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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Haushaltsgrundsätze

Die Haushaltsgrundsätze sind gesetzlich verankerte Regeln, nach denen sich die Erstellung und die Durchführung des staatlichen Haushalts richtet. Die Haushaltsgrundsätze sollen einerseits gewährleisten, dass das geplante Budget dem Parlament in einer Form vorgelegt wird, die eine Beurteilung der von der Regierung geplanten Maßnahmen erlaubt und andererseits nach seiner Verabschiedung auch so durchgeführt wird, wie im Parlament beschlossen. Die Haushaltsgrundsätze, wie sie in der heutigen Form existieren, sind sowohl in der Haushaltsordnung als auch im Grundgesetz niedergelegt.

Die Haushaltsgrundsätze regeln zum einen die Art der Präsentation des öffentlichen Haushalts und zum anderen auch dessen Durchführung. Die Einhaltung der Haushaltsgrundsätze ist notwendig, um einen reibungslosen, nachvollziehbaren und vorschriftsmäßigen Ablauf des Haushaltskreislaufs zu gewährleisten.

Man unterscheidet im allgemeinen acht Grundsätze:

  • Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit
  • Haushaltsgrundsatz der Öffentlichkeit
  • Haushaltsgrundsatz der Klarheit
  • Haushaltsgrundsatz der Genauigkeit
  • Haushaltsgrundsatz der Einigkeit
  • Haushaltsgrundsatz der Nonaffektion
  • Haushaltsgrundsatz der Spezialität
  • Haushaltsgrundsatz der Vollständigkeit

1. Der Grundsatz der Vorherigkeit

Der Grundsatz der Vorherigkeit besagt, dass der Haushalt immer vor der Periode beschlossen werden muss, für die er aufgestellt wird. So muss der Haushalt für das Jahr 1998 noch bis zum Ende des Jahres 1997 vom Parlament verabschiedet werden. Nur so kann das Budget seinem Plancharakter gerecht werden. Dieser Haushaltsgrundsatz der relativ selbstverständlich klingt, wird in der Praxis in Deutschland oftmals nicht eingehalten. In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist es regelmäßig vorgekommen, dass der Haushalt erst mehrere Monate nach Beginn des jeweiligen Planungsjahrs verabschiedet werden konnte. Da bei einer solchen Verspätung der Bundesregierung die gesetzliche Grundlage für jegliche Staatsausgaben fehlt, wurde das so genannte Nothaushaltsrecht erlassen. Diese Gesetz, das im Artikel 111 des Grundgesetzes festgehalten ist, ermächtigt die Bundesregierung alle Ausgaben zu leisten, die notwendig sind, um ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen.

2. Der Haushaltsgrundsatz der Öffentlichkeit

Der Haushaltsgrundsatz der Öffentlichkeit besagt, dass alle Stadien des Haushaltskreislaufs im Lichte der Öffentlichkeit stattfinden sollen, d.h. jeder die Möglichkeit haben soll die finanzwirtschaftlich Tätigkeit des Staates zu verfolgen. Dieser Grundsatz findet allerdings dort seine Grenzen, wo Geheimhaltung zur Aufrechterhaltung der Staatssicherheit notwendig ist. Aus diesem Grund gibt es einen kleinen Teil des Budgets, für den die Regierung keine spezielle Verwendung im Haushaltsplan angeben muss. Um aber trotzdem den Grundsätzen der Demokratie gerecht zu werden, muss eine kleine, ausgewählte Gruppe von Parlamentariern in die Verwendung dieser Mittel eingeweiht werden, so dass auch hier eine Kontrolle der Exekutive durch die Legislative erfolgt.

3. Der Grundsatz der Klarheit

Der Haushalt soll so aufgebaut sein, dass die jeweilige Herkunft der im Budget verplanten Gelder und deren Verwendung klar ersichtlich ist. Auf der Einnahmenseite des Haushalts muss also erkennbar sein, wie die benötigten Mittel aufgebracht werden sollen, also beispielsweise durch Besteuerung oder Kreditaufnahme. Auf der Ausgabenseite muss dagegen erkennbar sein, für was der Staat die ihm zur Verfügung stehenden Mittel ausgeben will.

4. Grundsatz der Genauigkeit

Eng verbunden mit dem Grundsatz der Klarheit ist der Grundsatz der Genauigkeit. Hierin wird gefordert, dass alle Einnahmen und Ausgaben betraglich möglichst genau im Budget veranschlagt werden. Dieser Grundsatz ist in der Praxis natürlich nur sehr begrenzt einzuhalten, da gerade auf der Einnahmenseite nur aus Schätzungen zurückgegriffen werden kann, die in der Regel schon auf Grund von Konjukturschwankungen mit einem hohen Grad von Unsicherheit behaftet sind. Dieser Grundsatz soll verhindern, dass die Regierung die wahre finanzielle Situation des Staates verschleiert, in dem sie die Einnahmen tendentiell zu hoch angibt und die Ausgaben niedriger ansetzt, als sie nach vernünftigen Berechnungen sein müssten.

5. Haushaltsgrundsatz der Einheit

Alle Ausgaben und Einnahmen des Staates sollen in einem Haushalt zusammengefasst werden und nicht etwa über verschiedenen Budgets verteilt werden. Dieser Grundsatz soll gewährleisten, dass die Legislative einen Überblick über den gesamten Mittelbedarf sowie die gesamte Mittelverwendung erhält.

6. Haushaltsgrundsatz der Nonaffektion

Grundsätzlich dienen alle Einnahmen des Staates in einer Periode der Finanzierung aller Ausgaben. Hier ist man von dem Bugetverfahren abgegangen, dass jeder Ausgabenart eine bestimmte Einnahme zuordnete. So wäre es beispielsweise möglich, dass man festschreibt, dass die Einnahmen aus der Einkommensteuer ausschließlich zur Entlohnung der im Staatsdienst stehenden Beamten verwendet werden. In Deutschland erfolgt eine solche Zuordnung nicht, alle Einnahmen wandern in einen gemeinsamen Topf, aus dem alle anstehenden und durch den Haushalt gedeckten Ausgaben bestritten werden.

7. Der Haushaltsgrundsatz der Spezialität

Der Grundsatz der Spezialität fasst mehrere Forderungen an den Haushalt zusammen. So besagt der Grundsatz der quantitativen Spezialität, dass Ausgaben nur in dem, im Haushalt veranschlagten, Umfang getätigt werden dürfen. Für etwaige Ausgabenüberschreitungen muss der Finanzminister sein Einverständnis geben, bei Ausgabenüberschreitungen größeren Ausmaßes muss vom Parlament ein so genannter Nachtragshaushalt beschlossen werden. Unter dem Grundsatz der Spezialität wird auch die Forderung nach qualitativer Spezialität subsumiert, die besagt, dass veranschlagte Ausgaben auch nur für den im Haushalt angegebenen Zweck verwendet werden sollen. Es ist also nicht erlaubt, dass auf der einen Seite eingesparte Mittel für einen anderen Zweck verwendet werden. Daneben wird auch die temporäre Spezialität vorgeschrieben, die besagt, dass die bewilligten Mittel nur für die Periode verwendet werden dürfen, für die sie auch bewilligt wurden. Ausnahmen von dieser Regelung sind im Haushalt durch Zusätze deutlich zu machen.

8. Der Haushaltsgrundsatz der Vollständigkeit

Der Haushaltsgrundsatz der Vollständigkeit besagt, dass alle Einnahmen und Ausgaben in das Budget einzubringen sind. Es dürfen weder Einnahmen und Ausgaben ausgelassen werden, noch dürfen Einnahmen und Ausgaben saldiert werden.

Die Haushaltsgrundsätze sind in Deutschland im Grundgesetz (GG), im Hausgaltsgrundsätzegesetz (HGrG) sowie in der Bundeshaushaltsordnung (BHO) festgehalten und haben damit nicht nur einen Idealcharakter, sondern sind zudem noch formelle Gesetze, deren Nichteinhaltung entsprechend sanktioniert werden kann. Die Haushaltsgrundsätze haben sich aus der wissenschaftlichen Theorie und praktischen Erfahrungen herausgebildet. Die teilweise Niederlegung dieser Grundsätze im Grundgesetz verdeutlicht, dass der Zweck dieser Anforderungen an die jeweilige Regierung gewährleisten sollen, dass das finanzielle Gebaren des Staates mit den Anforderungen einer parlamentarischen Demokratie konform geht.



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