Orphan Drugs
In der Gesundheitswirtschaft:
Mit dem Begriff Orphan Drugs (Orphan: englisch für Waisenkind) werden Arzneimittel für seltene Leiden bezeichnet, die lebensbedrohlich oder schwerwiegend sind und für die bisher keine oder keine zufrieden stellenden Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Der begriff Orphan Drug entstand mit dem amerikanischen Orphan Drug Act aus dem Jahre 1983.
In der Europäischen Union (EU) kann bei der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen eine Ausweisung als Orphan Drug beim zuständigen Ausschuss für Arzneimittel für seltene Leiden (COMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA = European Medicine Agency) in London beantragt werden. Voraussetzungen für die Gewährung dieser Ausweisung sind eine sehr kleine mögliche Patientenzahl (weniger als fünf Betroffene pro 10.000 EU-Bürger) oder die fehlende Möglichkeit, das Arzneimittel unter Marktbedingungen wirtschaftlich vertreiben zu können.
Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Zulassungsverfahren wird bei vorher erteilter Ausweisung als Orphan Drug eine Marktexklusivität von zehn Jahren für das Arzneimittel gewährt. Die entsprechenden arzneimittelrechtlichen Rahmenbedingungen regelt die EU-Verordnung (EG) 141/2000.
Obwohl sich die technischen Möglichkeiten zur Erforschung von Medikamenten für derartige Erkrankungen (es sind bisher 5000 seltene Krankheiten identifiziert) gerade in den letzten Jahren enorm verbessert haben und deutlich mehr Forschungsaktivität in diesem wichtigen Bereich in Deutschland möglich wäre, rechnen sich diese Entwicklungen wegen der kleinen Marktvolumina unter regulären Marktbedingungen für Unternehmen ökonomisch nicht. Eine Amortisierung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung kann unter Marktbedingungen nicht erreicht werden. Von daher bedarf es für die Entwicklung von Orphan Drugs besonderer Erleichterungen (EU „Orphan medical programme“ 141/2000).
Durch dieses Programm kam es im Zeitraum von 2000 bis 2005 zu 458 Anträgen auf Orphan-Drug Status, aus welchen 23 (Stand 07/2005) neue Orphan Drugs innerhalb der EU hervorgingen. Diese Arzneimittel können zur Behandlung von 20 lebensbedrohlichen Krankheiten (z. B.: Morbus Gaucher, Morbus Wilson, Hurler-Pfaundler Krankheit) herangezogen werden, für die es zuvor keine adäquaten Therapiemöglichkeiten gab.
Bei seltenen Krankheiten (Bsp. Kinderonkologie) werden Medikamente oftmals jenseits ihrer zugelassenen Indikation eingesetzt; hier spricht man vom so genannten Off-label-use. Um Ärzten dafür eine wissenschaftliche Erkenntnisbasis zu schaffen, sind klinische Studien notwendig. Diese werden manchmal nicht von Arzneimittelherstellern initiiert und bezahlt. In solchen Fällen entstand bislang ein Problem, wer die Arzneimittel in Studien finanziert. Nach dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) sollen dafür in den nichtkommerziellen Studien die Krankenkassen zuständig werden.
Auch in anderen Ländern bzw. Regionen, so etwa den USA, Japan, Singapur und Australien, gibt es ähnliche Regelungen zu Orphan Drugs.
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