Geldnachfrage-Bestimmungsfaktoren
Die Geldnachfragetheorie hat eine Vielfalt von Bestimmungsfaktoren der Geldnachfrage der Wirtschaftssubjekte entwickelt. In der klassischen Nationalökonomie werden Verknüpfungen zwischen Volkseinkommen und Kassenhaltung abgeleitet. Das Volkseinkommen als Mass für das Transaktionsniveau in der Wirtschaft bestimmt den Umfang der Ein- und Auszahlungsströme, deren Synchronisation zur Vermeidung von Defiziten durch Kassenhaltung gesichert werden muss. Dieses Motiv für das Halten von Transaktionskasse muss ergänzt werden um das Vorsichtsmotiv, sofern realitätsnah angenommen wird, dass künftige Zahlungsströme und mögliche negative Salden unsicher sind (Vorsichtskasse). An der Funktion der Kassenhaltung zur Synchronisation der Ein- und Auszahlungsströme setzen auch die Kassenhaltungsmodelle an, die nach dem Muster von Lagerhaltungsmodellen der Industrie konzipiert sind. Nach diesen Konzepten wird die Transaktionskasse nicht in Abhängigkeit vom Transaktionsvolumen, sondern von erwarteten Salden in den Zahlungsströmen bestimmt, und da Geldhaltung Kosten verursacht, wird nach diesem Ansatz von den Wirtschaftssubjekten versucht, die Lagerkosten i. S. v. Geldhaltungskosten zu minimieren. Wesentlicher Einfluss wird in den Geldnachfragetheorien dem Zins zugeschrieben. Die gesamte Kassenhaltung wird als potenziell zinsreagibel eingeschätzt. Kassenhaltung verursacht Opportunitätskos-ten, da das zinslose Halten von Geld Zinsentgang aus alternativer, Zins bringender Anlage bedeutet. So ist plausibel, dass durch die Höhe dieser Opportunitätskosten die Höhe der Kassenhaltung beeinflusst wird. In neueren Theorien gilt dies auch für die Transaktions- und Vorsichtskassenhaltung. In entspr. Hypothesen wird davon ausgegangen, dass mit steigendem Zins die Geldnachfrage sinkt und mit Zinssenkung ein Anstieg der Geldnachfrage einhergeht. Der Einfluss des Zinses ist besonders eingehend im Zusammenhang mit dem Spekulationsmotiv der Kassenhaltung untersucht worden. Nach Keynes ist die spekulative Kassenhaltung in zweierlei Weise zinsreagibel: Zum Ersten bestimmt die Höhe des Zinses die Opportu- nitätskosten, die im Kalkül der Spekulanten mit dem möglichen Spekulationsgewinn verglichen werden; zum Zweiten werden durch die Höhe des Zinses Erwartungen hins. der zukünftigen Zinsentwicklung beeinflusst. Bei hohem Zinsniveau sind die Erwartungen auf Zinssenkungen gerichtet mit der Folge, dass Spekulanten in Erwartung steigender Kurse und damit sinkender Zinsen Wertpapiere kaufen und somit spekulative Kassenhaltung vermindern. Die systematische Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen der Geldhaltung und dem Halten anderer Vermögenspositionen erfolgt in den vermögens-oder portfoliotheoretischen Geldnachfragetheorien. Hier ist Geld nur eine Position in einem Vermögensportfolio, dessen Zusammensetzung die Wirtschaftssubjekte nach Rendite- und Risikozielen zu optimieren suchen, entspr. der Portfolioselection-Theorie. In einem solchen Portefeuille kommt der Kassenhaltung als einerseits zinsloser, andererseits aber auch risikoloser Vermögensposition eine besondere Funktion unter Ertrags- und Diversifizierungsaspekten zu. Orientieren die Wirtschaftssubjekte die Kassenhaltung an monetären Grössen, wird dies als Kassenhaltung bei Geldillusion bezeichnet. Eine Wirtschaft, die frei von Geldillusion ist, wird dagegen die Höhe der Kassenhaltung unter Berücksichtigung des Preisniveaus bestimmen und damit auf Preissteigerungen mit entspr. Anpassung der Geldnachfrage reagieren.
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