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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Finanzausgleich

Das System des Finanzausgleichs regelt die Verteilung der Aufgaben, der Ausgaben und der Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Im engeren Sinne besteht er in Ausgleichszahlungen finanzstarker Bundesländer (Geberländer) an finanzschwache Bundesländer (Nehmerländer). Im Juni 2001 haben sich Bund und Länder auf einen Finanzausgleich geeinigt, in dem die finanziellen Beziehungen sowohl zwischen Bund und Ländern als auch der Länder untereinander- bis zum Jahr 2020 festgelegt werden.

Allgemein wird unterschieden zwischen passivem und aktivem Finanzausgleich. Der passive Finanzausgleich regelt die Verteilung staatlicher Aufgaben auf die jeweilige Gebietskörperschaft. Beim aktiven Finanzausgleich steht die Verteilung der Finanzmittel im Vordergrund. Gebietskörperschaftsebenen können ihre Aufgaben nur dann wahrnehmen, wenn ihnen auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen.

Die Finanzierung der Ausgaben der Gebietskörperschaft erfolgt im deutschen Föderalismus auf drei Wegen. Jeder Ebene steht ein Teil der Steuereinnahmen zur Verfügung, die meistens nach festen Quoten auf Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt wird. Weiterhin beteiligt sich der Bund durch Zuweisungen an vielen Aufgaben der Länder und Gemeinden. Dies wird als vertikaler Finanzausgleich bezeichnet. Das Pendant dazu ist der horizontale Finanzausgleich. Er führt zu einem Ausgleich der Finanzmittel zwischen reichen und armen Ländern.

Die Ausgleichspflicht ergibt sich aus einem Vergleich der so genannten Ausgleichsmesszahl mit der Finanzkraftmesszahl. Die Ausgleichsmesszahl besteht aus der durchschnittlichen Finanzausstattung aller Bundesländer pro Einwohner multipliziert mit den Einwohnern des betreffenden Bundeslandes. Für die Stadtstaaten wird das Ergebnis mit 1,35 "faktorisiert". Die Finanzkraftmesszahl besteht aus den Steuereinnahmen des jeweiligen Landes zuzüglich 50 Prozent der Gemeindesteuern.

Ein Land ist ausgleichsberechtigt, wenn die Ausgleichsmesszahl größer als die Finanzkraftmesszahl ist. In diesem Fall wird die Finanzkraft auf mindestens 95 Prozent des Durchschnitts heraufgesetzt. Die ausgleichspflichtigen Länder müssen von ihrem Überschuss einen progressiv wachsenden Anteil abgeben (15 Prozent von den ersten 1 Prozent Überschuss; 66 Prozent der nächsten 9 Prozent; von weiteren Überschüssen 80 Prozent). Weitere Klauseln stellen sicher, dass Beiträge und Leistungen identisch sind.

Aus dieser Verpflichtung heraus entsteht hin und wieder Kritik. Von Seiten der Geberländer gibt es von Zeit zu Zeit Bestrebungen, den Finanzausgleich einzuschränken. Als Argument wird dabei häufig angeführt, der Ausgleich sei wettbewerbsfeindlich und würde ökonomische Anreize nehmen, um wirtschaftlich zu haushalten.

Dabei ist der Länderfinanzausgleich ein wesentliches Instrument zur Umleitung der Steuergelder von West nach Ost. Ebenfalls wichtig sind die direkten Staatshilfen, zum Beispiel für Unternehmens- und Strukturbeihilfen, die sich seit der Wiedervereinigung auf 400 Milliarden Euro summieren. Hinzu kommen zusätzliche Transfers aus den Sozialkassen.

Der Länderfinanzausgleich hatte 2003 fünf Geberländer. An der Spitze stand Baden-Württemberg mit einer Zahlung von 2,2 Milliarden Euro, Hessen und Bayern folgten mit je 1,9 Milliarden Euro. Hamburg (700 Millionen Euro) und Nordrhein-Westfalen (100 Millionen Euro) zahlten geringere Beträge ein, Schleswig-Holstein zahlte nichts ein und erhielt keine Zahlungen.

An der Spitze der Empfängerländer stand die Hauptstadt Berlin mit 2,6 Milliarden Euro. Es folgten Sachsen (900 Millionen Euro) sowie Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg mit rund 500 Millionen Euro. Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern bekamen jeweils 400 Millionen, Bremen und Rheinland-Pfalz 300 Millionen und das Saarland 100 Millionen Euro.

Problematisch ist der deutsche Länderfinanzausgleich nicht wegen der Höhe der Ausgleichszahlungen, sondern wegen der extrem hohen Abschöpfung von zusätzlichen Steuereinnahmen bei den Ländern. Das System funktioniert wie kommunizierende Röhren: Steigen die eigenen Einnahmen, führt das fast im gleichen Ausmaß zu fallenden Transferansprüchen und umgekehrt. Damit fehlen den finanzschwachen Ländern Anreize zu eigenen Anstrengungen. Ein Hauptziel der anstehenden Reform des Länderfinanzausgleichs 2005 soll somit ein Abbau dieser absurd hohen Grenzbelastungen sein.

Schließlich gibt es auch auf der internationalen Ebene das Instrument des Finanzausgleichs. Dabei geht es um die Festlegung von Finanzierungsbeiträgen für die internationalen Organisationen wie zum Beispiel UNO, FAO oder NATO.



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