Stückwerk-Technik
In der Wirtschaftssoziologie:
piecemeal engineering, Stückwerk-Sozialtechnik, von K.R. Popper geprägte Bezeichnung für die von ihm befürwortete Form der Anwendung soziologisch theoretischen Wissens für praktische Zwecke. Aufgabe der S.-T. ist es, soziale Institutionen zu entwerfen, umzugestalten oder in ihrer Funktionsfähigkeit zu erhalten, die zur Erreichung bestimmter Ziele geeignet sind. Dabei macht der „Sozialingenieur“ von der Möglichkeit der Umformung sozialwissenschaftlicher Gesetzesaussagen in technologische Aussagen Gebrauch, die darüber Auskunft geben, was mit welchen Mitteln erreicht (und vor allem: was nicht erreicht) werden kann. Der Ausdruck „Stückwerk“ soll betonen, dass diese Sozialtechnik - im Unterschied zur utopischen oder holistischen Planung bzw. Sozialtechnik - die Gesellschaft nicht „als Ganzes“ (im Sinne von Totalität) neu planen und gestalten will, sondern auch sehr weitreichende gesellschaftliche Veränderungen nur durch schrittweise kleine Eingriffe zu erreichen sucht, die sich stets korrigieren oder zurücknehmen lassen, wenn sie die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Die S.-T. unterscheidet sich also von der holistischen Sozialtechnik nicht so sehr in der „Grössenordnung“ ihrer Ziele (Popper nennt z.B. ausdrücklich die Verhinderung von Wirtschaftskrisen, den „Export der Demokratie in den Nahen Osten“ und sogar die Änderung der Klassenstruktur der Gesellschaft als mögliche Gegenstände der S.-T.) als vielmehr durch die grössere Behutsamkeit und Kontrolliertheit ihres Vorgehens, die ein Lernen durch Versuch und Irrtum ermöglichen: indem der Stückwerk-Reformer seine Aufgabe in überschaubare Einzelprobleme aufteilt, die nacheinander zu lösen sind, kann er die Tragfähigkeit seiner Reformvorschläge und der ihnen zugrundeliegenden theoretischen Annahmen anhand des jeweils tatsächlich Erreichten kritisch überprüfen und auf die bei jeder Reform unweigerlich auftretenden unerwünschten Nebenwirkungen flexibel reagieren.
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