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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Kognitive Dissonanz

ist der nach einer gefällten Entscheidung (speziell Kaufentscheidung) auftretende Zweifel über deren Richtigkeit. Das Produkt wird nicht so »erlebt«, wie man sich das erhofft hatte, es beginnt eine Rechtfertigungsbemühung mit betont verstandesmäßigen Argumenten. Beispiel: Kauf einer Waschmaschine. Danach wird festgestellt, daß ein anderes Produkt bei gleicher Leistung wesentlich billiger ist. Daraufhin redet man sich ein, daß die eigene Maschine eine ungleich bessere Qualität habe. Die von Leon Festinger formulierte Hypothese, das Individuum strebe nach einem möglichst stabilen seelischen Gleich­gewicht und nach Konsonanz von Wissen, Den­ken, Wahrnehmen, Empfinden und Handeln. Da­her löse die Unvereinbarkeit und Widersprüch­lichkeit (Dissonanz) einzelner oder mehrerer ko­gnitiver Elemente einen wie eine psychische Sanktion wirkenden Spannungszustand aus, der zur kompensatorischen Veränderung der Disso­nanz führt: Das Individuum versucht, die Disso­nanz zu reduzieren, indem es entweder seine Einstellungen und Überzeugungen anpaßt oder Situationen vermeidet, in denen Dissonanz entsteht bzw. bestärkt oder gefördert wird. Fe-stinger selbst nahm an, Dissonanz könne nach Konfrontation mit inkonsistenten Informationen auf drei Wegen reduziert werden: 1. durch Ände­rung eines oder mehrerer Elemente in einer dis­sonanten Beziehung, 2. durch Hinzufügung kon­sonanter Elemente und 3. durch Reduktion der Wichtigkeit der Elemente in einer dissonanten Beziehung bis hin zum Vergessen. Vor allem in Entscheidungsprozessen, in denen das persönliche Verhalten des Managers eine entscheidende Rolle spielt, können kognitive Dis­sonanzen auftreten. In der Praxis manifestiert sich die kognitive Dissonanz vielfach in einem ri­sikoscheuen, verzögernden, nach Identität und Parallelen suchenden Entscheidungsverhalten: Der Entscheider verharrt bereits in der ersten Phase des Entscheidungsprozesses und wendet viel Mühe auf, um alle eventuellen Folgen der Entscheidung abzusichern. Oft führt dieses Ver­halten zu Teilentscheidungen, d.h. der Entscheider tastet sich absichernd schrittweise in den Entscheidungsvollzug. Das führt zu zeitlichen Verzögerungen und zu mangelhafter Transpa­renz des gesamten Entscheidungsprozesses. Die Theorie der kognitiven Dissonanz unterstellt, dass Individuen in ihrem Kommunikationsverhal­ten nach Informationen suchen, die ihre beste­henden Einstellungen, Meinungen und sonstigen Verhaltensaspekte bestätigen und verstärken und dass Dissonanz dabei Abwehrkräfte zur Dis­sonanzreduktion aktiviert. Der Spannungsabbau kann z.B. durch die Suche nach neuen, das eige­ne Verhalten rechtfertigenden Informationen oder durch Abwertung entgegenstehender Infor­mationen vor sich gehen. Beim - Konsumentenverhalten wird so insbe­sondere das störende Eingeständnis eines über­eilten, unvernünftigen Kaufs in der Nachkaufsi­tuation dadurch vermieden, dass der Käufer den Aspekt der Dringlichkeit des Kaufs überbewertet und damit vor sich selbst rechtfertigt. Vor allem bei höhenwertigen Gebrauchsgütern erreicht der Käufer ein Maximum der Unzufriedenheit nach dem Kauf (postdecisional regret), wenn er sich die Vorteile der nichtgekauften Waren vor Augen führt. Es setzt dann ein intensives Suchverhalten ein, durch das er nachträgliche Rechtfertigung für seine Kaufentscheidung zu finden versucht. Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass Dissonanzen um so wahrscheinlicher auftre­ten und ihr Ausmass um so größer ist, · je größer die Zahl der Kaufalternativen ist · je größer die Attraktivität der zurückgewiese­nen Alternativen ist · je mehr sich die Kaufalternativen ähneln · je stärker die Kaufmuster vom bisherigen Ver­halten abweichen und · je freiwilliger und ohne äußeren Druck der Kauf getätigt wurde. Während Festinger allein von der lnkonsistenz zweier zueinander in einer relevanten Beziehung stehender   Kognitionen ausging, wurden in späteren Modifikationen der Theorie zusätzlich das Engagement (commitment) und die Freiwil­ligkeit (volition) als neue differenzierende Varia­blen eingeführt, die über die Stärke der dissonan­ten Einflüsse entscheiden. Nach der von Morris J. Rosenberg formulierten Theorie der affek­tiv-kognitiven Konsistenz hängen die Disso­nanzstärke und der Druck zur Dissonanzreduktion vor allem von der affektiven Besetzung der dissonanten Kognition ab.



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