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Bürgergeld / Negative Einkommensteuer
Als Bürgergeld oder Negative Einkommensteuer wird ein Transfersystem bezeichnet, bei dem es nicht nur eine Besteuerung der Einkommen gibt sondern spiegelbildlich dazu Zahlungen des Staates an Bürger, die nur ein geringes oder gar kein Einkommen beziehen. Die ausgezahlten Steuerbeträge ersetzen dann die Vielzahl der sozialen Leistungen, die es heute gibt: Kindergeld, Arbeitslosengeld, Wohngeld, Sozialhilfe usw. Nach dem Konzept des Bürgergeldes besteuert das Finanzamt nicht nur die Einkommensbezieher. Es zahlt umgekehrt auch an diejenigen, die auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind. Je nach derer sozialen Lage (Alter, Familienstand, Höhe des selbst erwirtschafteten Einkommens) fließen ihnen entsprechend (Ausgleichs-) Beträge zu. Ebenso wie die steuerlichen Abgaben bei hohen Einkommen bis zu einem (prozentualen) Höchstsatz progressiv steigen, nehmen auch die negativen Steuern mit wachsender Bedürftigkeit bis hin zu einem (absoluten) Höchstsatz pro Person zu. Ziel dieses Konzeptes ist es, über staatliche Eingriffe zu einer Einkommensverteilung zu kommen, die als gerecht empfunden wird und gleichzeitig mit der Praxis aufhört, soziale Leistungen an ein und dieselbe Person aus einer Vielzahl von öffentlichen Kassen zu zahlen und dabei oftmals unterschiedliche Kriterien für den Leistungsanspruch festzulegen. Die auch heute schon vorhandene Umverteilungswirkung der Einkommensteuer wird so auf das gesamte Einkommensspektrum ausgedehnt und nicht nur auf diejenigen angewandt, die Einkommen beziehen und oberhalb des Grundfreibetrages liegen. Steuerzahlungen und Transferzahlungen werden damit in ein gemeinsames System integriert. Obergrenze für die sozialen Leistungen im Rahmen einer Bürgergeldsystems ist das staatlich festgelegte Mindesteinkommen. Es wird an Bürger bezahlt, die über keinerlei eigenes Einkommen verfügen. Haben sie Abhängige - also vor allem Kinder - zu versorgen, erhalten sie entsprechende Zuschläge. Wenn der Empfänger von Bürgergeld ein eigenes Einkommen erzielt (aus Arbeit, Rente, Zinseinnahmen, Verpachtung usw.) wird dies zwar angerechnet - aber nicht voll - ähnlich wie umgekehrt bei den Steuerzahlern nur ein - wenn auch wachsender - Teil des selbst verdienten Einkommens vom Staat kassiert wird. Dadurch soll erreicht werden, dass sowohl der Empfänger von Leistungen als auch der Einkommensbezieher ein Interesse daran behält, zu arbeiten und seine Leistung und damit sein selbst verdientes Einkommen zu steigern. Würde im Fall des Leistungsempfängers jeder zusätzlich verdiente Betrag voll angerechnet oder umgekehrt beim Steuerzahler von einer bestimmten Einkommenshöhe an jeder zusätzlich erzielte Verdienst voll weggesteuert, würden beide keinerlei Interesse daran haben, ihr Einkommen durch eigene Leistung zu steigern. Im Mittelbereich gibt es je nach Ausgestaltung des Konzepts eine mehr oder weniger große Gruppe von Einkommensbeziehern, die weder Transferleistungen erhalten noch Steuern zahlen müssen, da ihre Bezüge unterhalb des Grundfreibetrages und oberhalb der Einkommensgrenze liegen, die zu staatlichen Ausgleichszahlungen berechtigt. Das Bürgergeld (oder die negative Einkommensteuer) würde aus dem heute noch weitgehend beziehungslos nebeneinander bestehenden Steuer- und Transfersystem nicht nur eine in sich geschlossene und logische Einheit machen. Es wäre auch ein für jedermann leicht durchschaubares System, da die Vielzahl der sozialen Transferleistungen entfiele, die oft so kompliziert und für die Betroffenen unverständlich sind, dass viele Bürger ihre Ansprüche gar nicht kennen oder wahrnehmen können. Überdies ist im Laufe der Zeit ein so kompliziertes Gewirr von Steuern und Abgaben einerseits und sozialen Leistungen aller Art andererseits entstanden, dass niemand mehr sagen kann, welche Gruppen der Bevölkerung davon am meisten profitieren. Es lässt sich auch nicht klar erkennen, ob die damit verfolgten sozialen Ziele wirklich erreicht werden. Überdies werden durch die Vielzahl von Steuern und Abgaben sowie von Subventionen, Steuerermäßigungen und sozialen Leistungen oft ökonomische und soziale Folgewirkungen ausgelöst, die so keineswegs beabsichtigt waren. Das gilt einerseits für Investitionen, die nur vorgenommen werden, weil steuerliche Vorteile oder Subventionen winken und andererseits für die Verführung zum Sozialmissbrauch oder zur Schwarzarbeit durch das soziale Leistungsangebot. Allerdings müssten dann sowohl die Berechnung von "Bedürftigkeit" als auch des Begriff des steuerlichen Einkommens neu gefasst werden, damit es nicht zu neuen Ungerechtigkeiten kommt. So müsste nicht nur auf der Seite der Empfänger sondern auch auf der Seite der Einkommensteuerzahler die familiäre Situation in gleicher Weise berücksichtigt werden. Damit würde das System jedoch sofort wieder komplizierter und weniger übersichtlich. Kritiker befürchten überdies, dass viele Bürger es attraktiv finden könnten, sich ganz auf den Bezug des Höchstsatzes beim Bürgergeld zu beschränken oder es allenfalls durch Schwarzarbeit aufzubessern. Sie würden dann nicht nur im erwerbsfähigen Alter von der Allgemeinheit ernährt. Sie hätten auch - ohne jemals Beiträge gezahlt zu haben - später einen Anspruch auf Rente. Würde die Rente nicht über Beiträge sondern über Steuern finanziert und alle erhielten später die gleiche Grundrente bzw. statt dessen bis ans Lebensende ein Bürgergeld, wäre die Situation eher noch problematischer. Denn auch dann würden diejenigen, die sich immer voll auf den Staat verlassen haben, genauso behandelt wie andere, die gearbeitet und mit ihren Steuern das alles finanziert haben. Wenn die Erwerbstätigen im Laufe ihres Arbeitslebens Ersparnisse bilden und im Alter daraus Erträge beziehen, würde dies (zumindest teilweise) auf das Bürgergeld angerechnet. Ergebnis: Im Alter würde jemand, der ein volles Erwerbsleben hinter sich hat, schlechter gestellt sein als ein lebenslanger Arbeitsloser. Ein konsequent eingeführtes Bürgergeld-System könnte daher entweder einfach und damit auch wieder ungerecht sein - oder würde wieder um so komplizierter, je stärker es nach Gerechtigkeit strebt.
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