Kognitive Dissonanz
ist der nach einer gefällten Entscheidung (speziell Kaufentscheidung) auftretende Zweifel über deren Richtigkeit. Das Produkt wird nicht so »erlebt«, wie man sich das erhofft hatte, es beginnt eine Rechtfertigungsbemühung mit betont verstandesmäßigen Argumenten. Beispiel: Kauf einer Waschmaschine. Danach wird festgestellt, daß ein anderes Produkt bei gleicher Leistung wesentlich billiger ist. Daraufhin redet man sich ein, daß die eigene Maschine eine ungleich bessere Qualität habe.
Die von Leon Festinger formulierte Hypothese, das Individuum strebe nach einem möglichst stabilen seelischen Gleichgewicht und nach Konsonanz von Wissen, Denken, Wahrnehmen, Empfinden und Handeln. Daher löse die Unvereinbarkeit und Widersprüchlichkeit (Dissonanz) einzelner oder mehrerer kognitiver Elemente einen wie eine psychische Sanktion wirkenden Spannungszustand aus, der zur kompensatorischen Veränderung der Dissonanz führt: Das Individuum versucht, die Dissonanz zu reduzieren, indem es entweder seine Einstellungen und Überzeugungen anpaßt oder Situationen vermeidet, in denen Dissonanz entsteht bzw. bestärkt oder gefördert wird. Fe-stinger selbst nahm an, Dissonanz könne nach Konfrontation mit inkonsistenten Informationen auf drei Wegen reduziert werden:
1. durch Änderung eines oder mehrerer Elemente in einer dissonanten Beziehung,
2. durch Hinzufügung konsonanter Elemente und
3. durch Reduktion der Wichtigkeit der Elemente in einer dissonanten Beziehung bis hin zum Vergessen.
Vor allem in Entscheidungsprozessen, in denen das persönliche Verhalten des Managers eine entscheidende Rolle spielt, können kognitive Dissonanzen auftreten. In der Praxis manifestiert sich die kognitive Dissonanz vielfach in einem risikoscheuen, verzögernden, nach Identität und Parallelen suchenden Entscheidungsverhalten: Der Entscheider verharrt bereits in der ersten Phase des Entscheidungsprozesses und wendet viel Mühe auf, um alle eventuellen Folgen der Entscheidung abzusichern. Oft führt dieses Verhalten zu Teilentscheidungen, d.h. der Entscheider tastet sich absichernd schrittweise in den Entscheidungsvollzug. Das führt zu zeitlichen Verzögerungen und zu mangelhafter Transparenz des gesamten Entscheidungsprozesses. Die Theorie der kognitiven Dissonanz unterstellt, dass Individuen in ihrem Kommunikationsverhalten nach Informationen suchen, die ihre bestehenden Einstellungen, Meinungen und sonstigen Verhaltensaspekte bestätigen und verstärken und dass Dissonanz dabei Abwehrkräfte zur Dissonanzreduktion aktiviert. Der Spannungsabbau kann z.B. durch die Suche nach neuen, das eigene Verhalten rechtfertigenden Informationen oder durch Abwertung entgegenstehender Informationen vor sich gehen.
Beim - Konsumentenverhalten wird so insbesondere das störende Eingeständnis eines übereilten, unvernünftigen Kaufs in der Nachkaufsituation dadurch vermieden, dass der Käufer den Aspekt der Dringlichkeit des Kaufs überbewertet und damit vor sich selbst rechtfertigt. Vor allem bei höhenwertigen Gebrauchsgütern erreicht der Käufer ein Maximum der Unzufriedenheit nach dem Kauf (postdecisional regret), wenn er sich die Vorteile der nichtgekauften Waren vor Augen führt. Es setzt dann ein intensives Suchverhalten ein, durch das er nachträgliche Rechtfertigung für seine Kaufentscheidung zu finden versucht. Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass Dissonanzen um so wahrscheinlicher auftreten und ihr Ausmass um so größer ist,
· je größer die Zahl der Kaufalternativen ist
· je größer die Attraktivität der zurückgewiesenen Alternativen ist
· je mehr sich die Kaufalternativen ähneln
· je stärker die Kaufmuster vom bisherigen Verhalten abweichen und
· je freiwilliger und ohne äußeren Druck der Kauf getätigt wurde.
Während Festinger allein von der lnkonsistenz zweier zueinander in einer relevanten Beziehung stehender Kognitionen ausging, wurden in späteren Modifikationen der Theorie zusätzlich das Engagement (commitment) und die Freiwilligkeit (volition) als neue differenzierende Variablen eingeführt, die über die Stärke der dissonanten Einflüsse entscheiden. Nach der von Morris J. Rosenberg formulierten Theorie der affektiv-kognitiven Konsistenz hängen die Dissonanzstärke und der Druck zur Dissonanzreduktion vor allem von der affektiven Besetzung der dissonanten Kognition ab.
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