Arzneiverordnungsreport
In der Gesundheitswirtschaft:
Der Arzneiverordnungs-Report (AVR) erscheint seit 1985 und analysiert jährlich neben den Arzneimittelausgaben die Struktur der Verordnungen und das Verordnungsverhalten von Ärzten. Der AVR enthält jährlich ungefähr 50 arzneitherapeutische und vier marktbezogene Kapitel über die 3.000 führenden Präparate des deutschen Arzneimittelmarktes, auf die nahezu 95 Prozent aller Verordnungen entfallen.
Primäres Ziel dieser Publikation ist eine verbesserte Markt- und Kostentransparenz. Wo immer möglich, werden Arzneimittel nach den Kriterien der Evidenz basierten Medizin beurteilt. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beziehen die Aussagen dieses Reports mit in ihre Entscheidungsfindung ein.
Es gibt inzwischen vermehrte Kritik, welche auf ungenügende Berechnungen des AVR abhebt. Demnach soll der Fehler in der Definition der so genannten Strukturkomponente liegen, welche im Report dargestellt wird. Die Strukturkomponente beschreibt, inwieweit sich Veränderungen in den Arzneimittelausgaben auf ein verändertes Verordnungsverhalten der Ärzte zurückführen lassen. Im AVR werden Verschiebungen in den Verordnungen zu größeren Packungen mit niedrigen Preisen je Tagesdosis nicht etwa als Einsparungen, sondern als Mehrumsatz gedeutet. Eine weitere Fehlinterpretation kommt gemäß den Kritikern dadurch zustande, dass Arzneimittel über alle Indikationen hinweg untereinander austauschbar definiert werden. Insgesamt werde dadurch der Struktureffekt deutlich überschätzt und als im Prinzip vermeidbarer Ausgabentreiber dargestellt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die in jeder AVR-Ausgabe neuerlich vertretene These, dass in der vermehrten Verschreibung von Generika ein Einsparpotential in Milliardenhöhe liege. Hierbei wird nach den Kritikern außer Acht gelassen, dass patentgeschützte Arzneimittel oder Altoriginale gegenüber Generika einen Zusatznutzen für das Überleben und die Lebensqualität von Patienten haben können.
Der im September 2006 erstmals präsentierte Arzneimittel-Atlas berechnet die Strukturkomponente wesentlich differenzierter. Er betrachtet Veränderungen der Verordnungsstruktur indikationsweise und bestimmt den Beitrag von medizinischen, epidemiologischen und wirtschaftlichen Faktoren zu den jährlichen Veränderungen der Brutto-Ausgaben. Ergebnis dieser zum AVR konkurrierenden Analyse ist, dass Mehrausgaben in erster Linie durch eine verbesserte Arzneimittel-Versorgung von schwer- und schwerstkranken Patienten bedingt sind. Mehrumsätze durch den Einsatz höherpreisiger Medikamente folgen danach ganz überwiegend medizinischen Notwendigkeiten.
Eine Studie, die von Wissenschaftlern der US-amerikanischen University of Pennsylvania in Philadelphia veröffentlicht wird, analysiert in ähnlicher Weise die größten Arzneimittelmärkte der Welt („Prices And Availability Of Pharmaceuticals: Evidence From Nine Countries“).
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