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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Behinderte Kinder im Steuerrecht

Der Fiskus unterstützt besonders Familien bzw. Pflegeeltern von behinderten Kindern. Zwei Wege sieht das Gesetz dafür vor: Zum einen gibt es keine Altersgrenzen für behinderte Kinder z.B. in Bezug auf Kindergeld, zum anderen ist der "behindertenbedingte Mehraufwand", wie der Gesetzgeber das nennt, steuerlich anrechenbar - zum Teil durch Pauschbeträge.

Ein Kind, dass wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist unbeschränkt vom Alter im Sinne des Steuerrechts ein Kind. Allerdings nur, wenn die Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist. Damit soll ausgeschlossen werden, dass zum Beispiel eine 80-jährige Mutter für ihren Sohn, der im Alter von 60 Jahren einen Schlaganfall erleidet und pflegebedürftig wird, Kindergeld erhalten kann. Im Falle einer Behinderung gibt es keine altersmäßige Begrenzung der Kindesdefinition und damit unbegrenzt steuerliche Unterstützung und Kindergeld! Suchtkrankheiten (Alkohol, Drogen) können zur Definition von "Behinderung" dazugehören, nicht aber Krankheiten, die Erfahrungsgemäss wieder überwunden werden wie etwa Knochenbrüche. Die Behinderung muss nachgewiesen werden durch

  • einen Schwerbehindertenausweis
  • einen Rentenbescheid (bei Schwerbehindertenrente)
  • einen Schwerstpflegebedürftigenbescheid (Pflegestufe III)

Für Kinder, die länger als ein Jahr in einer Kranken-, Behinderten- oder Pflegeeinrichtung leben, genügt der Nachweis des zuständigen Arztes.

Kindergeld

Für ein über 18 Jahre altes Kind wird Kindergeld ohne Altersbeschränkung weitergezahlt, wenn es wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Übersteigen die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht den Grenzbetrag (Existenzminimum) von 7.188 Euro im Kalenderjahr, geht die Familienkasse davon aus, dass das Kind sich nicht selbst unterhalten kann. Gegebenenfalls kann ein über diesem Betrag liegender behinderungsbedingter Mehrbedarf des behinderten Kindes glaubhaft gemacht werden, der dann der Entscheidung zugrundegelegt wird. Behinderte Kinder, die über ein verwertbares Vermögen von mehr als 15.500 Euro verfügen, können nicht berücksichtigt werden. Es kann ein (erneuter) Antrag gestellt werden, sobald dieser Betrag unterschritten wird.

Das Kindergeld beträgt für das erste, zweite und dritte Kind jeweils 154 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 179 Euro monatlich. Dabei werden Kinder, für die wegen z.B. Überschreitens der Altersgrenze kein Kindergeldanspruch mehr besteht, nicht mitgezählt. Für ein und dasselbe Kind kann immer nur eine Person Kindergeld erhalten. Es wird dem Elternteil gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Lebt das Kind im Haushalt nur eines Elternteils, so erhält derjenige Elternteil das Kindergeld, der dem Kind den höheren Barunterhalt zahlt. Eltern, die zusammen leben, können untereinander festlegen, wer von ihnen das Kindergeld für ihre im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder erhalten soll.

Behinderten-Pauschbetrag für Kinder

Für blinde und behinderte Kinder, die infolge der Behinderung auf ständige Hilfe angewiesen sind, gibt\'s es einen Pauschbetrag von 3.700 Euro. Die Gewährung ist nicht davon abhängig, dass eine Pflegeperson beschäftigt wird. Der Pauschbetrag kann auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden, so dass er schon monatlich verrechnet und nicht erst beim Einkommenssteuerjahresausgleich nachträglich (mit Zinsverlust!) ausgezahlt wird.

Behinderte Kinder müssen, um diesen Pauschbetrag zu erhalten, nicht unbedingt, (wie früher vorgeschrieben), in Deutschland leben. Steht der Behinderten-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält, so wird die Pauschale auf Antrag dem Steuerpflichtigen übertragen, wenn das Kind ihn nicht selbst in Anspruch nimmt. Dabei wird die Pauschale grundsätzlich auf beide Elternteile hälftig übertragen, auf beiderseitigen Antrag auch auf nur ein Elternteil. Statt des Pauschbetrages können die Aufwendungen, die unmittelbar infolge der Behinderung entstehen, auch in voller Höhe geltend gemacht werden. Sie wirken sich jedoch nur mit dem Teil steuermindernd aus, der die so genannte "zumutbare Belastung" übersteigt. Hier ist es schwierig, genaue Beträge zu nennen, viel ist Ermessensspielraum des zuständigen Finanzbeamten. Der Pauschbetrag von 3.700 Euro für ein ständig hilfloses, behindertes Kind schließt die Kosten für eine Geltendmachung der Kosten für eine Heil- und Pflegeeinrichtung aus.

Im Falle einer Behinderung gilt ein Heranwachsender (Für eine Behinderung unter 50 Prozent gilt dieser Abschnitt nicht!) nur dann als Kind im Sinne des Steuerrechts, wenn es nicht mehr verdient als der allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) in Höhe des Existenzminimums. Dazu kommt allerdings der behinderungsbedingte Mehrbedarf. Darunter zählen in erster Linie nach dem Behinderten-Pauschbetrag die besonderen Leistungen Dritter, auch die der Eltern. In erster Line handelt es sich aber meist um die Kosten der Heimunterbringung. Davon gehen die Finanzämter in der Regel aus, sobald das Kind auf Kosten Dritter untergebracht ist (auch im betreuten Wohnen in der eigenen Wohnung!), auch wenn das Kind am Wochenende und in den Ferien in der elterlichen Wohnung übernachtet, solange auch für diese Zeit ein Heimplatz besteht. Allerdings zieht der Fiskus vom anrechenbaren Grundbedarf die Verpflegungskosten und Taschengeld ab, da diese auch bei Nichtbehinderten nicht anrechenbar sind.

Der behinderungsbedingte Mehrbedarf bemisst sich bei Kindern, die nicht vollstationär untergebracht sind, in erster Linie nach dem Behinderten-Pauschbetrag, darauf sind die Leistungen Dritter mit Ausnahme von Pflegegeld und Fahrtkostenersatz anzurechnen. Ist der Mehrbedarf höher als der Pauschbetrag, muss er nachgewiesen werden.

Haushaltshilfe für behinderte Kinder

Eltern behinderter Kinder, die den Behinderten-Pauschbetrag des Kindes auf Antrag auf sich übertragen lassen haben, weil das Kind ihn nicht in Anspruch nimmt, können eine Haushaltshilfe geltend machen. Aufwendungen bis 924 Euro könne geltend gemacht werden, wenn das Kind schwerbehindert ist (Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent). Der Freibetrag wegen Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt kann zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag gewährt werden.

Betreuungskosten für behinderte Kinder

Ab dem Veranlagungszeitraum 2002 können Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt gehörenden Kindes, das zu Beginn des Kalenderjahres das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (dann natürlich über das 14. Lebensjahr hinaus unbegrenzt), als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, soweit sie je Kind 1.548 Euro übersteigen. Berücksichtigungsfähig sind Kinder, die im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandt oder als Pflegekinder anzuerkennen sind.

Weitere Voraussetzung für die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ist, dass der Steuerpflichtige entweder erwerbstätig ist, sich in Ausbildung befindet oder selbst körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist. Erwachsen die Aufwendungen wegen Krankheit des Steuerpflichtigen, muss die Krankheit innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens drei Monaten bestanden haben, es sei denn der Krankheitsfall tritt unmittelbar im Anschluss an eine Erwerbstätigkeit oder Ausbildung ein. Bei zusammenveranlagten Eltern können die Kinderbetreuungskosten nur dann berücksichtigt werden, wenn jeder Elternteil die Voraussetzungen erfüllt, die für einen Alleinstehenden gefordert werden. In der Regel werden die zusätzlichen Kinderbetreuungskosten damit nur bei den Eltern abgezogen, die beide erwerbstätig sind. Bei nicht zusammenlebenden Elternteilen kann jeder Elternteil entsprechende Aufwendungen abziehen, soweit sie je Kind 774 Euro übersteigen.

Der abziehbare Betrag darf je Kind einen Betrag von 1.500 Euro nicht übersteigen. Bei Elternteilen, die nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, ist der abziehbare Betrag auf 750 Euro begrenzt. Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten, sportliche und andere Freizeitbetätigungen sind nicht berücksichtigungsfähig.

Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung nicht vorgelegen haben (z.B. Erwerbstätigkeit nur während eines Teils des Kalenderjahres), ermäßigen sich die vorgenannten Beträge um jeweils ein Zwölftel. Bei im Ausland lebenden Kindern, die in Deutschland nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, sind die Beträge zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates notwendig und angemessen ist.



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