Umweltschutztechnik
Umweltschutztechnik als interdisziplinäre praxisorientierte Aufgabe zur Erhaltung natürlicher -Ressourcen umfaßt im weiten Sinne die Bestandsaufnahme und Bewertung einer Problemsituation, die Entwicklung von Geräten und Verfahren für die Durchführung von Maßnahmen zur zeitweiligen oder endgültigen Problemlösung, sowie die Konzepte und das Instrumentarium für eine langfristige Sicherung bzw. Überwachung (Nachsorge). „Umwelttechnik“ als Ingenieuraufgabe konzentriert sich auf die zentralen Problemlösungen bei der Begrenzung und Reparatur von Umweltschäden.
Für den praktischen Einsatz dieser Methoden sind neben dem technisch-ökonomischen Entwicklungsstand vor allem gesetzliche Regelungen maßgebend.
Dies gilt insbesondere für die nachgeschalteten („end-of-pipe“) Technologien zur Abwasserbehandlung und -Abgasreinigung; hier und auf den Gebieten der Trinkwasseraufbereitung, thermischen Abfallbehandlung und Bodensanierung gehören deutsche Firmen zu den weltweit führenden Anbietern (der nationale Markt für diese Techniken besitzt ein Volumen von etwa 100 Mrd. DM). Es besteht jedoch nach wie vor großer Forschungs- und Entwicklungsbedarf auf den Gebieten der Umweltsystemtechnik und des produktionsintegrierten Umweltschutzes.
Diese Verfahren und Technologien ermöglichen u. a. (1) eine Vermeidung und Verminderung von Abfällen innerhalb eines Produktionsprozesses, (2) die Verwertung von Abfällen und Energien in anderen Produktionen innerhalb des eigenen Produktionsbetriebes sowie (3) eine recyclinggerechte Auswahl von Materialien und Verfahren zur Vermeidung von nichtverwertbaren Produktionsabfällen. Integrierte Umwelttechnik ist grundsätzlich überlegen, da sie definitionsgemäß an den eigentlichen Quellen von Umweltbelastungen, dem Energie- und Stoffeinsatz, ansetzt und diese effizienter gestaltet.
Die Fachgebiete des technischen Umweltschutzes gründen sich auf traditionellen Ingenieurdisziplinen des Maschinenbaus, des Bauwesens und der Verfahrenstechnik.
Umweltschutztechnik im Betrieb verbindet die auf Emissionskontrolle und Ressourceneinsparung ausgerichteten Entwicklungen in der Verfahrenstechnik und im Maschinenbau mit sozioökonomischem Fachwissen. Umweltschutztechnik im Bauwesen, mit dem früher dominierenden „Siedlungswasserbau“, wurde um den Bereich der Abfallwirtschaft erweitert - vom Sammeln des Abfalls bis hin zur Deponietechnik; ein anderes Tätigkeitsfeld hat sich aus dem Städtebau und der Architektur herausgebildet und gilt der Umweltplanung in Verdichtungsräumen („Stadtökologie“) und der breiten Thematik des „ökologischen Bauens“. Umweltverfahrenstechnik befaßt sich im weitesten Sinne mit der Reinigung von Wasser, Boden und Luft; der „verfahrensinterne Umweltschutz“ umfaßt die Reinigungsvorrichtungen (ansetzend an den Rohstoffen, den Zwischenprodukten oder am Ende des Produktionszyklus), den Austausch bzw. die Neueinführung von Prozeßeinheiten und Apparaten, die Einstellung optimaler Prozeßbedingungen und insbesondere die Schaffung von Kreislaufprozessen.
Mechanische Grundoperationen („unit operations”) spielen eine wichtige Rolle bei der Aufbereitung von Gebrauchsgütern, die in den Ebenen „Logistik“, „Demontage“, „Grobaufschluß“, „Trenn- und Sortiertechnik“, „Feinaufbereitung“, „Materialrecycling sortenreiner Schrotte“ und „Reststoffverwertung“ abläuft. Chemische Grundverfahren („unit processes”) bilden die Basis der umweltbezogenen Problemlösungen bei der Wasser- und Abgastechnologie sowie bei der Behandlung von kontaminierten Böden, Schlämmen und festen Abfallstoffen. Die Prozeßleittechnik überwacht technische Abläufe und koordiniert die Energie- und Stoffströme; die Meß- und Regeltechnik wird u. a. für die Dosierung von Prozel3chemikalien und für die Steuerung von Reaktoren eingesetzt.
Für die künftigen Strategien der Umweltschutztechnik gilt das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Den analytischen Rahmen bilden die Konzepte der „Dematerialisierung, die Verringerung des Verbrauchs an Material und an eingelagerter Energie vorrangig am Beginn eines Produktlebenszyklus, und des „industriellen Stoffwechsels“ unter besonderer Beachtung der dissipativen Materialverluste an die Umwelt (vor allem von biologisch aktiven Stoffen, die die Phase der Nutzung relativ rasch durchlaufen). Bei den herausragenden gegenwärtigen Wachstumsbereichen und den sog. Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts handelt es sich durchweg um rohstoffarme Produktionen („Miniaturisierung“).
Als Beispiele für innovative Schwerpunktbereiche der Umweltschutztechnik sind die Energietechnik und die Biotechnologie genannt. Bei der Umweltbioverfahrenstechnik handelt es sich um einen Forschungs- und Anwendungsbereich, der die klassischen mikrobiologischen und biochemischen Kenntnisse über Mikroorganismen nutzt und diese mit verfahrenstechnischem Wissen zum Schutz der Umwelt meistens in Mischkulturen unter unsterilen Bedingungen kombiniert. Beispielsweise läßt sich mit Hilfe adaptierter Bakterien relativ kostengünstig eine in situ-Behandlung von kontaminierten Böden und Grundwässern durchführen. Energie- und materialsparende methodische Ansätze sind die Trennverfahren mit Membrantechnik und die Verbundverfahren, mit denen in der chemischen Industrie eine bessere Ausnutzung der sog. Kuppelprodukte angestrebt wird. Einsparungen an Baumaterial und Prozeßchemikalien bei einem gleichzeitigen Gewinn an Langzeitsicherheit lassen sich durch die Auswahl geeigneter Milieubedingungen bzw. naturnaher Zuschlagsstoffe für die Ablagerung nicht verwertbaren Restmülls bzw. von Massenabfällen erreichen („Ingenieurgeochemie“).
Weiterführende Literatur
Bank, M.: Basiswissen Umwelttechnik. 3. Aufl., Würzburg 1995; Brauer, H. (Hrsg.): Handbuch des Umweltschutzes und der Umweltschutztechnik, Bd. 2: Produktions-und produktintegrierter Umweltschutz, Berlin/ Heidelberg 1996; Förstner, U.: Umweltschutztechnik, 5. Aufl., Berlin/ Heidelberg 1995; Kunz, P.: Umwelt-Bioverfahrenstechnik. Braunschweig/ Wiesbaden 1992.
<< vorhergehender Fachbegriff |
|
nächster Fachbegriff >> |
|
|
|
|