Gruppenwettbewerb im Bankwesen
Vorstellung, wonach Wettbewerbsbeziehungen nicht zwischen einzel- nen Banken, sondern zwischen Institutsgruppen des deutschen Bankensektors bestehen, und zwar als Intra- und als Intergruppenwettbewerb. Gruppenspezifische und -einheitliche Marktpolitik durch zentral gesteuerten Einsatz marktpolitischer Instrumente lassen die Gesamtheit der zu einer Gruppe gehörenden Institute als einen Wettbewerber am Markt erscheinen. Diese Vorstellung gründet sich u.a. darauf, dass Sparkassen und Kreditgenossenschaften - ausgestattet mit hohem Gruppenzugehörig-keitsbewusstsein - auf lokal abgegrenzten Märkten tätig sind (Regionalprinzip); Wettbewerb zwischen Sparkassen bzw. Genossenschaftsbanken findet nicht oder nur in Einzelfällen statt. Als weniger einheitliche Gruppierung sind die privaten Banken einzustufen, zwischen denen vermehrt gruppeninterne Wettbewerbsbeziehungen existieren, obwohl auch hier gruppenbezogene Marktaktivitäten beobachtbar sind. Zur Erklärung einzelner Phänomene des Wettbewerbs im Mengengeschäft erscheint das Modell durchaus leistungsfähig. Für eine Widerlegung der These, dass sich Bankenwettbewerb in wesentlichen Bereichen auf lokaler Ebene und zwischen den einzelnen Banken vollzieht, reicht die für das Modell des Gruppenwettbewerbs zu fordernde Zentralisierung und Einheitlichkeit marktpolitischer Entscheidungen jedoch nicht aus. Dem scheinen der marktpolitische Handlungsspielraum sowie die autonome Geschäftspolitik der einzelnen Banken entgegenzustehen. Das Modell des Gruppenwettbewerbs vernachlässigt die erkennbare marktpolitische Emanzipation der Einzelinstitute im Prozess zunehmender Wettbewerb-lichkeit des Bankenmarktes. Bedeutsam für den Wettbewerb ist allerdings, dass durch gruppenbezogene Kooperation im internen Leistungsbereich, durch marktpolitische und allgemein betriebswirtschaftliche Beratung, durch Leistungsverbund zwischen Einzel- und Zentralinstituten die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Gruppenmitglieder auf lokalen Märkten gefördert, z.T. erst hergestellt wird. Bedeutsam sind in diesem Kontext banken-gruppenspezifische Zielsetzungen. Sie wirken sich grunds. für die Gruppe vereinheitlichend, zwischen den einzelnen Bankengruppen differenzierend in der Marktpolitik aus. Die für Sparkassen und Genossenschaftsbanken in der Gründungsphase formulierten Grundaufträge fanden ihre Konkretisierung in Restriktionen des geschäftspolitischen Freiraums. Ihre sukzessive Liberalisierung war verknüpft mit einer erkennbaren Änderung geschäftspolitischer Grundziele und konkreter Geschäftspolitik in Richtung konkurrenzwirtschaftlich arbeitender Universalbanken. Durch Ausweitung der Leistungsprogramme und der angesprochenen Kundengruppen über die durch das ursprüngliche Selbstverständnis gesetzten Grenzen hinaus überschnitten sich zunehmend die ursprünglich eng abgegrenzten Marktgebiete, zumal vergleichbare, wenn auch nicht so ausgeprägte Ausweitungen auch bei den privaten Banken zu verzeichnen waren. Diese Angleichung hat den wettbewerblichen Bereich zwischen den Gruppen ausgeweitet und den Wettbewerb damit erheblich verstärkt. Weitere Verschärfung des Wettbewerbs resultiert aus dem Universalisierungsprozess aller Geschäftsbankengruppen, der in der Vergangenheit vorhandene Unterschiede in der Geschäftsstruktur zunehmend nivellierte und in den letzten Jahren zu einer weitgehenden Angleichung des Leistungsangebots der drei Universalbankengruppen führte. Dabei war die Hauptzielgruppe aller Banken vor allem die Privatkundschaft. Grosssparkassen und Girozentralen widmeten sich wie die genossenschaftlichen Zentralbanken zudem dem Gross- kreditgeschäft. Das Einlagen- und das Spargeschäft in allen seinen Variationen einerseits sowie das langfristige Kreditgeschäft zu Festsatzkonditionen andererseits gehören heute zum Leistungsangebot jeder Universalbank. Durch das Bemühen aller Banken um ein umfassendes Leistungsangebot, die Identität der Zielgruppen und den damit einhergehenden Schwund an Marktnischen, hat sich die Wettbewerbsintensität im deutschen Bankensektor erheblich verschärft. Die früher zwischen den einzelnen Bankengruppen bei bestimmten Kundengruppen bestehende klassische Arbeitsteilung existiert in dieser Form nicht mehr. An die Stelle des Intragruppenwettbewerbs und teilw. zusätzlich zu diesem ist verstärkt der Intergruppenwettbewerb getreten. Zweifellos scheinen jedoch auch gegenwärtig noch gewisse Geschäftsschwerpunkte hins. Leistungsprogramm und Kundengruppen sowie individuelle Stärken und Schwächen der Bankengruppen in einzelnen Marktbereichen erkennbar. Nennenswerte geschäftspolitische Einschränkungen als Konkretisierung der Grundaufträge sind allerdings nicht mehr ableitbar. Die marktpolitischen Aktivitäten werden vielmehr gruppenübergreifend durch liquiditäts- und risikopolitische Restriktionen sowie durch nicht gruppenspezifisch formulierte Anspruchsniveaus für das Gewinnziel gesteuert. Hinzu kommt, dass Ziele wie öffentlicher Auftrag oder Förderungsauftrag kaum hinreichend operationalisierbar, also ausreichend quantifizierbar sind, um an diesen Zielgrössen bestimmte Geschäfte kontrollieren oder um auf ihrer Basis konkrete marktpolitische Ziele und Handlungsprogramme formulieren zu können.
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