorme finanzielle und geistige Potential der Produktwerbung. Allein in Deutschland wurden 1997 über 56.000 Millionen DM für die Produktwerbung ausgegeben. Auf dieses Potential, das mehrheitlich in die Markenwerbung investiert wird, setzt das Ecotainment.
Zielgruppe des Ecotainments sind in erster Linie diejenigen, die sich „resistent“ gegen das bisherige Umweltmarketing erwiesen haben. Eine Studie des Umweltbundesamtes nennt diesen Menschentypen „indifferent“. Dieser Mensch nimmt rational die Umweltproblematik als gesellschaftliches Problem wahr, nicht aber als sein persönliches. Ihn interessiert hingegen viel mehr die eigene Spaß- und Erlebniswelt. Sein Motto lautet in einer vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Studie treffend auf den Punkt gebracht: „Das Leben genießen trotz alledem, keine Lust auf Frust“.
Das bisherige Umweltmarketing, das sich durch die Darstellung der ökologischen Realität und der vielfältigen Informationen auszeichnet, geht somit ins Leere. Dieser Menschentyp lehnt ethisch induzierte Verhaltensappelle oder gar „Belehrungen“ ab. Vielmehr wird durch das konventionelle Umweltmarketing (ethische Grundsätze, Information, Tatsachendarstellungen) genau das Gegenteil von der eigentlich gewünschten Verhaltsänderung erreicht: Dieser Konsumententyp reagiert mit Ohnmacht oder gar Trotz auf die Umweltproblematik - ganz nach dem Motto: „Jetzt aber erst recht oder nach mir die Sintflut“.
Lichtl beschreibt insgesamt vier Kernelemente des Ecotainments:
1. Ecotainment ist eine Form der Umweltkommunikation, die im Sinne von Sustainable Development das nachhaltige Konsumentenverhalten von Menschen in der Produktnutzungsphase beeinflussen möchte.
Ecotainment greift hinsichtlich dieser Zielsetzung auf das Instrumentarium der Markenwerbung zurück.
Anstatt auf sachlich-argumentativen Darstellungsformen basiert Ecotainment auf einem radikal emotionalen Kommunikationsstil.
Fokussierung auf eine abgegrenzte Zielgruppe: Ecotainment ist eine Kommunikationsform, die primär ökologisch wenig interessierte Konsumenten adressiert.
2. Zukunftsperspektiven
Das Ecotainment soll kein Ersatz des klassischen Marketings darstellen. Es soll vielmehr als eine Ergänzung des konventionellen Umweltmarketings dienen. Es zielt nicht auf die Vermittlung von Sachverhalten, sondern auf die Vermittlung emotionaler Botschaften ab. Im Zeitalter multimedialer Werbetechnologie erscheint es interessant, das Ecotainment in eine Art e-tainment zu erweitern. Das e steht stellvertretend für die vier e\'s.:
ecological;
economical;
electronical;
emotional.
Bedingt durch die rasante Umgestaltung der Werbewirtschaft durch das e-buisness, können via Internet völlig neue Zielgruppen durch das e-tainment erreicht werden. Bedingt durch die Interaktivität des Internets können erlebnisorientierte und emotionale Kommunikationsinhalte in einem völlig neuen Maßstab ausgetauscht werden. Das Internet bzw. Anwendungen die durch das Internet beeinflusst werden (digitales TV, enhanced TV, virtuelle Marktplätze, etc.), können in idealer Weise die Botschaften des Ecotainments neuen Konsumentengruppen näher bringen.
Weiterführende Literatur:
Poferl, A./ Schilling, K./ Brand, K.- W.: Umweltbewußtsein und Alltagshandeln (Umweltbundesamt, Hrsg.), Opladen 1997; Lichtl, M.: Ecotainment. Der neue Weg im Umweltmarketing. Emotionale Werbebotschaften. Sustainability. Cross-Marketing, Wien/Frankfurt 1999; Zerdick, A./ Picot, A./ Schrape, K./ Artope, A./ Goldhammer, K./ Lange, U./ Vierkant, E./ Lopez- Escobar, E./ Silverstone, R.: Die Internet-Ökonomie. Strategien für die Digitale Wirtschaft, European Communication Council Report, Berlin 1999.
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