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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Wirkungsabschätzung

Der Begriff der Wirkungsabschätzung wurde im Zuge der Erarbeitung der internationalen Normen für die -Ökobilanzierung geprägt. Die Wirkungsabschätzung ist gemäß der DIN EN ISO 14040 die „Phase der Ökobilanz, die dem Erkennen und der Beurteilung der Größe und Bedeutung von potentiellen Umweltwirkungen eines Produktsystems dient.“ Dabei bezieht sich der Begriff des Produktsystems ausdrücklich auch auf Dienstleistungen. Die Wirkungsabschätzung stellt somit die Verbindung zwischen der Sachbilanz und der Auswertung dar. Die Phasen der Ökobilanzierung werden in folgender Reihenfolge durchlaufen: Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens; Sachbilanz; Wirkungsabschätzung; Auswertung. 1. Ablauf der Wirkungsabschätzung In der DIN EN ISO 14042: 1999-02 ist der Ablauf der Wirkungsabschätzung ausführlich beschrieben. An dieser Stelle soll daher die Vorgehensweise nur im Überblick dargelegt werden. Die Wirkungsabschätzung basiert auf den Informationen, die aus der Sachbilanz hervorgehen. Dabei dient sie dazu, eine Sicht der umwelt- und ressourcenrelevanten Themen zu liefern. Aufgrund der engen Verbindung der Wirkungsabschätzung zu den anderen Bestandteilen einer vollständigen Ökobilanz, einer Umweltbilanz oder eines Umweltmanagementsystems nach -9EMAS oder der DIN EN ISO 14001 ist es erforderlich, diese sorgfältig mit den anderen Bestandteilen abzustimmen, da möglicherweise für die Wirkungsabschätzung erforderliche Informationen in der Sachbilanz nicht ermittelt werden oder die Wirkungsabschätzung nicht alle Informationen bereitstellen kann, welche in der Phase der Auswertung benötigt werden. Die Wirkungsabschätzung besteht aus mehreren Bestandteilen, die in verbindliche und wahlweise Bestandteile unterteilt sind. Die verbindlichen Bestandteile dienen dazu, die Sachbilanzergebnisse in die Wirkungsindikatorergebnisse umzuwandeln. Notwendig ist diese Umwandlung, da die Sachbilanzergebnisse keine Hinweise auf die Umweltwirkungen enthalten, diese aber für eine effektive Planung, Durchführung und Kontrolle von Umweltentlastungsmaßnahmen unerläßlich sind. Die wahlweisen Bestandteile hingegen dienen der Normierung, Ordnung oder Gewichtung der Wirkungsindikatorergebnisse und den Analyseverfahren für die Datenqualität. 2. Die verbindlichen Bestandteile Im ersten Schritt erfolgt die Auswahl der Wirkungskategorien, der Wirkungsindikatoren und Modelle sowie der Wirkungsendpunkte und der Sachbilanzergebnisse, die damit in Verbindung stehen und in der Untersuchung berücksichtigt werden sollen. Das bedeutet, daß in Abstimmung mit den in der ersten Phase festgelegten Zielen und dem Untersuchungsrahmen die Wirkungskategorien festgelegt werden, die zur Erreichung des Ziels und zur Betrachtung des festgelegten Untersuchungsrahmens benötigt werden. Darauf aufbauend werden für jede Wirkungskategorie Wirkungsindikatoren bestimmt, die diese quantitativ repräsentieren. Daran schließt sich die Einteilung der Sachbilanzergebnisse in die Wirkungskategorien an. Hierbei werden für jede zu betrachtende Wirkungskategorie die benötigten Sachbilanzergebnisse ausgewählt und zugeordnet. Im letzten verbindlichen Bestandteil der Wirkungsabschätzung gehen die entsprechend zugeordneten Sachbilanzergebnisse in die Berechnung der Wirkungskategorieergebnisse ein. Die Gesamtheit aller Wirkungskategorieergebnisse heißt Wirkungsabschätzungsprofil und liefert Informationen über die Umweltrelevanz des Ressourcenverbrauchs und der Emissionen, die mit dem betrachteten System in Verbindung stehen. 3. Die wahlweisen Bestandteile Die wahlweisen Bestandteile der Wirkungsabschätzung berücksichtigen Informationen wie bspw. Referenzwerte, die nicht aus der Wirkungsabschätzung stammen. Der erste wahlweise Bestandteil der Wirkungsabschätzung ist die Berechnung der Höhe der Wirkungsindikatorergebnisse im Verhältnis zu einem oder mehreren Referenzwert(en). Dieser als Normierung bezeichnete Bestandteil kommt zum Einsatz, wenn die Konsistenz der Wirkungsindikatorergebnisse geprüft oder Informationen über deren relative Signifikanz bereitgestellt werden sollen. Darüber hinaus ist die Normierung eine wichtige Vorstufe für die Bestandteile Ordnung und Gewichtung sowie evtl. auch für die Phase der Auswertung. Zur Normierung wird ein Wirkungsindikatorergebnis durch einen Referenzwert geteilt. Dadurch wird das Wirkungsabschätzungsprofil verändert. Stehen mehrere Referenzsysteme zur Verfügung, so ist es sinnvoll, mittels einer Sensitivitätsanalyse das geeignete Referenzsystem auszuwählen, da hierdurch die unterschiedlichen Konsequenzen für das Wirkungsabschätzungsprofil deutlich gemacht werden. Die Gesamtheit der normierten Wirkungsindikatorergebnisse heißt normiertes Wirkungsabschätzungsprofil. Der zweite wahlweise Bestandteil ist die Ordnung, die die Wirkungskategorien nach bestimmten Kriterien in eine oder mehrere Klassen einteilt. Sie kann auf zwei verschiedene Arten vorgenommen werden. Einerseits kann die Skala erfolgen, bei der bspw. Emissionen, Ressourcen oder räumliche Maßstäbe herangezogen werden. Andererseits kann eine Rangbildung der Wirkungsindikatoren auf einer ordinalen Skala wie etwa die Ordnung von einer hohen bis hin zur niedrigen Priorität erfolgen. Im Falle der Rangbildung muß auf subjektive, einzelfallspezifische Maßstäbe zurückgegriffen werden, wodurch die Möglichkeit besteht, daß verschiedene Akteure bei denselben Wirkungsindikatorergebnissen eine unterschiedliche Rangbildung vornehmen. Bei der Ordnung ist darauf zu achten, daß sie sich in enger Abstimmung mit den zu Beginn der Untersuchung festgelegten Zielen und dem Untersuchungsrahmen in Übereinstimmung befindet. Der dritte und letzte der wahlweisen Bestandteile ist die Gewichtung, bei der die Wirkungsindikatorergebnisse oder die normierten Wirkungsindikatorergebnisse mit Hilfe von Gewichtungsfaktoren umgewandelt werden. Anschließend an diese Umwandlung kann eine Zusammenfassung der umgewandelten (normierten) Wirkungsindikatorergebnisse über Wirkungskategorien hinweg vorgenommen werden. Zu beachten ist hierbei, daß die Umwandlung und Zusammenfassung aufgrund subjektiver Kriterien geschieht und nicht auf der Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Wie bereits bei der Ordnung muß bei der Umwandlung und Zusammenfassung auf die Abstimmung mit den festgelegten Zielen und dem Untersuchungsrahmen geachtet werden. Und auch bei der Gewichtung ist es möglich, daß verschiedene Akteure auf der Grundlage der selben Wirkungsindikatorergebnisse zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, weshalb bei mehreren zur Auswahl stehenden Gewichtungsverfahren wiederum eine Sensitivitätsanalyse zu empfehlen ist, die Aufschluß über die Konsequenzen der einzelnen Verfahren für die Ergebnisse der Wirkungsabschätzung gibt. Bei allen wahlweisen Bestandteilen, in die subjektive Kriterien einfließen, sollten neben den Wirkungsindikatorergebnissen auch die Ergebnisse der Normierung, Ordnung oder Gewichtung zugänglich gemacht werden, um eine ausreichende Transparenz zu gewährleisten und so die Möglichkeit zu bieten, den vollen Umfang der im Rahmen der Untersuchung ermittelten Informationen zu nutzen. Die bis zu diesem Punkt erhaltenen Ergebnisse der Wirkungsabschätzung auf der Grundlage der verbindlichen und wahlweisen Bestandteile können mit Hilfe weiterer Instrumente daraufhin untersucht werden, ob signifikante Unterschiede existieren oder ob einzelne Ergebnisse vernachlässigbar sind. Dazu werden im Rahmen der Analyse der Datenqualität Fehlerabschätzungen oder Sensitivitätsanalysen durchgeführt, die in der DIN EN ISO 14041 beschrieben sind oder es werden Schwerpunktanalysen vorgenommen, die dazu dienen, die Daten mit dem größten Anteil an dem Wirkungsindikatorergebnis zu identifizieren. 4. Veröffentlichung der Ergebnisse Neben den Anforderungen an die Veröffentlichung von Ergebnissen, die in der DIN EN ISO 14040 und im Rahmen der Festlegung des Ziels, des Untersuchungsrahmens und der Sachbilanz in der DIN EN ISO 14041, gestellt werden, müssen bei der Wirkungsabschätzung zusätzliche Anforderungen beachtet werden. Zunächst einmal müssen die für vergleichende Aussagen herangezogenen Wirkungsindikatoren international anerkannt sein. Darüber hinaus muß in Wirkungsabschätzungen, die für vergleichende Aussagen herangezogen werden, ein ausreichend umfassender Satz von Wirkungsindikatoren verwendet werden. Der Vergleich muß dann Indikator für Indikator vorgenommen werden. Jedoch ist es auch bei Einhaltung dieser Anforderungen nicht zulässig, einen Vergleich nur auf der Grundlage von Wirkungsabschätzungen vorzunehmen, sondern es müssen auch die übrigen Phasen der Untersuchung in den Vergleich mit einbezogen werden. Als letzter wichtiger Aspekt bei der Veröffentlichung ist zu berücksichtigen, daß die oben beschriebene Gewichtung nicht für vergleichende Aussagen herangezogen werden darf. Begründet ist dies insbesondere in der Tatsache, daß hierbei subjektive und einzelfallspezifische Grundannahmen getroffen werden. Bericht Wird über die Wirkungsabschätzung ein Bericht für Dritte erstellt, so muß dieser bestimmte Inhalte aufweisen, die in der DIN EN ISO 14042 ausführlich erläutert sind und daher an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden. Über diese Anforderungen hinaus gibt die DIN EN ISO 14042 auch einen Kanon an Themen vor, die behandelt werden müssen, wenn die Ergebnisse der Wirkungsabschätzung im Rahmen eines Vergleichs veröffentlicht werden. Auch auf diese Punkte sei an dieser Stelle lediglich hingewiesen, da eine adäquate Beschreibung den hier gesteckten Rahmen weit sprengen würde. Einbindung in andere Instrumente des Umweltmanagements Wie bereits beschrieben, basiert die Wirkungsabschätzung auf Stoff- und Energieflußdaten. Daraus ergibt sich, daß die Wirkungsabschätzung einerseits natürlich im Rahmen einer Ökobilanz eingesetzt werden kann, wie es auch in den DIN EN ISO 14040 ff. beschrieben ist. Die Wirkungsabschätzung kann jedoch auch in anderen Zusammenhängen als Instrument zur Einschätzung der Ergebnisse einer Stoff- und Energieflußanalysen und zum besseren Verständnis der mit den Stoff- und Energieflüssen in Zusammenhang stehenden Umweltwirkungen benutzt werden. Dabei ist insbesondere an den Einsatz im Rahmen der Umweltbilanzen zu denken, in deren Verlauf eine Sachbilanz erstellt wird, wodurch eine ideale Grundlage für die weitere Informationsaufbereitung durch eine Wirkungsabschätzung gegeben ist. Des weiteren besteht ein großes Einsatzgebiet innerhalb der Umweltmanagementsysteme nach DIN EN ISO 14001 bzw. gemäß EMAS. Hierbei wird ausdrücklich die Bewertung der Umweltwirkungen gefordert. Bisher erschöpft sich dieser Teil der Umweltmanagementsysteme aufgrund der aufwendigen Vorgehensweise bei Wirkungsabschätzungen in einer reinen Darlegung der Stoff- und Energieflußmengen. Das bedeutet also, daß die Wirkungen der einzelnen Stoffe und Energien auf die Umwelt nicht betrachtet werden. Für eine verläßlichere Planung von Umweltmaßnahmen, gerade im Hinblick auf eine Maximierung der Umweltentlastungseffekte bei gleichzeitiger Minimierung des finanziellen Aufwandes, ist es jedoch unerläßlich, die Wirkungen der „Stoff- und Energieaustauschbeziehungen“ zu kennen und mittels einer Wirkungsabschätzung zu entscheidungsrelevanten Informationen zu verdichten. In all diesen Zusammenhängen kann die Wirkungsabschätzung jenseits ihrer ursprünglichen Bestimrnung, dem Einsatz im Rahmen der Ökobilanzierung gemäß der DIN EN ISO 14042, als wertvolles Instrument zur Aufbereitung und Zusammenfassung der Informationen über die Umweltrelevanz des betrachteten Systems eingesetzt werden. Sie trägt in diesen Fällen dazu bei, die Informationen aus der Stoffund Energieflußanalyse derart aufzubereiten und zu aggregieren, daß sie als komprimierte und dennoch aussagekräftige Entscheidungsgrundlage für die Planung von Umweltschutzmaßnahmen oder als Basis für die Darlegung der Umweltentlastungseffekte bereits umgesetzter Maßnahmen dienen können. Probleme bei der Umsetzung und Einschränkungen Durch strikte Trennung der einzelnen Wirkungskategorien und deren sie repräsentierenden Wirkungsindikatoren voneinander, wird einerseits die Möglichkeit außer acht gelassen, daß mehrere Wirkungsmechanismen und damit mehrere Wirkungsindikatoren für die Beschreibung ein und derselben Wirkungskategorie nötig sein könnten. Andererseits bleibt die gegenseitige Beeinflussung der emittierten Stoffe untereinander unberücksichtigt, indem lediglich die einzelnen Emissionsmengen rnit für sie spezifischen Faktoren verrechnet werden und zu dem Wirkungsindikatorergebnis summiert werden. Wird die Wirkungsabschätzung in der Art durchgeführt, wie es hier beschrieben wird, so bedeutet dies, daß lediglich die Wirkungen auf die Umwelt in die Betrachtung einbezogen werden, die in der Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens aufgeführt sind. Das bedeutet aber, daß nicht alle Wirkungen auf die Umwelt berücksichtigt werden. die von dem betrachteten Untersuchungsgegenstand ausgehen. Es kann daher der Fall eintreten, daß wesentliche Wirkungen außer acht gelassen werden. Dies ist auf die subjektive Auswahl der zu betrachtenden Wirkungskategorien zurückzuführen. Dasselbe Problem besteht bei allen weiteren Sachschritten, bei denen subjektive Entscheidungen gefällt werden. Dazu gehören die Auswahl der Wirkungsindikatoren, die die einzelnen Wirkungskategorien repräsentieren, sowie die Ordnung und die Gewichtung. Eine weitere Einschränkung kann darin bestehen, daß die zugrundeliegenden Umweltwirkungsmechanismen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort entsprechen und daher die ermittelten Wirkungsindikatorergebnisse das Maß der Umweltwirkungen unkorrekt wiedergeben. Dies beruht vor allem darauf, daß die Wirkungsmechanismen von vielen Faktoren abhängen, die wiederum in jeder Umgebung unterschiedlich sind. So hängt etwa die Freisetzung von Protonen, die zur Versauerung beitragen, davon ab, welche anderen Stoffe sich noch in dem jeweiligen Medium befinden (puffernde oder basische Substanzen, etc.). Die Ergebnisse einer Wirkungsabschätzung dürfen demzufolge nicht vorbehaltlos als Entscheidungsgrundlage verwendet werden. Vielmehr müssen die hier aufgeführten Schwachpunkte bei der Entscheidungsfindung mit berücksichtigt werden. Weiterführende Literatur: Braunschweig, A./ Müller- Wenk, R.: Ökobilanzen für Unternehmen. Eine Wegleitung für die Praxis, Bern/Stuttgart/Wien 1993; Böning, J.- A.: Methoden betrieblicher Ökobilanzierung, Marburg 1994; DIN Deutsches Institut für Normung e. V.: EN ISO 14040. Environmental Management. Life Cycle Assessment. Principles and Framework ISO 14040, Berlin, o. J.; DIN Deutsches Institut für Normung e. V.: EN ISO 14041. Environmental management. Life cycle assessment. Goal and scope definition and life cycle inventory analysis, Berlin 1997; DIN Deutsches Institut für Normung e. V.: EN ISO 14042. Environmental management. Life cycle Assistent. Life cycle impact assessmen, Berlin 1999.



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