Chroniker-Regelung
In der Gesundheitswirtschaft:
Mit der so genannten Chroniker-Regelung sollen inzwischen verschiedene gesundheitspolitische Ziele gleichzeitig verfolgt werden. Die Ersteinführung im Zuge des GKV-Modernisierungsgesetzes im Jahr 2004 sollte chronisch kranke Patienten davor bewahren, durch Zuzahlungen und Praxisgebühr finanziell überfordert zu werden (Belastungsgrenze, „Überforderungsklausel“). Während die Versicherten maximal zwei Prozent ihrer jährlichen Bruttoeinnahmen für Zuzahlungen aufwenden müssen, reduziert sich die Belastungsgrenze für Chronisch Kranke auf ein Prozent.
Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) wurde die Chroniker-Regelung als Vehikel identifiziert, die Therapietreue (Compliance) von chronisch Kranken zu sanktionieren. Grundlage dafür war die Erkenntnis, dass die aktive Mitwirkung und Therapietreue der Patienten eine wichtige Voraussetzung für den Therapieerfolg – und damit die entstehenden Behandlungskosten – darstellen.
Im GKV-WSG wurde daraus ein monetärer Anreiz formuliert, an Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen teilzunehmen. Gemäß § 62 SGB V sollten nur noch jene chronisch Kranken von der niedrigeren Belastungsgrenze von einem Prozent profitieren, die in den vorangegangenen Jahren Gesundheitsvorsorgeuntersuchen in Anspruch genommen haben, an einem indikationsbezogenen Managementprogramm (Disease Management Programm) teilgenommen haben oder sich nach ärztlicher Bescheinigung therapiegerecht verhalten haben. Allerdings ist diese Regelung mit Altersgrenzen verbunden: Die Belastungsgrenze von zwei Prozent gilt für chronisch kranke Versicherte, die
• nach dem 1. April 1972 geboren sind und ab dem 1. Januar 2008 die in § 25 Abs. 1 SGB V genannten Gesundheitsuntersuchungen (insbesondere zweijähriger Check-up für über 35-jährige und jährliche Krebsvorsorge für Frauen mit Beginn des 20. Lebensjahres und Männer mit Beginn des 45. Lebensjahres) nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben, sowie für
• nach dem 1. April 1987 geborene weibliche und nach dem 1. April 1962 geborene männliche chronisch kranke Versicherte, die an einer Krebsart erkranken, für die eine Früherkennungsuntersuchung besteht und diese Untersuchung ab 1. Januar 2008 nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde vom Gesetzgeber beauftragt, bis zum 31. Juli 2007 Richtlinien festzulegen, in welchen Fällen Gesundheitsuntersuchungen ausnahmsweise nicht zwingend durchgeführt werden müssen (Ausschlussprinzip). Nach wohl langwierigen Diskussionen innerhalb des G-BA hat dieser am 20. Dezember 2007 in seinen Richtlinien festgelegt, dass der Vertragsarzt durch die Ausstellung einer Bescheinigung bestätigen soll, „dass sich Arzt und Patient über das weitere Vorgehen in Bezug auf eine Therapie verständigt haben und therapiegerechtes Verhalten des Patienten im Sinne der gesetzlichen Anforderungen vorliegt.“
In Bezug auf Vorsorgeuntersuchungen hat es der G-BA abgelehnt, eine Teilnahmepflicht festzuschreiben, da alle bisher bekannten Früherkennungsmethoden neben dem Nutzen- auch ein Schadenspotenzial aufweisen würden. Außerdem sei es schwierig nachzuweisen, dass eine unterlassene Früherkennungsuntersuchung kausal für eine spätere Krankheit verantwortlich sei. Versicherten reicht deshalb der Nachweis einer einmaligen ärztlichen Beratung über Chancen und Risiken der Früherkennung auf Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs (Frauen) und Darmkrebs (Frauen und Männer). Die Beratung muss spätestens zwei Jahre nach Beginn der Anspruchsberechtigung (Frauen ab 20, Männer ab 45) durchgeführt und in einem Formular oder Präventionspass dokumentiert werden.
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