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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Zumutbarkeit

Bei der Frage nach der Zumutbarkeit einer Arbeit geht es generell darum, welche Tätigkeiten und welche Arbeitsumstände (Gefährlichkeit, Temperatur, Lärm, Geruchsbelästigung) einem Arbeitnehmer zugemutet werden können und unter welchen Umständen er zur Arbeitsverweigerung berechtigt ist. Bei der Zumutbarkeitsanordung der Bundesagentur für Arbeit dagegen geht es darum, welche von der Arbeitsvermittlung angebotene Tätigkeit ein Arbeitsloser akzeptieren muss oder ablehnen kann, ohne seinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung zu verlieren.

Die Zumutbarkeits-Anordnung der Bundesagentur für Arbeit regelt (www.arbeitsagentur.de), welche Beschäftigung ein Arbeitsloser annehmen muss, wenn er nicht seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe verlieren will. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit müssen alle Umstände des jeweiligen Falls berücksichtigt werden. Diese Umstände müssen gegen die Interessen aller Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung abgewogen werden, einen Bezieher von Arbeitslosengeld oder -hilfe möglichst rasch wieder auf einen bezahlten Arbeitsplatz zu vermitteln.

Dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist laut Paragraph 10 des Sozialgesetzbuches II jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass

  • er zu der bestimmten Arbeit körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage ist,
  • die Ausübung der Arbeit ihm die künftige Ausübung seiner bisherigen überwiegenden Arbeit wesentlich erschweren würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt,
  • die Ausübung der Arbeit die Erziehung seines Kindes oder des Kindes seines Partners gefährden würde. Die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung sichergestellt ist.
  • die Ausübung der Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann,
  • der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht.

Eine Arbeit ist nicht allein deshalb unzumutbar, weil

  • sie nicht einer früheren beruflichen Tätigkeit des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen entspricht, für die er ausgebildet ist oder die er ausgeübt hat,
  • sie im Hinblick auf die Ausbildung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als geringerwertig anzusehen ist,
  • der Beschäftigungsort vom Wohnort des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen weiter entfernt ist als ein früherer Beschäftigungs- oder Ausbildungsort,
  • die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bei den bisherigen Beschäftigungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen.

Eine Arbeitsstelle ist nicht deshalb als unzumutbar anzusehen, weil sie unter Tarif oder unter dem ortsüblichen Entgelt bezahlt wird, solange die Entlohnung nicht als sittenwidrig anzusehen wäre. Sittenwidrigkeit setzt zunächst ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Die Rechtsprechung dazu ist uneinheitlich. Das Bundesarbeitsgericht (www.bundesarbeitsgericht.de) stellt auf das allgemeine Lohnniveau des betreffenden Wirtschaftsgebietes ab, während der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Entscheidung den Tariflohn als Maßstab angesetzt hat. Auch gibt es für das Unterschreiten des tariflichen Lohnes oder des allgemeinen Lohnniveaus keine eindeutige Prozentzahl, ab der eine Vereinbarung sittenwidrig ist. Die Rechtsprechung dazu ist nicht einheitlich. Arbeitnehmervertreter und Arbeitslosenhilfevereine fordern deshalb die Festsetzung von Mindestlöhnen.

Weigert sich ein Arbeitsloser, eine angebotene Beschäftigung oder Schulungsmaßnahme anzunehmen, drohen empfindliche finanzielle Einbußen. So werden zum Beispiel für den, der eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder Eingliederungsmaßnahmen ablehnt oder keine eigenen Anstrengungen unternimmt, Arbeit zu finden, die Leistungen um 30 % gekürzt; und das für drei Monate. Bei weiterer Pflichtverletzung wird nochmals gekürzt, die Kürzungen können sich unter Umständen auch auf Mehrbedarfe und auf die Kosten für Unterkunft und Heizung erstrecken. Auch eine völlige Einstellung der Leistungen ist möglich.

Erwerbsfähige Hilfebedürftige zwischen 15 und 25 Jahren, die eine zumutbare Erwerbstätig­keit oder Eingliederungsmaßnahme ablehnen oder sich nicht ausreichend um einen Arbeitsplatz bemühen, erhalten für die Dauer von drei Monaten überhaupt keine Geldleistung der Grundsicherung oder aus nachrangigen Sicherungssystemen. Kosten für Unterkunft und Heizung werden in dieser Zeit nur unmittelbar an den Vermieter gezahlt.



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