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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Lohnfortzahlung

Unter Lohnfortzahlung wird im allgemeinen die weitere Zahlung des tariflich oder laut Arbeitsvertrag zustehenden Lohns an unselbständig Beschäftigte auch dann verstanden, wenn sie aus bestimmten Gründen nicht am Arbeitsplatz erscheinen. Dies gilt insbesondere im Falle einer Krankheit. Im Prinzip findet Lohnfortzahlung aber auch dann statt, wenn Arbeitnehmer den ihnen tarifvertraglich oder gesetzlich zustehenden Jahresurlaub nehmen, zur Kur gehen, Bildungsurlaub beantragen, Mutterschutz beanspruchen oder sich wegen eines Schwangerschaftsabbruchs nicht am Arbeitsplatz befinden.

Alle Arbeiter und Angestellten haben in Deutschland für die Dauer von sechs Wochen einen gesetzlich gesicherten Anspruch darauf, dass ihnen im Falle einer durch Krankheit erzwungenen Abwesenheit vom Arbeitsplatz ihr Lohn oder Gehalt vom Arbeitgeber voll weiter gezahlt wird. (Diese Regelung war nur 1996/98 unterbrochen). In vielen Branchen ist dieser Anspruch auch tarifvertraglich abgesichert und geht in einzelnen Wirtschaftsbereichen über die gesetzlichen Ansprüche hinaus. In anderen Tarifverträgen wird dagegen nur auf die jeweils geltenden Gesetze zur Lohnfortzahlung verwiesen. Bei Beamten übernimmt der Staat die Fortzahlung der Bezüge.

Grundsätzlich besteht dieser Anspruch vom ersten Tag der Krankheit an für sechs Wochen. Nach Ablauf dieser Zeit übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Lohnersatzzahlung. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gibt es in der Bundesrepublik seit der allgemeinen Einführung der Lohnfortzahlung keine Karenztage, an denen bei Erkrankung zunächst kein Lohn gezahlt wird.

Bedingung für die Lohnfortzahlung ist, dass der Arbeitnehmer seine Erkrankung und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilt und spätestens am dritten Tag eine ärztliche Bescheinigung vorlegt. Bei kurzen Abwesenheiten verzichten allerdings einige Arbeitgeber auf eine offizielle Krankschreibung. Dies gilt insbesondere für Führungskräfte, weil bei diesen ein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein vorausgesetzt wird.

Als "Krankheit", die einen Anspruch auf Lohnfortzahlung auslöst, gilt allerdings nicht jede Unpäßlichkeit. Eine Erkrankung im arbeitsrechtlichen Sinne liegt nur dann vor, wenn eine ärztliche Behandlung erforderlich ist und die Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang damit bescheinigt wird. Dabei sind nur solche Krankheiten von Bedeutung, die es dem Arbeitnehmer nach Ansicht seines behandelnden Arztes unmöglich machen, seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen. Dazu sind objektive Gesichtspunkte und nicht das subjektive Befinden des Arbeitnehmers zu bewerten. Im arbeitsrechtlichen Sinn kann beispielsweise auch eine Abtreibung als Krankheit definiert und daraus ein Anspruch auf Lohnfortzahlung abgeleitet werden.

Theoretisch gibt es keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer seine Krankheit selber verschuldet hat und versucht, die finanziellen Folgen auf den Arbeitgeber abzuwälzen. In der Praxis spielt dies aber nur eine geringe Rolle, da dem erkrankten Arbeitnehmer ein besonders leichtfertiger oder grob fahrlässiger Umgang mit seiner Gesundheit nachgewiesen werden muss. So muss es sich bei Freizeit- und Sportunfällen um die aktive Teilnahme an besonders gefährlichen Veranstaltungen (wie Boxen oder Autorennen) handeln. Nach Skiunfällen dagegen muss der Arbeitgeber den Lohn weiter zahlen, wenn der Beschäftigte seine normale Tätigkeit z.B. wegen eines gebrochenen Arms oder Beins nicht ausüben kann. Wenn ein Unfall unter Alkoholeinfluss passiert, kann dies die Lohnfortzahlung gefährden, wenn dem Arbeitnehmer nachgewiesen werden kann, dass er sich schuldhaft in einen Rausch versetzt hat. Liegt allerdings Alkoholismus vor, gilt dies als Krankheit.

Der Streit darüber, ob die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in erheblichem Maße dazu missbraucht wird, um auf Kosten der Unternehmen "blau" zu machen, führt immer wieder dazu, dass der Arbeitgeberverband eine Einschränkung dieser sozialen Leistung fordert, da ihr Missbrauch die Personalzusatzkosten in Deutschland erhöht und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gegenüber solchen Ländern mindert, die durch Karenztage den Leistungsmissbrauch in diesem Bereich zu verhindern versuchen. Dies stößt in Deutschland regelmäßig auf heftigen Widerstand der Gewerkschaften.

Der Arbeitgeber ist auch in den folgenden (nicht krankheitsbedingten) Fällen zur Lohnfortzahlung verpflichtet: Beim Arztbesuch, Schwangerschaftsabbruch, wichtigen familiären Ereignissen, Ladung des Arbeitnehmers vor Gericht, bei Freistellung für eine Tätigkeit im Betriebsrat, Teilnahme an einer Betriebsversammlung und bei Auszubildenden beim Besuch der Berufsschule. Auch die Weiterzahlung des Arbeitsentgelts während des Urlaubs, bei einem Bildungsurlaub oder während des Mutterschutzes sind Formen der Lohnfortzahlung: Der vereinbarte Arbeitslohn wird weiter gezahlt, obwohl der Arbeitnehmer die vertraglichen Leistungen nicht erbringt. Es handelt sich in allen diesen Fällen um gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegte Lohnnebenkosten. Daneben kann es auch noch auf freiwilliger Basis gewährte betriebliche Formen der Lohnfortzahlung geben - beispielsweise bei Jubiläen oder familiären Ereignissen.



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