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Prinzipal-Agenten-Theorie

Eine einleuchtende Erklärung des Prinzipal-Agenten-Ansatzen, auch Principal-Agent-Theory genannt, bieten Pratt/Zeckhauser (1985): "Whenever one individual depends on the action of another, an agency relationship arises. The individual taking the action is called the agent. The affected party is the principal."

D.h., die in der Prinzipal-Agenten-Theorie untersuchten Beziehungen sind durch eine asymmetrischer Informationsverteilung zwischen den beteiligten Partnern gekennzeichnet.
Der Agent hat dabei gegenüber dem Prinzipal einen Informationsvorsprung.
Um Aufgaben nicht selbst zu erledigen, überträgt der Prinzipal Aufgaben und Entscheidungskompetenzen auf den Agenten. Die Handlungen des Agenten beeinflussen daher nicht nur sein eigenes Nutzenniveau, sondern auch das des Prinzipals. Ziel des Ansatzes ist es, durch ein Arragement von richtig gesetzten Anreizen, den Agenten dazu zu bewegen, im Interesse seines Prinzipals zu handeln. Da die Interessen des Prinzipals meist denen des Agenten entgegenstehen, bedarf es gezielter Anreizmechanismen, wie z.B. die performanceorientierte Bezahlung von Managern. In diesem Beispiel sind die Anteilseigner, also die Aktionäre, die Prinzipale, deren Interessen in der Shareholder Value Maximierung liegen. Die Interessen der Agenten, der Manager, die Entscheidungen treffen und eine bessere Informationsbasis besitzen, liegen etwa in der möglichst stressfreien Absolvierung ihrer Aufgaben. Somit könnten sie nicht risikobewusst genug vorgehen bzw. Investitionen mit zu geringer Rendite tätigen, etc. Sind die Manager also nicht ebenso wie die Anteilseigner finanziell beteiligt an etwaigen Sharholder Value Steigerungen, so werden sie dies nicht zu ihrer ersten Prioriät erklären, wie das die Anteilseigner aber tun. Daher wird die performanceorientierte Bezahlung in Form von variablen Gehaltsanteilen, die an Umsatz, Ergebnis oder Rendite gebunden sind, eingesetzt, um die Interessen von Managern und Anteilseignern deckungsgleich zu machen. In Folge handeln die Manager so, wie die Anteilseigner selbst gehandelt hätten.
Die Entwicklung eines derartigen anreizeffizienten institutionellen Arrangements, das es dem Prinzipal ermöglicht, den mit einem Informationsvorsprung ausgestatteten Agenten in SEINEM EIGENEN Sinne handeln zu lassen, ist Ziel der Prinzipal-Agenten-Theorie.



Andere klassische Beispiele für Prinzipal-Agenten-Beziehungen sind:


Dabei können die Rollen durchaus im Laufe einer Beziehung auch wechseln.
Beispielsweise ist bei einer Wertkettenkooperationen in der Automobilindustrie der Hersteller von der Belieferung mit qualitativ und quantitativ einwandfreien Vorprodukten abhängig. Der Zulieferer ist hingegen auf die zuverlässige Zahlungsbereitschaft der Automobilproduzenten angewiesen.
Es gilt diese Zulieferbeziehung in ein effizientes institutionelles Arrangement einzubetten, innerhalb dessen die beschriebenen Agency-Probleme minimiert werden. Beispielsweise sind Rückgaberechte, vertragliche Sanktionsmöglichkeiten in Form von Geldstrafen oder Abnahmegarantien denkbar.

Worauf beruhen Agency-Probleme?

Agency-Probleme beruhen zum einen auf der unvollständigen Information der Individuen.
Ähnlich der Annahme der beschränkten Rationalität in der Transaktionskostentheorie verbirgt sich hinter der unvollständigen Information die Unfähigkeit, eine Situation in allen Einzelheiten und Konsequenzen zu erfassen.
Zum anderen liegt die Annahme zugrunde, dass jedes Individuum seinen individuellen Nutzen maximieren möchte, u.U. sogar unter Inkaufnahme der Schädigung Anderer. Anders als in der Transaktionskostentheorie fällt in der Prinzipal-Agent-Theorie eigennütziges oder strategisches Handeln nicht pauschal unter den Begriff des Opportunismus, sondern wird hinsichtlich der ihr zugrunde liegenden Informationsasymmetrie unterschieden.

Drei Arten asymmetrischer Informationsverteilung lassen sich voneinander abgrenzen:


Zur Überwindung der aus asymmetrischer Informationsverteilung resultierenden Verhaltensunsicherheiten und damit einhergehenden Wohlfahrtsverluste sind institutionelle Arrangements zu schaffen, wie anreizkompatible Verträge, Investition nach Meilensteinen, etc.

Die dabei entstehenden Kosten für die Überwindung von Informationsasymmetrien werden Agency Costs genannt.

Ziel der Principal-Agent-Theorie ist es daher, durch geeignete institutionelle Arrangements bestehende Anreizproblematiken agencykostenminimierend zu lösen.

Die Agency Costs setzen sich dabei zusammen aus

  • Signalisierungskosten des Agenten,

  • Steuerungs- und Kontrollkosten des Prinzipals und einem

  • residualen Wohlfahrtsverlust.

Der Wohlfahrtsverlust resultiert daraus, dass Spezialisierungsvorteile nicht optimal genutzt werden.

Alle Aktionen des Agenten nach Vertragsabschluss, die den Interessen des Prinzipals zuwider laufen, werden auch unter dem Begriff Moral Hazard zusammengefasst.

Literatur:
Pratt J. W./Zeckhauser R. J. (1985): Prinzipals and Agents: The Structure of Business, Boston, Massachusetts, Harvard Business School Press.



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