Bonus-Malus-Regelung
In der Gesundheitswirtschaft:
Das Arzneimittelsorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG), das ist zum 01. Mai 2006 in Kraft getreten ist, implementierte im deutschen Gesundheitssystem die Bonus-Malus-Regelung für die Vertragsärzte. Die Bonus-Malus-Regelung ist seit dem 01. Januar 2007 in vielen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vertraglich vereinbart.
Die Bonus-Malus-Regelung bedeutet: Überschreitet der verordnende Arzt definierte Durchschnittskosten für festgelegte Arzneimittelgruppen, so hat er Ausgleichsbeträge (Malus) zu leisten.
Die Ausgleichsbeträge sind wie folgt festgelegt:
• Überschreitungsbetrag 10-20 %
? Regressbetrag 20 % des Überschreitungsbetrages
• Überschreitungsbetrag 20-30 %
? Regressbetrag 30 % des Überschreitungsbetrages
• Überschreitungsbetrag > 30 %
? Regressbetrag 50 % des Überschreitungsbetrages
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Spitzenverbände der Krankenkassen vereinbarten bis zum 30. September 2006 sieben Arzneimittelgruppen (bei denen preisgünstige Generika zur Verfügung stehen), legten für diese sog. Leitsubstanzen fest und definierten Benchmarkwerte, die die KVen auf Länderebene und die Landesverbände der Krankenkassen schrittweise erreichen müssen (wie weiter unten beschrieben wird).
Tab. 1:
Arzneimittelgruppe
Leitsubstanz
Benchmark
Anteil Leitsubstanz nach DDD in %
Benchmark
Kosten je DDD in Euro
Statine
Simvastatin
82,1 %
0,271
Protonenpumpen-Inhibitoren
Omeprazol
67,9 %
0,927
Selektive Betablocker
Bisoprolol
32,5 %
0,367
Alpha-Rezeptorenblocker
Tamsulosin
69,4 %
0,706
Selektive Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren
Citalopram
46,4 %
0,654
Bisphosphonate
Alendronsäure
75,2 %
1,504
Triptane
Sumatriptan
27,9 %
7,225
Mit der Vereinbarung ist die Zielsetzung verbunden, möglichst den Anteil der Arzneimittel der Leitsubstanz zu erhöhen und gleichzeitig die Durchschnittskosten durch die Verordnung preisgünstiger Produkte zu senken.
Die Festlegung der Benchmarkwerte beruht auf den Verordnungen des 1. Halbjahres 2006, berücksichtigt den Preisstand vom 01.09.2006 und berücksichtigt nur Monopräparate.
In den Arzneimittelvereinbarungen für 2007 mussten die KVen, die die Bonus-Malus-Regelung der Bundesebene übernommen haben, die regionalen Zielwerte (d. h. KV-individuell) für den Anteil der Leitsubstanz und die Kosten je Daily Defined Dose (DDD) je Arzneimittelgruppe mit den Landesverbänden der Krankenkassen vereinbaren. Die KVen müssen sich um ein Drittel – ausgehend von ihrer Ist-Verordnungssituation – an die bundesweit vorgegebenen Benckmarkwerte annähern.
Fiktives Beispiel:
DDD-Anteil
Kosten/DDD
Verordnungsanteil Leitsubstanz (Bundesvorgabe)
86 %
0,88 €
Wert der eigenen KV
74 %
1,09 €
1/3 Abweichung
4 %
-0,07 €
Mindestzielwerte für KV
78 %
1,02 €
D. h. in jeder KV gibt es unterschiedliche Zielwerte für Verordnungsanteil Leitsubstanz und Kosten/DDD, abhängig davon, wie hoch der Verordnungsanteil der Leitsubstanz und damit der DDD-Kosten je KV im ersten Halbjahr 2006 war.
Bei der arztbezogenen Unter- und Überschreitung (Bonus-Malus-Regelung) ist es für den einzelnen Arzt primär wichtig, ob er die Durchschnittskosten für die Arzneimittelgruppe einhält, die vorrangig durch die Verordnung der Leitsubstanz erfüllt werden kann, aber auch weiterhin die Verordnung der anderen Substanzen ermöglicht. Der Arzt muss – analog zu den Richtgrößen – bei seinen Verordnungen zwischen Originalpräparaten und Generika mixen.
Erfüllt ein Arzt die Durchschnittskosten nicht, wird in einem 2-stufigen Verfahren der Regressbetrag für den Arzt pro Quartal errechnet.
In folgenden KVen wurde die Bonus-Malus-Regelung mit dem individuellen Arztregress vereinbart:
• KV Bayern
• KV Berlin
• KV Mecklenburg-Vorpommern
• KV Hessen (Bisphosphonate: nur orale Darreichungsform)
• KV Brandenburg
• KV Thüringen
• KV Sachsen
• KV Saarland
In der KV Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wurden für die Bisphosphonate auch Zielwerte für den Anteil der Leitsubstanz und die durchschnittlichen Tagestherapiekosten vereinbart, jedoch ohne unmittelbare Konsequenz für den verordnenden Arzt. In diesen KVen dienen diese Zielwerte als „Richtwerte“ ohne eine Malusregelung auszulösen.
Das politische Ziel, die Ärzte zu preisgünstigen Verordnungen zu bewegen, ist durch die Einführung der Bonus-Malus-Regelung realisiert worden. Da die Regelungen für die meisten Vertragsärzte zu „kompliziert“ sind, reagieren sie mit der Verordnung preisgünstiger Produkte, d. h. Generika.
In der Gesundheitswirtschaft: merit-demerit rule
Allgemeine Bezeichnung für Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern, mit denen über finanziell positive (Bonus) bzw. negative (Malus) Anreize Verhaltens- und Leistungsveränderungen erzielt werden sollen. Beispiele sind Vergütungsanreize für eine wirtschaftlichere Arzneimittelverordnung. Mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz wurden Bonus-Malus-gekoppelte Zielvereinbarungen für Ärzte eingeführt. Sie werden entsprechend den Durchschnittskosten pro Tagesdosis für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen in verordnungsstarken Anwendungsgebieten festgelegt.
Werden die Zielvereinbarungen überschritten, können die Krankenkassen vom Arzt einen finanziellen Ausgleich (Malus) verlangen. Wenn die Ärzte preisgünstiger verordnen, erhalten dieKassenärztlichen Vereinigungen (KVen), in denen preisgünstig verordnet worden ist, einen Bonus, den sie an die wirtschaftlich verordnenden Ärzte verteilen. Diese Regelung gilt nur, wenn Krankenkassen und KVen auf Landesebene die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung nicht durch eine andere Vereinbarung erzielen.
Die Bonus-Malus-Regelung im AVWG
§ 84 SGB V
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