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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Haushaltskreislauf

Die verschiedenen Entwicklungsstadien, die der öffentliche Haushalt von der Aufstellung durch die Exekutive, über die Verabschiedung durch die Legislative, den Vollzug im betreffenden Haushaltsjahr bis zur Kontrolle des vollzogenen Haushalts, wird als Haushaltskreislauf bezeichnet. Beschluss und Vollzug des öffentlichen Haushalts ist der Kern der Finanzwirtschaft des Staates.

Der öffentliche Haushalt der Bundesrepublik Deutschland geht von seiner Planung bis zu der Kontrolle der ordnungsgemäßen Abwicklung durch verschiedene Entwicklungsstadien, die gemeinsam als Haushalts- oder Budgetkreislauf bezeichnet werden. Grundsätzlich kann man den Haushalts- oder Budgetkreislauf dabei in fünf Phasen unterteilen:

1.    Aufstellung des Haushaltsentwurfs

2.    Parlamentarische Beratung und Verabschiedung des Budgetentwurfs

3.    Vollzug des Haushalts

4.    Finanzkontrolle

5.    Entlastung

Ablauf und Einhaltung der einzelnen Phasen ist weitgehend durch Gesetze und Verordnungen geregelt.

Phase 1: Aufstellung des Haushaltsentwurfs

In Deutschland ist die Aufstellung des öffentlichen Haushalts grundsätzlich Aufgabe der Exekutive, wobei die Erstellung des Haushalts in das Ressort des Bundesfinanzministers fällt. Das dabei angewendete Verfahren ist das der Bedarfsanmeldung von unten nach oben. Um zum ersten Haushaltsentwurf zu kommen, melden die einzelnen Dienststellen der jeweiligen Ministerien ihren Bedarf an finanziellen Mittel dem jeweiligen Ministerium. Dieses fasst die Einzelpläne zusammen und leitet sie an den Bundesfinanzminister weiter. Die Bedarfsmeldungen der einzelnen Ministerien werden dann vom Finanzministerium geprüft. In der Regel sind erhebliche Kürzungen der Ansätze notwendig, da die einzelnen Ministerien bzw. die ihnen unterstellten Ämter, ihren Bedarf an Finanzmitteln tendenziell eher zu hoch als zu niedrig ansetzen. Die Budgetansätze der Ministerien müssen also mit dem Finanzministerium noch ausgehandelt werden. Kommt es zu keiner Einigung zwischen dem Finanzminister und dem betreffenden Ministerium, kann der entsprechende Mittelansatz im Rahmen einer Kabinettssitzung zur Abstimmung gestellt werden. Dabei hat der Finanzminister in Deutschland allerdings gegenüber den anderen Ministern eine dominierende Stellung. Er kann nur durch die Stimmen aller anderen Kabinettsmitglieder überstimmt werden, nie aber gegen die Stimme des Bundeskanzlers. Stimmen Bundeskanzler und Finanzminister also in einer Sache überein, haben die restlichen Kabinettsmitglieder keine Möglichkeit sie zu überstimmen.

Phase 2: Parlamentarische Beratung und Verabschiedung des Haushalts

Sobald sich das Kabinett auf einen Haushaltsentwurf geeinigt hat, wird dieser in Form einer Gesetzesvorlage an den Bundesrat weitergeleitet. Hier wird der Entwurf von den Länderfinanzministern vor dem Hintergrund der Interessen der einzelnen Bundesländer geprüft. Daneben befassen sich auch verschiedene, vom Bundesrat gebildete Fachausschüsse, mit einzelnen Positionen des Haushaltsentwurfs. Nach Ende der Prüfung wird der Entwurf zusammen mit einer Stellungnahme des Bundesrats an die Bundesregierung zurückgesandt. Diese nimmt dann zu den Kommentaren des Bundesrats Stellung, ändert den Budgetentwurf gegebenenfalls ab und leitet ihn zusammen mit den Kommentaren des Bundesrats an den Bundestag weiter. In dieser so genannten ersten Lesung kommt es noch nicht zu einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung mit den Haushaltsvorschlägen der Exekutive, der Budgetentwurf wird vielmehr umgehend zur Prüfung an den Haushaltsausschuss weitergeleitet.

Die Stellungnahme des Haushaltsausschusses wird in der zweiten Lesung des Bundestages vorgetragen. Sollten die Vorschläge des Haushaltsausschusses in ihrer vorgetragenen Form nicht die Zustimmung des Bundestages finden, was in der Regel der Fall ist, kommt es zur Rücküberweisung an den Haushaltsausschuss, in dem der Entwurf noch einmal überarbeitet wird. Der Entwurf des öffentlichen Haushalts wird dann wieder in den Bundestag überwiesen, wo die dritte Lesung zu einer grundsätzlichen politischen Debatte genutzt wird. Allerdings dreht sich die Debatte meist mehr um die generelle Politik der Regierung, als um die einzelnen Budgetpositionen. Es ist die Generalabrechnung der Opposition mit der Regierungspolitik. Die dritte Lesung endet mit der Abstimmung über das Haushaltsgesetz, dem der öffentliche Haushalt als Anlage beigefüht ist. Gegen den Entwurf des Haushalts kann der Bundesrat auch nach der Abstimmung im Bundestag noch vorgehen, indem er den Vermittlungsausschuss anruft. Dieses Gremium setzt sich aus Vertretern von Bundestag und Bundesrat zusammen. Sollte der Vermittlungsausschuss eine Änderung des Entwurfs vorschlagen, muss die neue Version des Bundeshaushalts dem Bundestag wieder zur Abstimmung vorgelegt werden. Erst nach dieser Abstimmung hat der Haushalt seine endgültige Form gefunden und wird vom Bundeskanzler und dem Bundespräsidenten unterschrieben. Der so genehmigte öffentliche Haushalt wird dann mit dem Haushaltsgesetze im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Phase 3: Vollzug des Haushalts

Nach Verabschiedung des Haushalts tritt dieser in Kraft und gibt damit der Exekutive ihren Handlungsrahmen vor. Der Handlungsspielraum der Verwaltung ist dabei relativ gering, da sowohl die Einnahmen als auch die Ausgabenseite weitgehend durch Gesetze vorgegeben sind.

Kommt es während der Laufzeit des Haushalts zu unvorhergesehenen Änderungen, wie beispielsweise größeren Einnahmeausfällen oder dringend notwendigen zusätzlichen Ausgaben, müssen per Gesetz Änderungen vorgenommen werden, so genannte Nachtragshaushalte. Auch sie müssen die oben beschriebenen parlamentarischen Phasen durchlaufen.

Phase 4: Finanzkontrolle

Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Durchführung des öffentlichen Haushalts obliegt in Deutschland dem Bundesrechnungshof in Frankfurt am Main. Der Bundesrechnungshof ist sowohl von der Exekutive als auch von der Legislative unabhängig und hat ein Weisungsrecht gegenüber dem obersten Verwaltungsbereich. Der Bundesrechnungshof erhält von den Verwaltungen die schon vorgeprüften Rechnungsunterlagen und prüft diese auf Konformität mit dem Haushaltsgesetz. Die Prüfung des Haushalts wird mehr und mehr parallel zum Vollzug des Haushalts vorgenommen, nicht mehr erst nach Vollzug. Nur so kann der Rechnungshof schon frühzeitig auf Mißstände aufmerksam machen und rechzeitig Korrekturen vornehmen.

Phase 5: Entlastung

Der Bundesrechnungshof fasst die Ergebnisse seiner Prüfung in Bemerkungen, einem Bericht sowie einer Denkschrift zusammen. Die Denkschrift wird über den Bundesfinanzminister an Bundestag und Bundesrat weitergeleitet. Dabei bittet der Bundesrechnungshof zugleich um Entlastung, also um die Bestätigung, dass er seine Prüfungsarbeit ordnungsgemäß durchgeführt hat.

Die Bundesregierung bittet in dieser Phase das Parlament ebenfalls um Entlastung für etwaige, noch nicht genehmigte, Budgetüberschreitungen. Das Versagen der entsprechenden Entlastung kann zum Sturz der Regierung führen. Das kommt in der politischen Realität aber so gut wie nie vor, da sich die Regierung in der Regel auf eine Mehrheit im Parlament stützen kann. Deshalb kommt der Sanktionsfunktion des Bundesrechnungshofes in der Praxis nicht die Bedeutung zu, die sie haben sollte. Regelmäßig werden von Bundesrechnungshof zwar Mißstände - wie beispielsweise ein ineffizienter Umgang einzelner Verwaltungsbereiche mit den ihnen anvertrauten Mitteln - angemahnt. Zu einer Sanktion der Exekutive kommt es aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse nicht.



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