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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Prokura / Prokurist

Die Prokura ist eine vom Inhaber oder Geschäftsführers eines Unternehmens erteilte Vollmacht, die dazu berechtigt, alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte im Namen des Unternehmens zu tätigen. Der Bevollmächtigte darf dabei alle Geschäfte durchführen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Die einem Arbeitnehmer erteilte Prokura wird ins Handelsregister eingetragen.

Die Größe eines Unternehmens kann es mit sich bringen, dass nicht mehr alle Rechtsgeschäfte von der Geschäftsführung allein durchgeführt werden können. In einem solchen Fall müssen entweder weitere Geschäftsführer bestellt werden oder es müssen Mitarbeiter Vollmachten erteilt werden, die es ihnen erlauben, bestimmte Geschäfte rechtsverbindlich zu tätigen. So wäre es beispielsweise für Unternehmen in der Größenordnung von Siemens oder Daimler Benz AG nicht möglich, dass der Vorstand alle Geschäfte eigenhändig durchführt. In solchen Unternehmen werden einer Vielzahl von Mitarbeitern Vollmachten erteilt, die es ihnen ermöglicht, die in ihrem Bereich anfallenden Geschäfte selbständig durchzuführen.

Bei den erteilten Vollmachten unterscheidet man je nach Art und Umfang der Geschäfte, die der Beschäftigte tätigen darf zwischen Handlungsvollmacht und Prokura. Die Prokura ist weit umfangreicher als die Handlungsvollmacht. Im Gegensatz zur Handlungsvollmacht erlaubt die Prokura ihrem Inhaber, weitgehend alle Rechtsgeschäfte im Namen des Unternehmens zu tätigen, die ein Handelsgewerbe mit sich bringt. Die wenigen Rechtsgeschäfte, die ein Prokurist nicht rechtsverbindlich für das Unternehmen durchführen darf, werden im Handelsgesetzbuch (HGB) aufgeführt. Ausnahmen bestehen lediglich bei der Belastung oder Veräußerung von Betriebsgrundstücken. Hierzu benötigt der Prokurist eine gesonderte Vollmacht vom Inhaber oder Geschäftsführer des Unternehmens.

Die Prokura muss dem Beschäftigten ausdrücklich durch den Inhaber der Gesellschaft oder dessen gesetzlichen Vertreter erteilt werden. Welcher der Gesellschafter im einzelnen der Bevollmächtigung zustimmen muss, hängt von der jeweiligen Rechtsform der Gesellschaft ab. Bei einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) müssen alle Gesellschafter der Erteilung der Prokura zustimmen. Bei einer Kommanditgesellschaft muss lediglich der Komplementär zustimmen. Ist die Prokura erteilt und vom Bevollmächtigten angenommen worden, muss die Eintragung in das Handelsregister erfolgen. Die Prokura erhält mit dem Eintrag in das Handelsregister öffentlichen Glauben.

Eine Beschränkung der Prokura ist lediglich im Innenverhältnis möglich. Im Außenverhältnis gilt diese Einschränkung nicht, da sie auch aus dem Handelsregister nicht ersichtlich ist. Dies bedeutet, dass der Geschäftsinhaber seinem Prokuristen zwar bestimmte Rechtshandlungen, die mit dem Unternehmen in Zusammenhang stehen, verbieten kann. Sollte der Prokurist diese Rechtshandlungen aber trotzdem durchführen, so behält das Rechtsgeschäft gegenüber Dritten seine Gültigkeit. Dem Geschäftsinhaber bleibt dann nur die Möglichkeit, den Prokuristen gerichtlich zu belangen.

Nach außen lässt das Gesetz lediglich zwei Einschränkungen der Prokura zu:

  • die Gesamtprokura und
  • die Filialprokura.

Gesamtprokura bedeutet, dass die Vollmacht mehreren Personen gemeinsam erteilt wird. Jede der Personen benötigt zum Abschluss von Rechtsgeschäften die Unterschrift von einer der anderen Personen. Ein Rechtsgeschäft wird also erst dann gültig, wenn zwei Bevollmächtigte unterschrieben haben. Welcher Prokurist mit welchem anderen Beschäftigten zusammen unterschreiben darf, damit das jeweilige Rechtsgeschäft Gültigkeit erhält, wird bei der Erteilung der Prokura festgelegt. Die möglichen Kombinationen müssen ins Handelsregister eingetragen werden. Es ist dabei nicht notwendig, dass die zweite Unterschrift immer von einem Prokuristen stammt. Es kann auch bestimmt werden, dass ein Handlungsbevollmächtigter mit unterschreibt.

Eine Filialprokura gilt nur für den Betrieb einer bestimmten Niederlassung eines Unternehmens. Der Prokurist darf nur Geschäfte tätigen, die mit dem Betrieb dieser speziellen Filiale zu tun haben. Für alle anderen Filialen gilt die Prokura nicht. Die Form der Filialprokura kommt häufig im Bankgewerbe vor. Auch die Einschränkung der Prokura in Form der Filialprokura muss ins Handelsregister eingetragen werden.

Die Prokura kann jederzeit vom Inhaber oder Geschäftsführer des Unternehmens widerrufen werden. Die Prokura erlischt automatisch bei Ausscheiden des Prokuristen aus dem Unternehmen. Die Prokura erlischt dagegen nicht beim Tode des Inhabers oder Geschäftsführers.

Das Handelsgesetz bestimmt, dass der Prokurist bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts im Namen des Unternehmens seine Unterschrift mit einem Zusatz versieht, der auf die Prokura schließen lässt. Oft setzen Prokuristen hierzu vor ihre Unterschrift den Zusatz ppa. oder pp.

Art, Umfang und Möglichkeiten der Prokura werden im Handelsgesetzbuch in den Paragraphen 48 bis 53 geregelt.



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