Europäische Zentralbank, (EZB-) Rat, Abstimmungsmodalitäten
Bei der Beschlussfassung über geldpoiitische Fragen u.a. Aufgaben der EZB und des Eurosystems agieren die Mitglieder des EZB-Rats nicht als Vertreter ihres jeweiligen Landes, sondern unabhängig in persönlicher Funktion. Dies zeigt sich auch an dem Grundsatz, dass jedes Mitglied im EZB-Rat über eine gleichberechtigte Stimme verfügt (One Member, One Vote). Auch nach EU-Erweiterung nehmen weiterhin sämtliche Mitglieder des EZB-Rats an den Sitzungen und Beratungen teilnehmen. Die Anzahl der jeweils stimmberechtigten Zentralbankpräsidenten darf jedoch zu keinem Zeitpunkt 15 überschreiten. Die 15 Stimmrechte unterliegen nach Massgabe vorab festgelegter Regeln einer Rotation unter den Zentralbankpräsidenten. Die 6 Direktoriumsmitglieder behalten jeweils dauerhaftes Stimmrecht. Um sicherzustellen, dass die jeweils stimmberechtigten Zentralbankpräsidenten aus Mitgliedstaaten kommen, die zusammen repräsentativ für die Wirtschaft des Euroraums insg. sind, üben die Zentralbankpräsidenten im Einklang mit dem Grundsatz der Repräsentativität ihr Stimmrecht mit unterschiedlicher Häufigkeit aus und zwar abhängig von einem Indikator der relativen Grösse der Volkswirtschaft und des Finanzsektors des jeweiligen Mitgliedstaats im Eurowährungsgebiet. Diese Unterscheidung zwischen den Zentralbankpräsidenten erfolgt jedoch ledigl. bei der ursprünglich Festlegung, wie häufig jeder von ihnen stimmberechtigt ist. Die Zentralbankpräsidenten sind nach Massgabe der Position, die sich - auf Basis eines Indikators sowohl für das Bruttoinlandsprodukt als auch für das Gewicht des jeweiligen Finanzmarkts - für ihr Land aus der Bedeutung seiner Volkswirtschaft innerhalb des Eurowährungsgebiets ergibt, in verschiedene Gruppen eingeteilt. Um reibungslose Einführung des Rotationssystems zu gewährleisten, erfolgt diese in 2 Stufen. Grunds, tritt das System rotierender Stimmrechte in Kraft, sobald der 16. Mitgliedstaat dem Eurogebiet beigetreten ist, und zwar zunächst auf Basis von 2 Gruppen. Sobald die Zahl der Euroländer auf mehr als 21 angestiegen ist, wird eine Einteilung in 3 Gruppen vorgenommen. In der ersten Stufe werden die Präsidenten der NZB nach folgenden Regeln in 2 Gruppen eingeteilt: Die 1. Gruppe besteht aus den 5 Zentralbankpräsidenten der Euroländer, die die obersten Positionen einnehmen. Dieser Gruppe sind 4 Stimmrechte zugeteilt. Die 2. Gruppe setzt sich aus allen übrigen Zentralbankpräsidenten zusammen. Auf sie entfallen 11 Stimmrechte. Sobald der 22. Mitgliedstaat dem Eurowährungsgebiet beigetreten ist, erfolgt die Einteilung in 3 Gruppen: Die 1. Gruppe besteht aus den 5 Zentralbankpräsidenten der Euroländer, die die obersten Positionen einnehmen. Dieser Gruppe sind 4 Stimmrechte zugeteilt. Die 2. Gruppe besteht aus der Hälfte aller Zentralbankpräsidenten, die aus den Ländern auf den nachfolgenden Positionen ausgewählt werden, wobei jeder Bruchteil auf die nächste ganze Zahl aufgerundet wird. Auf diese Gruppe entfallen 8 Stimmrechte. Die 3. Gruppe setzt sich aus den übrigen Zentralbankpräsidenten zusammen, die insg. über 3 Stimmrechte verfügen. Innerhalb jeder Gruppe sind die Präsidenten der NZB für gleich lange Zeiträume stimmberechtigt. Zu Grunde liegt die Berechnung der Anteile am aggregierten Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen. Die gesamte aggregierte Bilanz der monetären Finanzinstitute ist gem. dem zum Zeitpunkt der Berechnung in der Europäischen Gemeinschaft geltenden statistischen Berichtsrahmen berechnet. Bei jeder Anpassung des aggregierten Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen oder bei jeder Erhöhung der Anzahl der Präsidenten der NZB wer- den Grösse und/oder Zusammensetzung der Gruppen nach o. a. Grundsätzen angepasst. Der EZB-Rat trifft mit Mehrheit von 2/3 seiner stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Mitglieder alle zur Durchführung der o.a. Grundsätze erforderlichen Massnahmen und kann beschliessen, den Beginn des Rotationssystems bis zu dem Zeitpunkt zu verschieben, zu dem die Anzahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken 18 übersteigt. Das Rotationssystem soll sicherstellen, dass der EZB-Rat in einem erweiterten Eurowährungsgebiet weiterhin in der Lage ist, Entscheidungen effizient und zeitgerecht zu treffen, während zugleich der Grundsatz der persönlichen Teilnahme der Mitglieder des EZB-Rats sowie der Grundsatz »ein Mitglied, eine Stimme« aufrecht erhalten werden. Das Stimmrecht wird persönlich ausgeübt. Abweichend ist in der Geschäftsordnung vorgesehen, dass Mitglieder des EZB-Rats per Telekonferenz an der Abstimmung teilnehmen können. In der Geschäftsordnung ist ferner vorgesehen, dass ein für längere Zeit an der Teilnahme an Sitzungen des EZB-Rats verhindertes Mitglied einen Stellvertreter als Mitglied des EZB-Rats benennen kann. Soweit in der Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschliesst der EZB-Rat mit einfacher Mehrheit seiner stimmberechtigten Mitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. Der EZB-Rat ist beschlussfähig, wenn mind. 2/3 seiner stimmberechtigten Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen. Ist der EZB-Rat nicht beschlussfähig, kann der Präsident eine ausserordentliche Sitzung einberufen, bei der für die Beschlussfähigkeit die Mindestteilnahmequote nicht erforderlich ist.
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