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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Hausarzt-Abo

Eine von den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) zur Diskussion gestellte neue Form der medizinischen Versorgung. Sie sieht vor, dass Mitglieder der Gesetzlichen Krankenkassen statt der bisherigen Form der freien Arztwahl sich für einen bestimmten Hausarzt entscheiden können, der sie bei allen gesundheitlichen Problemen betreut und bei komplexeren medizinischen Problemen die Untersuchung und Behandlung durch verschiedene Fachärzte oder Kliniken koordiniert. Dadurch sollen unter anderem Mehrfachdiagnostik und Übertherapie vermieden sowie Kosten gespart werden.

Mit dem Hausarzt-Abo möchten die Kassen ihren Mitgliedern eine neue Versorgungsform anbieten, die zu einer qualitativ besseren Gesundheitspflege führen soll. Nach dem Konzept des Hausarzt-Abonnements hat jeder Versicherte das Recht, sich einen Allgemeinmediziner seiner Wahl und seines Vertrauens als festen Hausarzt zu suchen. Der Patient, der sich für das Abo anstelle der herkömmlichen Form der Arztwahl entscheidet, soll aber nicht unbegrenzt an diesen Mediziner gebunden sein. Er soll nach den Vorstellungen der AOK vielmehr die Möglichkeit haben, den Hausarzt zu wechseln, wenn das Vertrauensverhältnis aus irgendeinem Grund gestört ist. Solange er bei dem gewählten Arzt bleibt, ist dieser für ihn der erste Ansprechpartner bei allen gesundheitlichen Problemen. Der Hausarzt ist für die in seinem Kompetenzbereich liegenden Behandlungen zuständig, kann und muss aber die Hinzuziehung eines Facharztes empfehlen, wenn es um die Diagnose und Therapie entsprechender Krankheiten und Leiden geht oder der Patient dies wünscht.

Erreicht werden soll dadurch, dass Doppelarbeit vermieden wird und der Hausarzt die Garantie für eine ganzheitliche Sicht der gesundheitlichen Probleme seiner bei ihm eingeschriebenen Patienten übernimmt. Dies ist insbesondere bei chronisch Kranken oder solchen Kranken sinnvoll, die unter verschiedenen Beschwerden leiden. Die nicht koordinierte Diagnose und Therapie durch verschiedene Fachärzte kann in solchen Fällen zu einer teuren und für den Patienten belastenden Mehrfachdiagnose und zu einer unerwünschten Übertherapie führen.

Das Konzept des Hausarzt-Abos schließt aber nicht aus, dass Patienten auch direkt zu Fachärzten gehen, wenn die Art der Beschwerden oder der Behandlung dies nahe legen. Dies kann beispielsweise bei Augen- oder Zahnärzten, bei Gynäkologen oder Hautärzten der Fall sein. Auch bei Notfällen ist der direkte Zugang zu Fachärzten unter Umständen notwendig. Wichtig ist aber auch dann, dass der Hausarzt darüber informiert wird und den Überblick über die Gesamtbehandlung behält, da er sonst seine Rolle als "Lotse" durch das Gesundheitssystem nicht erfüllen kann. Denn diese schließt nicht nur ein, dass die Mehrfachkonsultation verschiedener Fachärzte vermieden wird.

Zu dem angestrebten integrierten Konzept gehört auch, dass der Hausarzt nach Abschluss der akuten Behandlung oder der Entlassung aus dem Krankenhaus einen eventuell erforderlichen Rehabilitationsprozess organisiert. Dabei können auch die Leistungen der übrigen Heil- und Pflegeberufe mit einbezogen werden. Dazu können beispielsweise Massage, Ergotheraphie, Logopädie, Krankengymnastik oder eine psychologische Betreuung gehören. Wenn es erforderlich wäre, müsste der Hausarzt auch die ständige Pflege eines Abonnenten durch ambulante Dienst oder in einem Heim organisieren.

Voraussetzung für ein solches Versorgungssystem ist zunächst, dass sich die Patienten, die sich dafür entscheiden, zu einer Erstkonsultation des Abo-Arztes verpflichten und erst in Absprache mit ihm gegebenenfalls Spezialisten aufsuchen. Weiterhin ist eine enge Kooperation dieser Fachärzte oder der Krankenhäuser mit dem vom Patienten gewählten Hausarzt notwendig. Um seine Aufgabe erfüllen zu können, muss er ständig über den Gesundheitszustand seiner Abonnenten, die Diagnosen und deren Ergebnisse sowie über die angewandten Behandlungsmethoden informiert sein.

Er muss aber nicht nur den Überblick über den Einsatz der medizinischen Mittel haben und gegebenenfalls unkoordinierte Übertherapien verhindern. Er sollte auch derjenige sein, der den Patienten nicht nur als Summe seiner Organe sieht, sondern ihn auch als Persönlichkeit betreut. Das erfordert ein neues Konzept der Honorierung. Dabei darf nicht allein die medizinische Leistung im Vordergrund stehen. Auch die soziale, psychische und pflegerische Betreuung wie die Organisation eines integrierten Behandlungsansatzes durch die verschiedenen Anbieter medizinischer und pflegerischer Leistungen muss angemessen honoriert werden.

Damit sich die Ärzte, die bereit sind, ein solches - zumindest für Deutschland neues -Konzept der ganzheitlichen Versorgung in Modellversuchen zu erproben, auf die neuen Aufgaben einstellen und Erfahrungen austauschen können, sieht das AOK-Konzept die Bildung von "Qualitätszirkeln" vor. In diesen Ärztegruppen sollen die Probleme diskutiert werden, die sich aus einer intensiveren Betreuung der Patienten auch in sozialer und psychischer Hinsicht ergeben. Dies ist bei der Verwirklichung eines solchen Konzepts auch deshalb notwendig, da Ärzte durch ihr Studium auf derartige Aufgaben nicht vorbereitet werden.



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