Akkordlohn
Eine von vier Lohnformen, bei der im Gegensatz zum Zeitlohn regelmäßig ein unmittelbarer Bezug zwischen erbrachter Mengenleistung und Entgelthöhe hergestellt wird. Idealtypisch wird der Lohn proportional zur gefertigten Zahl der Produktionseinheiten bezahlt. Das System der proportionalen Bezahlung wurde allerdings inzwischen durch Tarifverträge so modifiziert, dass bestimmte Mindestverdienste (leistungsunabhängig) sichergestellt sind.
Der Akkordlohn setzt sich somit aus dem tariflichen Mindestlohn, der die Bewertung des Arbeitsplatzes und die Arbeitsmarktlage widerspiegelt, und dem Akkordzuschlag zusammen. Er repräsentiert den Lohn einer Arbeitskraft bei Normalleistung und wird als Akkordrichtsatz bezeichnet.
Der Akkordlohn kann als Geld- bzw. Stückakkord oder als Zeitakkord ausgestaltet werden. Beim Geldakkord als ältester Form ergebnisbezogener Entlohnung bildet die Stückzahl die Grundlage der Entgeltberechnung. Für den Arbeitenden wird ein fester Geldwert je Produktionseinheit zugrundegelegt, der sich aus der Division des Akkordrichtsatzes durch die pro Zeiteinheit bei Normalleistung zu erstellende Stückzahl ergibt und als Akkordsatz bezeichnet wird. Zur Berechnung des Akkordsatzes wird der Mindestlohn und der Akkordzuschlag auf Minuten umgerechnet (Minutenfaktor). Multipliziert man den Minutenfaktor mit der Vorgabezeit in Minuten pro Stück — sie entspricht der in Zeitstudien festgestellten Normalarbeitszeit — so erhält man den Akkordsatz. Der endgültige Lohn ergibt sich dann aus dem Produkt von Akkordsatz und Zahl der produzierten Einheiten.
Geldakkord:
Beim Zeitakkord, der heute den Geldakkord weitgehend verdrängt hat, verzichtet man auf die Berechnung des Stücklohns; statt dessen wird eine (Vorgabe-)Zeit pro Leistungseinheit festgelegt, und die Division des Akkordrichtsatzes durch 60 (Minuten) ergibt den sog. Geldfaktor. Der Verdienst pro Zeiteinheit errechnet sich dann aus dem Produkt der erzielten Leistungseinheiten, der Vorgabezeit und dem Geldfaktor:
Zeitakkord:
Im finanziellen Ergebnis unterscheiden sich Geld- und Zeitakkord nicht, da sich der Ausdruck (Minuten/Stück) x (EUR/Minuten) zu (EUR/Stück) kürzen läßt. Der Zeitakkord stellt damit letztlich
eine Ausdifferenzierung des Geldakkords dar. Der Vorteil dieser Ausdifferenzierung liegt darin, dass der Zeitakkord bei Tarifänderungen schnell und einfach angepaßt werden kann. Es muss lediglich ein neuer Geldfaktor vereinbart werden, während beim Geldakkord neue Akkordsätze bestimmt werden müssen.
Akkordlöhne können für den einzelnen Arbeiter (Einzelakkord) oder für eine ganze Arbeitsgruppe (vor allem dort, wo Gruppenarbeit mit wechselnder Arbeitsverteilung vorliegt und Leistungsunterschiede nicht ermittelbar sind) vereinbart sein. Für den Betrieb bietet der Akkordlohn eine sichere Kalkulationsgrundlage, da die direkten Fertigungskosten pro Stück gleich bleiben, sofern die Arbeiter die Normalleistung erreichen.
Durch Aktivierung ungenutzter Leistungsreserven bringt die Einführung des Akkordlohns in der Regel zunächst erhebliche Leistungssteigerungen. Nach einiger Zeit jedoch wirkt er infolge Verdrängung aller übrigen — Leistungsmotive und durch das Bemühen der Belegschaft um günstige Leistungsmaßstäbe, Sicherung vermeintlicher Akkordvorteile und Abwälzung des Minderleistungsrisikos auf das Unternehmen in entgegengesetzter Richtung und wird so im Extremfall zur bewußt und solidarisch betätigten Leistungsbremse. Das Verdienstinteresse tritt bei der Arbeit in den Vordergrund des Bewußtseins. Der Sinn der Arbeit wird ebenso wie die Verantwortungsbereitschaft gegenüber dem Unternehmen auf die Grenzen des unmittelbaren Verdienstinteresses zurückgeführt und nur noch materialistisch gesehen. Außerdem bedingt der Akkord bald erhebliche Gemeinkostensteigerungen an anderen Stellen (z.B. Qualitätsminderung, erhöhter Kontrollaufwand, Betriebsmittelverschleiss und Schlichtungsaufwand), die seinen Vorteil weitgehend zunichte machen. Schließlich vergiftet der ständige Streit um den richtigen Leistungsmaßstab, manipulierte Leistungsmessungen und um legale und illegale Akkordvorteile die Atmosphäre.
Grundsätzlich wird durch Akkordentlohnung ein Wettbewerbsklima geschaffen, das Feindseligkeit und Neid zwischen den Beschäftigten provozieren kann. Die unvermeidliche Hierarchisierung in gut, mittel und gering Leistende behindert die zwischenmenschlichen Kontakte und entmutigt die geringer Leistenden; die Befriedigung wichtiger menschlicher Bedürfnisse auch am Arbeitsplatz ist damit nicht mehr gewährleistet.
Zum Thema Akkordlohn schreibt Heinrich Fromm: “Da, wo den Vorgesetzten kein anderer Ausweg zur Leistungsmotivierung mehr einfällt als ein rücksichtsloser Leistungslohn oder ähnliche materielle Leistungsanreize, kann man im Grunde nur von einer Bankrotterklärung der Führungskunst sprechen. Im Gegensatz zu dieser Auffassung steht fest, dass die Mehrzahl der Menschen ein erhebliches Quantum an ursprünglichem guten Willen und guten Leistungsmotiven besitzt, das gepflegt und ausgebaut und nicht nur verbraucht werden sollte. Dazu ist es notwendig, dass der gute Wille seine Bewährung und Bestätigung erfährt. Freude an der Arbeit und Zufriedenheit im Betrieb sind wichtige Leistungsvoraussetzungen. Traurigstes Ergebnis einer in dieser Hinsicht versagenden Führung ist ein nicht zum Zuge gekommener guter Wille der Mitarbeiter. Das führt zu Verbitterung und Resignation und bedeutet Zerstörung aller Leistungsmotive bis auf das ärmste, das Verdienstinteresse. Vielerorts kennzeichnet eine solche Situation langjährige schlechte Führung.”
vgl. Zeitlohn, Prämienlohn, Pensumlohn
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