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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Wiederanlagerisiko

Für Anleger hängt die Rendite einer Anleihe neben dem Kurs und der Nominalverzinsung auch davon ab, ob die Zinserträge, die während der Laufzeit erzielt werden, zu einem gleich hohen oder besseren Zinssatz wie der der Anleihe wieder angelegt werden können. Das Risiko, dass der allgemeine Marktzins während der Laufzeit unter die Verzinsung der Anleihe fällt, wird allgemein als Wiederanlagerisiko bezeichnet. Das Ausmaß des Wiederanlagerisikos hängt von der Ausgestaltung der jeweiligen Anleihe ab. Lediglich Zerobonds beinhalten keinerlei Wiederanlagerisiko.

Im positiven Fall, also wenn das Marktzinsniveau während der Laufzeit der Anleihe steigt, wird das Endvermögen des Anlegers höher sein, als wenn er zum selben Zinssatz wie dem Nominalzinssatz der Anleihe angelegt hätte. Im negativen Fall, also wenn das Marktzinsniveau während der Laufzeit sinkt, wird das Endvermögen niedriger sein, als wenn der Anleger zum Anleihezinssatz angelegt hätte. Der während der Anlagedauer erwirtschaftete Zinseszins entwickelt sich in Abhängigkeit vom Marktzins dann entweder höher oder niedriger als der Anleger bei seiner Investitionsentscheidung kalkuliert hatte. Dadurch fällt das Endvermögen höher oder geringer aus, als geplant.

Das Ausmaß des Wiederanlagerisikos hängt neben der Entwicklung des Marktzinses von der Ausgestaltung der Anleihe ab:

  • Je länger die Laufzeit der Anleihe, desto mehr Zinszahlungen müssen wieder angelegt werden.
  • Je höher die Kupon- beziehungsweise Tilgungszahlungen sind, desto höhere Beträge müssen während der Laufzeit angelegt werden.

Im allgemeinen sinkt das Wiederanlagerisiko mit zunehmender Duration, da mit zunehmender Kapitalbindungsdauer weniger Erträge während der Laufzeit wieder angelegt werden müssen. Die einzigen Anleiheformen, die keinerlei Wiederanlagerisiko beinhalten, sind so genannte Zerobonds, bei denen keine Zinszahlungen während der Laufzeit erfolgen. Daher ist auch keine Wiederanlage von Erträgen möglich oder notwendig. Dies zeigt sich auch, wenn man die Duration eines Zerobonds errechnet. Sie ist gleich der Restlaufzeit und erreicht damit den maximal möglichen Wert.

Zukünftige Zins- und Tilgungszahlungen (Cash-flows) aus Zinsinstrumenten mit einem Festzinssatz können nicht zur ursprünglich errechneten Rendite angelegt werden, sondern nur zu einem geringeren Satz. Dem Wiederanlagerisiko sind alle Papiere ausgesetzt, die laufende Zinszahlungen haben. Besonders vom Wiederanlagerisiko betroffen sind Papiere mit einer kurzen Restlaufzeit und kündbare Papiere (Anleihe mit Schuldnerkündigungsrecht). Zero Bonds (Nullcoupon-Anleihe) mit einer langen Laufzeit sind zumindest während der Laufzeit nicht vom Wiederanlagerisiko betroffen. Bei Fälligkeit unterliegen alle Zinsinstrumente dem Wiederanlagerisiko Analog wird eine Wiederanlagechance bezeichnet, wenn zukünftige Cash-flows zu einem höheren Satz angelegt werden können (variables Zinsrisiko, Immunisierungsstrategie). Das Wiederanlagerisiko verdeutlicht, wie Zinsänderungsrisiko und Zeitablauf als weiterer Marktrisikofaktor zusammenwirken. Zinserträge und Zinseszinsen fallen ausschließlich über die Zeit an. Vereinfacht kann gesagt werden, dass das Wiederanlagerisiko umso größer wird, je länger der Planungshorizont des Investors ist. Der Anteil des Zinseszins-Ertrages am Gesamtertrag kann je nach Laufzeit und Zinsniveau beträchtlich sein. So hat eine zum Nominalwert begebene Anleihe mit einem Coupon von 100 DM und einer Laufzeit von 30 Jahren, wenn eine konstante, flache Zinsstruktur von 10 % über die gesamte Laufzeit angenommen wird, ein Couponeinkommen von 100 x 30 = 3.000 DM. Die jährliche Wiederveranlagung dieser Mittel zum Kapitalmarktzinssatz von 10 % ergibt einen Zinseszins von etwa 13.450 DM. Das bedeutet, dass der Zinseszins einen Anteil von 82 % am Gesamteinkommen generiert. Unterstellt man eine Anleihe mit fünfjähriger Laufzeit und den sonst identischen Spezifikationen, so beträgt der Anteil des Zinseszins am Gesamtertrag nur noch 18 %. Für niedrigere Zinsniveaus fällt der Zinseszins-Ertrag entsprechend geringer aus. Während das Kursrisiko ein rein zeitpunktbezogenes Zinsänderungsrisiko ist, ist das Wiederanlagerisiko ein zeitraumbezogenes Zinsänderungsrisiko. Auch: Reinvestitionsrisiko, Rein-vestmentrisk. Risiko, das mit der erneuten Anlage - der Wiederanlage - frei gewordener Geldmittel verbunden ist.



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