Leitsubstanz
In der Gesundheitswirtschaft:
Zur Arzneimittel-Substitution von Analogpräparaten wird für jede Analogpräparategruppe eine pharmakologisch-therapeutisch geeignete Leitsubstanz definiert, die für die Substitution der übrigen pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffe vorgeschlagen wird.
In der Regel kommt für die Substitution von Analogpräparaten die Generika des Innovationsproduktes einer Arzneimittelgruppe in Frage. Eine weitergehende Forderung der therapeutischen Äquivalenz bezieht sich auf die Beleglage durch Langzeitstudien. Mit dem Innovationsprodukt sind häufig die besten Belege für Langzeitwirkungen eines neuen Wirkprinzips erarbeitet worden.
Sind Analogpräparate oder ihre Generika innerhalb einer Arzneimittelgruppe preisgünstiger als das Originalpräparat, ist die Verwendung der Leitsubstanz nur vertretbar, wenn ein vergleichbares wissenschaftliches Evidenzniveau für harte Endpunkte vorliegt, wie z. B. die Senkung der Morbidität oder Mortalität.
Liste der Leitsubstanzen:
Im Arzneiverordnungsreport (AVR) 2003 definierten die Autoren Schwabe& Paffrath für 30 Arzneimittelgruppen sog. Leitsubstanzen.
Arzneimittelgruppe
Leitsubstanz
ACE-Hemmer, lang wirkend
Enalapril, DDD 10 mg
ACE-Hemmer-Hydrochlorothiazid-Kombination, lang-wirkend
Enalapril und Diuretika, DDD 10+25 mg
Alpharezeptorenblocker, Urologika
Doxazosin, DDD 4 mg
Antidepressiva, SSRI
Fluoxetin, DDD 20 mg
Antidepressiva, trizyklisch
Amitriptylin, DDD 75 mg
Antidiabetika
Glibenclamid, DDD 7 mg
Antihistaminika, wenig sedierend
Loratadin, DDD 10 mg
Antimykotika, topische
Clotrimazol, DDD 20 mg
Benzodiazepinhypnotika, lang wirkend
Nitrazepam, DDD 5 mg
Betarezeptorenblocker, Herzinsuffizienz/Hypertonie
Bisoprolol, DDD 10 mg
Betarezeptorenblocker, Hypertonie
Atenolol, DDD 75 mg
Calciumantagonisten, Dihydropyridine
Nitrendipin, DDD 20 mg
Calciumantagonisten, Verapamil- und Diltiazemtyp
Verapamil, DDD 240 mg
Digoxinderivate
Digoxin, DDD 0,25 mg
Glaukommittel, Betarezeptorenblocker
Timolol, DDD 0,2 ml
Glaukommittel, Prostaglandinanaloga
Bimatoprost, DDD 0,1 ml
Glucocorticoide, inhalativ
Budesonid, DDD 0,8 mg
Glucocorticoide, systemisch
Prednisolon, DDD 10 mg
H2-Rezeptorantagonisten
Ranitidin, DDD 30 mg
Nichtsteroidale Antiphlogistika, systemisch
Diclofenac, DDD 100 mg
Nitrate
Isosorbiddinitrat, DDD 60 mg
Oralpenicilline
Phenoxymethylpenicillin, DDD 2000 mg
Protonenpumpenhemmer
Omeprazol, DDD 20 mg
Rhinologika
Flunisolid, DDD 0,15 mg
Schleifendiuretika
Furosemid, DDD 40 mg
Thiaziddiuretika
Hydrochlorothiazid, DDD 25 mg
Thyreostatika
Thiamazol, DDD 10 mg
Tranquillantien, mittellang wirkend
Oxazepam, DDD 10 mg
Tranquillantien, lang wirkend
Diazepam, DDD 10 mg
Triptane
Sumatriptan, DDD 50 mg
Glucocorticoide (inhalativ): Die beim Asthma bronchiale verwendeten inhalativen Glucocorticoide werden weitgehend als therapeutisch äquivalent angesehen. Aus diesem Grunde wird Budesonid mit besonders preiswerten Generikapräparaten als Substitution für die übrigen inhalativen Glucocorticoiden vorgeschlagen.
Rhinologika: Bei allergischer Rhinitis haben lokal applizierte Glucocorticoide eine entzündungshemmende Wirkung gegen die Symptome Juckreiz, Niesreiz, Sekretion und Kongestion. Mit Ausnahme von Dexamethason haben alle Wirkstoffe eine zuverlässige lokale Wirkung ohne systemische Nebenwirkungen. Flunisolid ist der preiswerteste Wirkstoff und wurde daher als Leitsubstanz ausgewählt.
Triptane: Als erster Vertreter der Triptane wurde 1993 Sumatriptan eingeführt. Alle Triptane haben ein ähnliches Wirkungsprofil, unterscheiden sich aber in der Pharmakokinetik und damit vor allem in der Wirkungsdauer und der Häufigkeit der Wiederauftretens von Migräneanfällen. Am besten untersucht ist Sumatriptan. Aus diesem Grunde wurde das Innovationspräparat Sumatriptan für die Substitution der Analogpräparate in der Gruppe der Triptane gewählt.
Im AVR 2004 wurden für 3 neue Arzneimittelgruppen Leitsubstanzen definiert. Diese sind:
Arzneimittelgruppe
Leitsubstanz
Statine
Simvastatin, DDD 15 mg
Tetracycline
Doxycyclin, DDD 100 mg
Follitropinpräparate
Menotropin, DDD 75 E.
Im AVR 2005 wurden keine Leitsubstanzen definiert.
Im AVR 2006 sind inzwischen 36 Leitsubstanzen definiert. Folgende neue Arzneimittelgruppen kamen dazu:
Arzneimittelgruppe
Leitsubstanz
Bisphosphonate
Alendronsäure, 10 mg
Dermatika, mittelstarke Corticoide
Prednicarbat, DDD 1g
Heparine, niedermolekular
Enoxaparin, DDD 2000 E.
Insulinanaloga, kurz wirkend
Insulin (human), DDD 40 E.
Insulinanaloga, Mischinsuline
Insulin (human), DDD 40 E.
Opioidanalgetika, stark wirkend
Morphin, oral, DDD 100 mg
In der aktuellen Ausgabe des AVR 2006 sind folgende Arzneimittelgruppen nicht mehr gelistet: Alpharezeptorenblocker (Urologika), Antimykotika (topisch) und die Betarezeptorenblocker (Hypertonie).
Die im AVR definierten Leitsubstanzen finden inzwischen Niederschlag in aktuellen Arzneimittelsteuerungsinstrumenten wie den Analogpräparatelisten und der Bonus-Malus-Regelung, die auf Länderebene zwischen den Vertragsparteien Kassenärztliche Vereinigung und Landesverbände der Krankenkassen im Rahmen der Arzneimittelvereinbarung geschlossen werden.
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