Föderalismus
politisches Strukturprinzip zur Vermeidung der Nachteile von Zentralismus und Unitarismus einerseits, Partikularismus und Separatismus andererseits, das seit 1787 (amerikanische Verfassung) in Nationalstaaten (Bundesstaat) und völkerrechtlichen Staatengemeinschaften (Staatenbund) anzutreffen ist. Grundprinzip des in der Realität entsprechend der geschichtlichen Entwicklung sehr unterschiedlich ausgestalteten Föderalismus ist der Zusammenschluss selbständiger, jedoch aufeinander bezogener staatlicher Organisationen gewisser Homogenität bei Beibehaltung der individuellen Eigenart (Einheit in der Unterschiedenheit). Es gibt zwei- und mehrstufige Föderationen. Die Gliedstaaten haben jeweils eine eigene Exekutive, eine eigene Legislative und eine eigene Rechtsordnung. Daraus folgen die wesentlichen Vorteile des Föderalismus. Das Subsidiaritätsprinzip, wonach die Ausübung staatlicher Befugnisse zunächst der niedersten Ebene zusteht, verbindet Bürgernähe mit ökonomischer Effizienz. Die Verteilung der politischen Willensbildung auf verschiedene Gebietskörperschaften führt zu Machtverteilung und ermöglicht Kontrolle von Machtmißbrauch. Ferner ist durch die Selbständigkeit der Gliedstaaten die Bewahrung regionaler Besonderheiten und der Schutz von Minderheiten, durch den Zentralstaat aber eine gewisse Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse gewährleistet (Finanzausgleich). Ausgeprägt föderalistische Systeme bestehen z.B. in den USA, der Schweiz, Osterreich, Kanada und Deutschland. Deutschland bildet ein Beispiel für eine dreistufige Föderation. Grundlage des föderalistischen Systems ist Art. 30 GG, wonach die Ausübung der staatlichen Befugnisse Sache der Länder ist. Bei der Gesetzgebung besteht ein starkes Übergewicht des Bundes, da er die Möglichkeiten der konkurrierenden und der Rahmengesetzgebung stark ausgeschöpft hat. Jedoch wirken über den Bundesrat die Länder bei der Gesetzgebung mit; bei den sog. föderativen Gesetzen ist ihre Zustimmung erforderlich. Bei der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung liegt der Schwerpunkt bei den Ländern. Den Gemeinden steht die örtliche Verwaltung zu. Bei überstaatlichen Zusammenschlüssen ist entscheidendes Kriterium für das Vorliegen einer Föderation, dass Beschlüsse keiner Einstimmigkeit bedürfen und dass die Rechtsnormen unmittelbar, ohne Zwischenschaltung der Mitgliedstaaten, für den Bürger verbindlich sind. Zusammenschlüsse von föderativ aufgebauten Nationalstaaten unterliegen der Gefahr einer Aushöhlung des nationalen Föderalismus durch Eingriff der supranationalen Ebene in die Kompetenzen der Gliedstaaten. Eine systematische Begründung für den dezentralen Aufbau eines Gemeinwesens liefert die Theorie des Finanzföderalismus (fiscal federalism). Literatur: Kirsch, G. (1977)
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