Wahrnehmung, soziale
In der Wirtschaftssoziologie:
auch: soziale Kognition, social perception, [1] Bezeichnung für die durch persönliche und soziale Faktoren beeinflusste Wahrnehmung. Der Begriff der „Wahrnehmung“ wird in diesem Zusammenhang sehr unterschiedlich benutzt: zumeist im engeren Sinne der direkten Sinneswahrnehmung gebraucht, bezeichnet er häufig auch allgemein Prozesse, durch die Personen zu Vorstellungen, Meinungen, Urteilen, „Wissen“ über die Wirklichkeit gelangen. Sozialpsychologische Experimente zur s.n Wahrnehmung, soziale im ersten, engeren Sinne haben u.a. gezeigt, dass die Wahrnehmung von Reizgegebenheiten durch den Konformitätsdruck der sozialen Gruppe, durch Werthaltungen und emotionale Einstellungen beeinflusst und (wenn auch nicht in beliebiger Weise) verfälscht werden kann. Soziologische Untersuchungen, die sich meist mit der s.n Wahrnehmung, soziale im zweiten, weiteren Sinne befassen, betonen die Abhängigkeit individueller Auffassungen über die Wirklichkeit, insbesondere über gesellschaftliche Gegebenheiten, von der sozialen Lage des Individuums, seiner Schicht-und Klassenzugehörigkeit, seinen Rollen und den damit verbundenen, interessengebundenen „Perspektiven“ (Wissenssoziologie), aber auch von seiner Stellung in einem Kommunikationssystem, seinem Zugang zu Informationen, ferner die Bestimmtheit von Wahrnehmungen durch sprachliche und andere Interpretationssysteme und institutionalisierte Selbstverständlichkeiten, durch Traditionen, Ideologien, Vorurteile und sonstige mehr oder weniger starre Denkschemata.
[2] Bezeichnung für die Wahrnehmung sozialer Sachverhalte, insbesondere die Wahrnehmung anderer Personen und Gruppen und die Interpretation ihrer Verhaltensweisen (interpersonelle oder Personwahrnehmung), wobei im allgemeinen ebenfalls davon ausgegangen wird, dass Wahrnehmungsvorgänge dieser Art von sozialen Faktoren beeinflusst und geprägt werden.
[3] Bezeichnung für die - sich bereits im Akt der Wahrnehmung vollziehende - Interpretation des beobachteten Verhaltens anderer als Ausdruck der diesen Verhaltensweisen zugrunde liegenden Intentionen, Motive, Einstellungen usw. (Interpretation, dokumentarische).
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