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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Der Europäische Gerichtshof ist die oberste rechtliche Instanz der Europäischen Union. Sitz des Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist Luxemburg. Seine Aufgabe ist die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge zur Europäischen Union. Daher ist er in erster Linie Verfassungsgericht. Er hat aber auch verwaltungsrechtliche Zuständigkeiten. Außerdem soll er zur Weiterentwicklung des Gemeinschaftsrechts beitragen.

Der gemeinsamer Gerichtshof für alle drei Gemeinschaften - die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) - besteht seit dem Abkommen über gemeinsame Organe für die Europäischen Gemeinschaften von 1957. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist zuständig für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften (EU), zwischen der Gemeinschaft selbst und einzelnen Mitgliedstaaten, zwischen den Organen der Europäischen Gemeinschaften sowie zwischen einzelnen Bürgern der EU und der Europäischen Gemeinschaft. Aufgrund dieses Abkommens trat mit Wirkung vom 1. Januar 1958 der Europäische Gerichtshof an die Stelle der in den drei Gründungsverträgen vorgesehenen getrennten Gerichtshöfe.

Die 13 Richter EuGH (oberste Instanz) werden von den Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für jeweils sechs Jahre ernannt werden. Aus ihren Reihen wählen die Richter für jeweils drei Jahre den Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs. Zu ihrer Unterstützung stehen den Richtern sechs Generalanwälte zur Seite, die ebenfalls für die Dauer von sechs Jahren ernannt werden. Ihre Aufgabe ist es, unabhängige Rechtsgutachten zu den beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu erstellen, die jedoch für den Gerichtshof keine bindende Wirkung haben.

Angerufen werden kann der Europäische Gerichtshof von den Organen der Europäischen Gemeinschaften, den Mitgliedstaaten, von natürlichen und juristischen Personen sowie den Gerichten der Mitgliedstaaten. Der Gerichtshof nimmt dabei - je nach Art der Klage - die Funktion eines Verfassungs-, Verwaltungs- oder Zivilgerichts ein. Die wichtigsten Formen einer Klage sind:

  • Klagen der Europäischen Kommission oder eines Mitgliedstaats wegen Verletzung der Gründungsverträge oder darauf gestützten Sekundärrechts durch ein anderes Mitglied der Europäischen Union (EU). Hierbei handelt es sich um so genannte Vertragsverletzungsverfahren.
  • Klagen der anderen Organe der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten oder natürlicher und juristischer Personen mit dem Ziel, Rechtsakte des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission als vertragswidrig und damit nichtig zu erklären. Dies sind so genannte Nichtigkeitsklagen.
  • Klagen der anderen Organe der Europäischen Gemeinschaften, der Mitgliedstaaten oder natürlicher und juristischer Personen, wenn sie der Ansicht sind, dass der Europäische Rat oder die Europäische Kommission das Gemeinschaftsrecht durch Untätigkeit verletzt haben.
  • Schadenersatzklagen gegen die Europäische Union.
  • Beamtenrechtliche Klagen.

Der Europäische Gerichtshof kann darüber hinaus so genannte Vorabentscheidungen bei Streitigkeiten fällen, die eigentlich bei Gerichten der einzelnen Mitgliedstaaten anhängig sind, von diesen aber dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt werden. Er kann Gutachten zu Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten über die Auslegung des europäischen Rechts abgeben, soweit diese aufgrund eines Schiedsvertrags beim Europäischen Gerichtshof anhängig gemacht werden. Er kann Gutachten über die Vereinbarkeit internationaler Abkommen der EU mit den Gründungsverträgen der Europäischen Gemeinschaften sowie Gutachten über die Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) erstellen.

Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs binden zunächst nur die Verfahrensbeteiligten. Erst wenn einzelne Rechtsakte der EU durch den Gerichtshof für nichtig oder ungültig erklärt werden, gelten sie für oder gegen jedermann. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs sind aber nur vollstreckungsfähig, wenn sie Zahlungsverpflichtungen auferlegen und von den Mitgliedstaaten vollstreckt werden können. Darüber hinaus verfügt die Europäische Union über keine Instrumente, um die Entscheidungen des Gerichtshofs durchzusetzen. Die Durchschlagskraft der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hängt daher von der Bereitschaft der Mitgliedstaaten ab, die Urteile zu akzeptieren.

Der Gerichtshof zählt es zu seinen Aufgaben, das europäische Gemeinschaftsrecht weiter zu entwickeln und damit die europäische Integration zu unterstützen. Deutlich wird seine politische Rolle bei der Überprüfung der Rechtsakte des Ministerrats, bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts und bei seinem Einsatz für die Grund- und Menschenrechte der Bürger der Europäischen Union.

Neben dem EuGH gibt es seit 1989 das Europäische Gericht Erster Instanz, das den EuGH entlasten soll. Es besteht aus zwölf Richtern, die ebenfalls von den Mitgliedsländern in gegenseitigem Einvernehmen ernannt werden. Zu seiner Zuständigkeit zählen Beamtenstreitigkeiten, Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen. Dies sind Klagen, deren Zweck es ist, bestimmte Rechtsakte für nichtig zu erklären oder bestimmten Institutionen Untätigkeit vorzuwerfen. Sie können von Unternehmen und Unternehmensverbänden nach dem EGKS-Vertrag erhoben werden. Zu Nichtigkeits- und Untätigkeitserklärungen die Wettbewerbsvorschriften zum Gegenstand haben, sind nach dem EWG-Vertrag natürliche oder juristischen Personen befugt.



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