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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Elternrente

In der sozialpolitischen Diskussion wird immer wieder die Einführung einer so genannten Elternrente gefordert. Damit soll neben den vom Einkommen abhängigen Beiträgen auch die Erziehung von Kindern als "Naturalleistung" bei der späteren Rentenzahlung berücksichtigt werden.

Als neue Form des Familienlastenausgleichs wird im Rahmen der sozialpolitischen Reformdiskussion häufig eine Umgestaltung des bisherigen Rentenrechts gefordert. Dabei soll die Höhe der Rente in Zukunft von zwei Komponenten bestimmt werden: Von den einkommensabhängigen Beitragszahlungen sowie von der Zahl der großgezogenen Kinder. Der späteren Berechnung der Altersrente würde dann neben den Beitragszahlungen auch die Zahl der Kinder zugrunde gelegt. Die bisherigen Rentenzahlungen auf Grund der individuellen Beitragsleistung müssten dann zum Beispiel um die Hälfte gekürzt werden, damit die Mittel für die Finanzierung von "Elternrenten" zur Verfügung stehen. Die Rente würde dann in erster Linie dem Elternteil zustehen, der das Kind überwiegend erzogen hat.

Basis dieses Reformvorschlags ist eine neue Interpretation des Generationvertrags. Da jedes Rentensystem auf eine ausreichende Zahl von Kindern angewiesen ist, die als künftige Beitragszahler die Rente der heute Erwerbstätigen sichern, ist ein ausreichender Nachwuchs die zwingende Voraussetzung für die Stabilität des Systems. Das wird nach Ansicht der Kritiker im gegenwärtigen Rentenrecht nicht ausreichend berücksichtigt. Erwerbstätige, die selber keine Kinder erziehen - unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht - erhalten im Alter eine ebenso hohe Rente wie diejenigen, die ein oder mehrere Kinder erzogen haben.

Wer nicht erwerbstätig ist und sich voll auf die Erziehung der Kinder konzentriert (heute ist das immer noch überwiegend die Mutter) hat keinen eigenständigen Rentenanspruch. Dadurch werden nach Ansicht der Kritiker Familien mit Kindern benachteiligt, obwohl sie mehr als andere für den Erhalt des Rentensystem leisten. Neben der Frage der sozialen Gerechtigkeit sei daher auch die künftige demographische Entwicklung zu beachten. Nach den bekannten Prognosen wird sich die deutsche Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten in ihrem Altersaufbau erheblich verändern. Der Anteil der Älteren an der gesamten Bevölkerung wird immer größer, die Zahl der Jüngeren nimmt ab. Damit schrumpft auch die Zahl der Erwerbstätigen bzw. Erwerbsfähigen. So wird im Jahr 2030 voraussichtlich der Anteil der Erwachsenen, die 60 Jahre oder älter sind, nach den derzeit vorliegenden Berechnungen zwischen 66 und 71 Prozent liegen. Dementsprechend werden nur 30 bis 35 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 20 und 60 Jahren sein. Verschärft wird diese Entwicklung noch dadurch, dass die jüngere Generation wegen langer Ausbildungszeiten immer später ins Erwerbsleben eintritt, während die Älteren vorzeitig in Rente gehen.

Allerdings werden im geltenden Rentenrecht Zeiten, in denen Kinder erzogen werden, bereits berücksichtigt. Die so genannte Kinder-Berücksichtigungszeit umfasst die Periode der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendeten 10. Lebensjahres. Sie hat unter anderem Bedeutung für die Erfüllung von Wartezeiten und die Bewertung von Anrechnungszeiten bei der späteren Rentenbemessung. Kritiker der Reform- Vorschläge weisen überdies darauf hin, dass es Sache der gesamten Gesellschaft sei, für einen Lastenausgleich zwischen Familien mit Kindern und solchen Erwerbstätigen zu sorgen, die keine Kinder haben (wollen) . Dazu sei das Steuerrecht besser geeignet als das Rentenrecht. Überdies werde der Grundsatz aufgegeben, dass die spätere Rente allein von der Höhe der gezahlten Beiträge abhängt. Hinzu kommt, dass Familien eine finanzielle Entlastung oder Unterstützung vor allem in der Zeit brauchen, in der die Kinder großgezogen werden. Durch eine höhere Rente im Alter lässt sich dieses Ziel nicht erreichen. Dazu ist die Zahlung eines ausreichend hohen Kindergeldes das geeignetere Mittel.

Durch die mit einer solchen Reform verbundene Entkopplung der Rente von den Beitragszahlungen würde sie ihre bisherige Funktion verlieren, den Lebensstandard der Versicherten nach einem abgeschlossenen Arbeitsleben ausreichend und angemessen zu sichern. Wer - aus welchen Gründen auch immer - kinderlos geblieben ist, wäre dann im Alter auf Sozialhilfe angewiesen. Denn da die kinderlosen Erwerbstätigen trotzdem den vollen Beitragssatz zahlen müssten, würde ihnen kein ausreichender Spielraum bleiben, um durch eigene Ersparnisse Vorsorge für das Alter zu betreiben und dadurch die Versorgungslücke in der sozialen Altersrente zu schließen. Umgekehrt würde eine Elternrente dazu führen, dass die Alterseinkommen der Familien mit vielen Kindern im Verhältnis zu ihren zuvor gezahlten Beiträgen unverhältnismäßig hoch wären. Bei drei oder mehr Kindern würden sie unter Umständen später Leistungen aus der Rentenversicherung beziehen, die deutlich höher wären, als ihr Einkommen während der aktiven Berufstätigkeit bzw. während der Zeit der Kindererziehung.

Am Vorschlag zur Einführung einer Elternrente wird weiterhin kritisiert, dass sie das traditionelle Verständnis von der Verteilung der Rollen zwischen den Geschlechtern eher festigt als auflöst. Die bisherige Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau würde eher verstärkt als verändert. Frauen würde kein Anreiz gegeben, selber erwerbstätig zu werden und sich durch eigene Beitragszahlungen einen eigenständigen Rentenanspruch aufzubauen. Sie würden wegen der hohen künftigen Rentenansprüche statt dessen dazu verleitet, sich voll auf die Rolle der Mutter zu konzentrieren.



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