Lebensereignisforschung
In der Wirtschaftssoziologie:
life event re-search, [1] zuerst Forschungsrichtung der Medizinsoziologie, der klinischen Psychologie und der Psychiatrie mit der Vermutung, dass dem Ausbruch einer (psychosomatischen) Krankheit eine Phase im Leben des Erkrankten vorausgeht, die besonders viele und besonders anstrengende bzw. herausfordernde (kritische) Lebensereignisse mit sich brachte (Todesfall in der Familie, Ehekonflikte, Scheidung, Arbeitsplatzwechsel, Arbeitslosigkeit, Belastungen am Arbeitsplatz, Wechsel der Wohngegend o.a.). Grundgedanke ist hier, dass eine jede (auferlegte oder selbst gewollte) Umstellung oder Veränderung in wichtigen Linien des bisherigen Lebens belastend wirkt, dass eine Ballung mehrerer solcher Ereignisse in einem bestimmten Lebensabschnitt Stress herbeiführt.
[2] In der Entwicklungspsychologie (besonders der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne) wird das Konzept der auf den Lebenslauf sich auswirkenden (kritischen) Lebensereignisse verallgemeinert: Nicht nur die Phase vor Ausbruch einer Krankheit wird untersucht, sondern das ganze bisherige Leben. Ob bestimmte Lebensereignisse bzw. deren Häufung in einem Lebensabschnitt eine Belastung bedeuten oder nicht (etwa eine Herausforderung zu neuer Persönlichkeitsentwicklung), wird als empirische Frage behandelt (und nicht unterstellt).
[3] Der Begriff des Lebensereignisses wird auch ausserhalb der Lebensereignisforschung in Soziologie und Psychologie des Lebenslaufs allgemein für konturierte Veränderungen im Lebenslauf verwendet, also für alle Positionswechsel, Veränderungen der Rollenkonstellation, Auf- und Abstiege, Statuspassagen, Umarbeitungen des Selbstbildes usw., und zwar oft einschliesslich für die, die durch „äussere“ geschichtlich-gesellschaftliche Geschehensreihen (Krieg, Wirtschaftskrise, Zusammenbruch einer Branche o.a.) herbeigeführt werden. Auch die Forschungen über Altersnormen und über die subjektive Strukturierung des Lebenslaufs (in Phasen und Lebensabschnitte, in „gute“ und „schlechte“ Zeiten usw.) verwenden oft diesen Begriff der (kritischen) Lebensereignisse im Sinne von Schalt- und Wendepunkten des Lebenslaufs.
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