Auslandstochter(gesellschaft)
Rechtlich selbstständige Tochterunternehmen stellen die präsenzintensivste Form zur Erschliessung eines ausländischen Bankenmarktes dar. Auf Grund ihrer rechtlichen Selbstständigkeit unterliegen Tochterunternehmen i. d. R. voll bankenauf-sichtsrechtlichen und kreditpolitischen Bestimmungen des Gastgeberlandes, die in grösseren Wirtschaftsräumen - z. B. der EU bzw. dem Euroraum - allerdings ganz oder weitgehend harmonisiert sein können. Ansonsten dürfen Tochterbanken je nach Ausgestaltung der Geschäftsbetriebserlaubnis die dort jeweils erlaubten Bankgeschäfte betreiben. Ihre Geschäfte, insb. das Kreditgeschäft, werden, sofern im jeweiligen Gastgeberland in Bezug auf das Eigenkapital formulierte Geschäftsbegrenzungsregelungen bestehen, durch ihr eigenes haftendes Eigenkapital begrenzt. Trotz ihrer rechtlichen Unabhängigkeit werden die Richtlinien ihrer Geschäftspolitik wesentlich durch die Mutterbank formuliert. Negative Entwicklungen bei Tochterbanken schlagen sich zwar nicht unmittelbar in der Bilanz der Mutterbank nieder; jedoch wird vielfach auf Grund des Standings internationaler Banken davon ausgegangen, dass diese ebenso für die Verbindlichkeiten ihrer Tochterinstitute wie für die ihrer Filialen eintreten werden. Haftungsübernahme wird zudem durch Patro-natserklärungen des Mutterinstituts für ihre Tochterunternehmen gegenüber anderen Banken sowie ausländischen Bankenaufsichtsbehörden signalisiert. Die grunds. Unabhängigkeit von geschäftsbegrenzenden Regelungen im Heimatland der Mutterbank wirkt sich insb. dann positiv aus, wenn im Gastgeberland vergleichsweise liberale Aufsichtsbestimmungen und kreditpolitische Reglementierungen existieren. Der Vorteil ausländischer Tochterbanken, durch ihre rechtliche Selbstständigkeit nicht den Bankgesetzen im Sitzland der Mutterbank unterworfen zu sein, entfällt dann, wenn im Land der Mutterbank vollständige oder weitgehende bankenaufsichtsrechtliche Konsolidierung der Bankbilanzen für Bankkonzerne vorgeschrieben ist. Während sich früher die geschäftspolitischen Aktivitäten der ausländischen Tochterunternehmen deutscher Banken weitgehend dem Einblick und damit den Kontrollmöglichkeiten der deutschen Bankenaufsicht entzogen haben, hat der deutsche Gesetzgeber mit der Einführung der Bankenaufsicht auf konsolidierter Basis dieses aufsichtsrechtliche Manko beseitigt. Damit ist auch ein entscheidender Vorteil der Form der Tochtergesellschaft weggefallen, da eine uneingeschränkte Kreditexpansion bei konsolidierungspflichtigen Tochterinstituten nicht mehr möglich ist bzw. zu Lasten des inländischen Kreditgewährungspotenzials geht. Insofern unterliegen ausländische Tochterunternehmen nicht mehr allein den ausländischen Aufsichtsbestimmungen, sondern zumind. mittelbar auch denen in Deutschland. Dennoch besteht die Vorteilhaftigkeit von Tochterunternehmen nach wie vor darin, dass ihnen auf Grund ihrer rechtlichen Selbstständigkeit intensive Erschliessung ausländischer Märkte möglich ist. Ausserdem weist diese Präsenzform gegenüber den anderen Alternativen organisatorische Vorteile auf. Hierzu zählen insb. die geschäftspolitischen Freiräume, die für eine Ausnutzung des ausländischen Marktpotenzials nützlich sind. Die Möglichkeit dieser weitgehend selbstständigen Gestaltung der Geschäftspolitik kann jedoch auch Risiken beinhalten: wenn exakte Kontrollmöglichkeiten durch das Mutterinstitut nur unzureichend institutionalisiert sind. Trotz wirtschaftlicher Un Selbstständigkeit kann dies dazu führen, dass das geschäftspolitische Verhalten nicht mit den Zielsetzungen des Mutterinstituts vereinbar ist. Eine eingeschränkte Steuerungsmöglichkeit seitens des heimischen Mutterinstituts kann letztlich deshalb gravierende Folgen haben, da dieses für die Aktivitäten der Tochterbank entweder aus faktischen (Standing) oder rechtlichen Gründen (Haftungsübernahmeverpflichtungen) einzustehen hat.
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