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Aussperrung

Aussperrung ist eine Kampfmaßnahme der Arbeitgeber. Durch eine Aussperrung als Antwort auf einen gewerkschaftlich organisierten Streik werden bei einem Arbeitskampf alle oder eine größere Anzahl von Arbeitnehmern eines Betriebes oder eines Wirtschaftszweiges von der Arbeit ausgeschlossen. Für die Zeit der Aussperrung wird kein Lohn gezahlt.

Die Aussperrung ist ein Instrument der Arbeitgeber im Arbeitskampf und wird als Abwehr vor allem gegen Schwerpunktstreiks angewandt. Als Antwort auf einen von den Gewerkschaften organisierten Streik ist die Aussperrung in Deutschland erlaubt. Sie steht als Arbeitskampfmaßnahme aber unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Deshalb wird sie bei einem Warnstreik nicht als angemessene Reaktion der Arbeitgeber angesehen.

Ebenso wie ein Streik hat eine Aussperrung in Deutschland "suspendierende Wirkung". Das bedeutet, dass der Arbeitsvertrag im Streik- oder Aussperrungsfall zwar ruht, das Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Arbeitskampfes aber ohne neuen Vertragsabschluss wiederauflebt. Die Unternehmen sind also verpflichtet, die Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitskampfes wieder zu beschäftigen.

Das gilt aber nicht, wenn diese Arbeitsplätze als Folge des Arbeitskampfes endgültig wegfallen. Eine weitere Ausnahme davon besteht bei Kündigung aus wichtigem Grund während des Arbeitskampfes. Für die Zeit der Aussperrung sind die Arbeitgeber gegenüber den Ausgesperrten von der Lohnzahlungspflicht befreit. Wenn eine Klage gegen eine Aussperrung der Gewerkschaft oder einem am Betreten seines Arbeitsplatzes gehinderten Arbeitnehmer bestätigt, dass diese Maßnahme im konkreten Fall nicht rechtmäßig war, haben die betroffenen Arbeitnehmer Anspruch auf den dadurch entgangenen Lohn.

Auch wenn die Aussperrung als Kampfinstrument der Arbeitgeber von einer Landesverfassung untersagt wird, ist sie aufgrund des übergeordneten Bundesrechts und der Rechtsprechung der obersten Gerichte zulässig. Dies gilt allerdings nur für die so genannte Abwehraussperrung als Gegenmaßnahme gegen einen Streik. Dies wird von Wissenschaft und Rechtsprechung überwiegend für notwendig gehalten, um für "Waffengleichheit" bei Auseinandersetzungen zwischen den Tarifvertragsparteien zu sorgen. Andernfalls könnte die Gewerkschaft durch gezielte Streikaktionen dafür sorgen, dass bei den Unternehmen hoher wirtschaftlicher Schaden entsteht, ohne selbst größere finanzielle Mittel (vor allem für Streikgelder) einsetzen zu müssen. Die Gegner eines Rechts auf Aussperrung argumentieren, dass die Arbeitgeber aufgrund ihrer größeren wirtschaftlichen Stärke und ihres Eigentums an den Produktionsmitteln ohnehin schon über größere Machtmittel verfügen. Erst durch das Streikrecht werde dazu ein Gegengewicht geschaffen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Auffassung in seiner bisherigen Rechtsprechung aber nicht bestätigt.

Um ihre Streikkasse zu schonen und die Höhe des an ihre am Arbeitskampf beteiligten Mitglieder zu zahlenden Streikgeldes zu begrenzen, bevorzugen die Gewerkschaften im Rahmen ihrer Taktik der "neuen Beweglichkeit" Schwerpunktstreiks. Das bedeutet, dass sie ihre Streikaktionen so steuern, dass durch örtlich begrenzte Stillegung von Schlüsselbetrieben bei den Arbeitgebern ein möglichst hoher wirtschaftlicher Schaden entsteht - und damit ein entsprechend großer ökonomischer Druck, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Da bei dieser Taktik immer nur eine geringe Zahl von Arbeitnehmern aktiv am jeweiligen Arbeitskampf beteiligt ist, ist der finanzielle Einsatz auf Seiten der Gewerkschaft begrenzt. Um diese Taktik zu durchkreuzen und ihrerseits die Gewerkschaften finanziell unter Druck zu setzen, reagieren die davon betroffenen Arbeitgeberverbände auf Schwerpunktstreiks oft mit einer Aufforderung an einzelne oder alle ihre Mitglieder, darauf mit einer Aussperrung zu antworten. So erhöht sich die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder, die Anspruch auf Streikgeld haben. Allerdings können dann auch solche Arbeitnehmer nicht mehr ihrer Beschäftigung nachgehen, die an sich arbeitswillig sind und an den gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen nicht teilnehmen wollen. Sie erhalten weder Lohn noch Streikgeld und haben in diesem Fall auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Arbeitnehmer, die dadurch in eine finanzielle Notlage geraten, können deshalb nur Sozialhilfe beantragen.

Daraus, dass die Arbeitgeber eine Aussperrung nur als Antwort auf gewerkschaftlich organisierte Streiks beschließen dürfen, ergibt sich, dass eine Abwehraussperrung oder erst recht eine Angriffsaussperrung vor dem Ende der Friedenspflicht nicht rechtmäßig wäre. Ähnlich wie die Gewerkschaften verfügen auch die Arbeitgeberverbände über Unterstützungskassen. Daraus erhalten Unternehmen im Falle eines Arbeitskampfes Zahlungen, die durch Streiks oder durch eine vom Verband beschlossene Aussperrung wirtschaftlich geschädigt werden. Einen freiwilligen Verzicht auf Streik und Aussperrung als Mittel im Arbeitskampf gibt es bisher nur in der Schweiz im Rahmen eines seit 1937 geltenden Friedensabkommens.



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