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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Behindertenausweis

Das deutsche Behindertenrecht kennt eine Vielzahl von Bestimmungen zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile oder Mehraufwendungen. Voraussetzung ist immer eine Feststellung der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht (SGB IX) durch das Versorgungsamt.

Nachteilsausgleiche sind die Zusammenfassung aller "Vergünstigungen", die einem Behinderten zustehen, sei es in finanzieller Sicht oder in der Erleichterung des täglichen Lebens. Wichtig ist die Bescheinigung der Schwerbehinderung auch gegenüber Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern und anderen Behörden. Notwendig hierfür ist ein Behindertenausweis. Er enthält keine Angaben zu konkreten Gesundheitsstörungen.

Der Nachweis der Schwerbehinderung wirkt schon im Antragsmonat. Bei begründetem besonderen Interesse - z.B. bei Steuervorteilen - kann, wenn die Voraussetzungen schon länger vorlagen, auch ein früherer Zeitpunkt als Beginn der Schwerbehinderung eingetragen werden.

Antragsverfahren

Der Antrag wird bei dem zuständigen Versorgungsamt gestellt. Dieses Amt stellt anschließend den Grad der Behinderung fest - der Gesetzgeber hat geregelt, welche Nachteilsausgleiche dann welchem Grad und welcher Art der Behinderung gewährt werden. Antragsformulare gibt es bei den Versorgungsämtern - sowie meist auch bei

  • den örtlichen Fürsorgestellen,
  • den Sozialämtern,
  • den kommunalen Bürgerbüros,
  • den Behindertenverbänden,
  • den Vertretungen für schwerbehinderte Menschen in den Betrieben und Dienststellen.

Meist ist keine neue ärztliche Untersuchung nötig. Meist zieht das Versorgungsamt von den behandelnden Ärzten, Krankenhäusern und sonstigen Stellen Befundberichte bei und wertet diese aus. Nur in Ausnahmefällen wird das Versorgungsamt auf eine neuerliche Untersuchung bestehen - meist nur dann, wenn die letzten Untersuchungsergebnisse älter als ein Jahr sind. Wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert, kann ein Änderungsantrag gestellt werden.

Grad der Behinderung

Der "Grad der Behinderung" bezeichnet nach dem Sozialgesetzbuch "die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft". Also geht es darum, in wie weit die Behinderung den Betroffenen im täglichen Leben von einem Nichtbehinderten unterscheidet. Dabei spielt es keine Rolle, ob der gesundheitliche Schaden angeboren, Folge eines Unfalls oder einer Krankheit ist. Keine Berücksichtigung finden alterstypische Beeinträchtigungen.

Die Festlegung des Grades der Behinderung erfolgt in Zehnergraden von 20 bis 100. Bei mehreren Beeinträchtigungen, wird jede zunächst einzeln bewertet. Die Prozentpunkte aus verschiedenen Schwerbehinderungen (z.B. Blindheit und Gehbehinderung) werden addiert. Grundlage sind die bundeseinheitlich geltenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz". Diese werden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegeben.

Schwerbehinderte Menschen sind diejenigen, bei denen ein Grad der Behinderung von mindestens 50 festgestellt ist und die im Bundesgebiet leben oder arbeiten.

Merkzeichen

G - erhebliche GehbehinderungDas Merkzeichen wird zuerkannt, wenn der Betroffene übliche Strecken (z.B. Einkäufe) nicht zu Fuß zurücklegen kann, wenn die Bewegungsfähigkeit als Fußgänger im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt ist. Wenn die Gehbehinderung ausschließlich durch altersübliche Gebrechen besteht, wird keine Behinderung angenommen.

aG - außergewöhnliche GehbehinderungSie wird vom Gesetzgeber als eine so starke Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit definiert, dass sich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegt kann. (z.B. Querschnittsgelähmte oder Doppeltamputierte)

Bl - BlindheitDas Merkzeichen erhält, wer auf seinem besseren Auge nicht mehr als 1/50 Sehstärke besitzt.

Gl - GehörlosDas Merkzeichen erhält, wer gehörlos ist, nicht also Menschen, die durch eine Hörhilfe eine normale Hörstärke erreichen.

B - BegleitungDies erhält, wer im Straßenverkehr und bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne ständige Begleitung nicht auskommt.

H - Hilflosigkeit"Hilflos" ist, wer dauernd fremder Hilfe bedarf - und das über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten. Wer als pflegebedürftig eingestuft worden ist, ist nicht automatisch auch hilflos. Allerdings wird bei Schwerstpflegebedürftigkeit (Stufe III) grundsätzlich auch das Merkzeichen H eingetragen. Bei der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen wird auch die Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung (z.B. Erlernen der Sprache) zugerechnet. Wer nicht ohne fremde Hilfe die Muttersprache erlernen kann, ist hilflos.

RF - Befreiung von der RundfunkgebührenpflichtMit der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht soll ein Ausgleich geschaffen werden für die, die nicht mehr das Haus verlassen können. Das gilt nicht für Schwerbehinderte, die mit Hilfe etwa eine Kirche oder ein Kino besuchen können. Ein Grad der Behinderung von mindestens 80 ist Voraussetzung.

Unabhängig von den zuvor genannten Voraussetzungen werden befreit

  • Blinde Bl und stark Sehbehinderte (Grad der Behinderung mindestens 60 allein durch Sehbehinderung)
  • Hörgeschädigte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 allein aufgrund der Hörbehinderung
  • Sonderfürsorgeberechtigte nach den Gesetzen des Sozialen Entschädigungsrechts

1. Kl - Benutzung der 1. Klasse im Nah- und Fernverkehr ohne AufpreisAusschließlich Kriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) haben unter besonderen Umständen das Recht, in Zügen mit einer Fahrkarte für die 2. Klasse die 1. Klasse zu benutzen.

KriegsbeschädigtKriegsbeschädigt ist, wer nach dem Bundesversorgungsgesetz nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 v.H. Anspruch auf Versorgung hat.

VB - VersorgungsberechtigtDiese Eintragung erfolgt bei schwerbehinderten Menschen, die Anspruch auf Versorgung nach anderen Gesetzen des Sozialen Entschädigungsrechts haben, weil sie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 50 v.H. haben, so z.B. nach dem

  • Soldatenversorgungsgesetz (SVG),
  • Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG),
  • Bundesseuchengesetz (BSeuchG).

EB - Entschädigung nach dem BundesentschädigungsgesetzDas Merkmal erhält der, bei dem die Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 v.H. nach den Vorschriften des BEG vermindert ist.



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