Finanzmarktpreise
Umfassen Renditen, Effektivverzinsungen, Geld- und Kapitalmarktzinsen, Aktien-, Devisenkurse, Derivatepreise u. a. Nach Darstellung der Bundesbank können derartige an Finanzmärkten zustande kommende Preise als Erwartungs- und Prognosegrössen dienen und auf ihnen basierende Indikatoren begrenzt verwendet werden, Erwartungen der Finanzmarktteilnehmer zu eruieren. Lt. Bundesbank erscheinen sie auf Grund dessen als geldpolitische Indikatoren geeignet. Damit ein Indikator hohen Erwartungsgehalt hat, muss er, wie die Bundesbank verdeutlicht, wesentlich durch Markterwartungen bestimmt werden und ein Messkonzept vorliegen, mit dem diese Erwartungen hinreichend genau erfasst bzw. möglichst unverzerrt aus Finanzmarktpreisen herausgefiltert werden können. Erschwert wird nach Dar- Stellung der Bundesbank die Konstruktion von Erwartungsindikatoren, wenn nicht mehr nur Erwartungen über die Indikatorgrösse selbst, sondern über preisbestimmende Fundamentalfaktoren gemessen werden sollen, wobei geldpolitisch besonders relevant Inflationserwartungen sind. Finanzmarktindikatoren können lt. Bundesbank auch dazu dienen, künftige Entwicklungen von die Geldpolitik besonders tangierenden gesamtwirtschaftlichen Grössen vorherzusagen. Allerdings sind lt. Bundesbank ohne plausible Vorstellungen über ökonomische Wirkungszusammenhänge, die hinter statistischen Vorlaufeigenschaften stehen, Prognosegrössen aus geldpolitischer Sicht nicht ausreichend zuverlässig interpretierbar und daher nur beschränkt nutzbar. Besondere Relevanz von Erwartungen bei der Preisbildung an Finanzmärkten zeigt sich lt. Bundesbank daraus, dass Finanzierungsbeziehungen zukunftsgerichtet sind, was rational agierende Marktteilnehmer veranlasst, künftige Wertentwicklungen ihrer Forderungen bzw. Verbindlichkeiten abzuschätzen und sich Überlegungen zur Entwicklung preisrelevanter Faktoren (u.a. künftige Inflationsentwicklung) zu machen, um zu erwartende reale Renditen beurteilen und mit anderen Anlageformen vergleichen zu können. Auch sieht die Bundesbank Zinsen und Wechselkurse als zur Transmission geldpolitischer Impulse deshalb von Wichtigkeit, da Zins- und/oder Wechselkursveränderungen über Einkommens-, Substitutions- und Vermögenseffekte auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage Einfluss nehmen; Preisänderungen an Finanzrnärkten lösen daher Veränderungen der im Transmissionsprozess nachgelagerten Grössen (Produktion, Preisniveau u. a.) aus. Nach Feststellung der Bundesbank haben starker technischer Fortschritt, variierte Verhaltensmuster der Marktteilnehmer u. a. das Interesse an Finanzmarktpreisen als geldpolitischen Indikatoren stark erhöht. Als problematisch sieht die Bundesbank das zweckmässige statistische Verfahren zur Beurteilung des Prognosegehalts der Indikatoren. Beurteilung des Prognosegehalts eines Indikators bzw. Indikatorsystems muss daher an einer statistischen Beschreibung der Prognosefehler ansetzen, d. h. dem Vergleich der prognostizierten Werte mit ihren Realisationen (Höhe absoluter und relativer Prognosegenauigkeit). Erwartungs- und Prognosegehalt eines Finanzmarktindikators sind oft, aber nicht stets eng verbunden. Durch Überprüfung eines Erwartungsindikators auf Prognosekraft lassen sich lt. Bundesbank oft Rückschlüsse auf Preis- und Erwartungs-bildungsprozesse ziehen, und als Erwartungsindikatoren können Finanzmarktpreise auf Markteinschätzungen zu Zins-, Wechselkurs- und Inflationaspekten hindeuten, Informationen, die in allen Phasen des geldpolitischen Ent-scheidungsprozesses - Analyse, Entscheidungsvorbereitung, Umsetzung und Kontrolle - erforderlich sind. Die Bundesbank sieht alletdings auch bedeutsame theoretische und praktische Probleme, Finanzmarktpreisen über ihre Funktion als Informationsvariablen hinaus zentrale Bedeutung bei Formulierung und Umsetzung der Geldpolitik beizumessen. So weist sie darauf hin, dass auch relativ gute prognostische Qualitäten von Finanzmarktpreisen in der Vergangenheit ihnen nicht zwingend entscheidende Bedeutung im geldpolitischen Entscheidungs-prozess beilegen lassen; darüber hinaus ist auch die Unsicherheitshöhe bei Indikatoren mit relativ grossem Prognosegehalt wesentlich. Entscheidend für vorausschauende Geldpolitik sieht die Bundesbank insg. nicht statistische Zusammenhänge mit Gültigkeit in der Vergangenheit gesehen, sondern die Reaktion ökonomischer Indikator- und Zielgrössen auf heutige oder künftige geldpolitische Massnahmen.
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