Qualitätszirkel
Periodisch oder bei Bedarf tagende Arbeitsgruppe von 4 bis 10 Mitarbeitern eines oder mehrerer Arbeitsbereiche, die in eigener Verantwortung Vorschläge zur Verbesserung des Arbeitsablaufs oder der Qualität erarbeiten. Typisches Element eines Kontinuierlicher Verbesserungsprozesses (KVP).
Ziel und Grundgedanke von Qualitätszirkeln ist es, die produzierenden Mitarbeiter eines Unternehmens in den Prozess der Planung und Kontrolle der eigenen Leistung einzubeziehen. Mit Hilfe von Qualitätszirkeln sollen konkrete sachbezogene Probleme gelöst und zugleich Motivation und Loyalität der Mitarbeiter gestärkt werden.
Die konstituierenden Merkmale eines Qualitätszirkel lassen sich nach Walter Bungard und Gerd Wiendieck wie folgt beschreiben:
(1) Es handelt es sich um Gesprächsrunden von ca. 5 bis 10 Mitarbeitern aus unteren Hierarchieebenen.
(2) Sie stammen in der Regel aus einem Arbeitsbereich.
(3) Sie versuchen auf freiwilliger Basis, regelmäßig (alle 2 bis 4 Wochen) arbeitsbezogene Probleme im weiteren Sinn zu besprechen und möglichst eigenverantwortlich zu lösen.
(4) Die Gruppe wählt sich ihre (im weitesten Sinn qualitätsbezogenen) Themen selbst aus; sie werden in der Regel nicht von “oben” vorgegeben.
(5) Die Moderation im Sinne der Diskussionsleitung übernimmt entweder der direkte Vorgesetzte der Mitarbeiter, also z.B. der Vorarbeiter oder Meister oder ein “externer” Qualitätsgruppenbetreuer bzw. Moderator.
(6) Die Produktqualität (z.B. im Sinne von weniger Ausschuss usw.) ist dabei nur ein, wenn auch sehr wichtiger Teilaspekt, daneben werden Fragen der Arbeitssicherheit, der Arbeitsplatzgestaltung bezüglich der Arbeitsabläufe und -verrichtungen und der Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten diskutiert.
(7) Die Gesprächsrunden finden während der Arbeitszeit oder insbesondere bei taktgebundener Fließbandarbeit vor oder nach der Schicht gegen Überstundenbezahlung statt. Dauer: jeweils ein bis zwei Stunden.
(8) Die Gesprächsleiter bzw. Moderatoren berichten regelmäßig (anhand eines Ergebnisprotokolls) einem - Koordinator über die besprochenen Themen.
(9) Von der Gruppe ausgearbeitete Problemlösungsvorschläge können im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens honoriert werden und/oder sie werden mit Hilfe eines eigenen Belohnungssystems prämiert.
Kernelemente der Qualitätszirkel sind Qualitätszirkelgruppen mit ihren Teilnehmern und Zirkelleitern, dem Koordinator bzw. Facilitator der einzelnen Qualitätszirkel und die Steuerungsgruppe, die für die unternehmensweite Planung und Durchführung des Programms verantwortlich ist. Die Leitung der Qualitätszirkel übernimmt gewöhnlich der unmittelbare Vorgesetzte, das ist häufig der Meister.
Walter Bungard und Gerd Wiendieck haben vorgeschlagen, die Mitwirkungsmöglichkeiten von Mitarbeitern innerhalb eines dreidimensionalen Handlungsspielraums abzubilden, der durch die Dimension
(a) Umfang und Variabilität der Tätigkeiten,
(b) Grad der Entscheidungsbefugnisse und Verantwortlichkeiten sowie
(c) Grad der sozialen Kontaktmöglichkeiten
beschrieben wird:
In diesem Modell lassen sich - Werkstattzirkel im wesentlichen durch eine horizontale Erweiterung des Tätigkeitsspielraums, bei nur geringfügiger Ausdehnung des Entscheidungs- und Kooperationsspielraums kennzeichnen. Qualitätszirkel lassen sich durch eine Erweiterung des Tätigkeits- und Entscheidungsspielraums bei geringfügiger Erweiterung des Kooperationsspielraums beschreiben. Dagegen streben Lernstattkonzepte eine Erweiterung auf allen drei Dimensionen an.
Qualitätszirkel entwickelten sich Anfang der 1960er Jahre in Japan, finden jedoch in der Bundesrepublik Deutschland seit Anfang der 1980er Jahre zunehmende Beachtung.
In Japan entstanden sie, weil die Japaner große Probleme bei der Qualitätssicherung hatten. Das Herkunftszeichen “Made in Japan” stand für Billigware mit schlechter Qualität. Daher versuchten die Japaner, Anschluss an westliche Qualitätsstandards zu finden und übernahmen die hochentwickelten, amerikanischen Methoden der Qualitätskontrolle. Es erfolgte ein Technologietransfer, der Japan auf den gleichen Stand der Qualitätssicherung wie die USA und Westeuropa gebracht hätte, wären diese Methoden der Qualitätskontrolle nicht den japanischen Verhältnissen angepaßt und entsprechend weiterentwickelt worden.
Im Gegensatz zu den USA und Westdeutschland gelang es in Japan, die Qualitätssicherung zur Aufgabe jedes Mitarbeiters zu machen. Viele Unternehmen schulten ihre Mitarbeiter in den Methoden der Qualitätskontrolle und boten ihnen die Gelegenheit, in kleinen Arbeitsgruppen — eben den Qualitätskontrollzirkeln — über Verbesserungen der Produktqualität der Arbeitsabläufe, des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen zu diskutieren. Die Teilnahme an den Qualitätszirkeln ist in Japan den Mitarbeitern freigestellt, wird von ihnen aber als Selbstverständlichkeit empfunden.
Qualitätszirkel ähneln in vielen Aspekten den teilautonomen Arbeitsgruppen, vor allem in dem Anspruch, die Mitarbeiter wieder näher an die betrieblichen Prozesse heranzuführen und ihrem besonderen Stellenwert in der Arbeit mehr Rechnung zu tragen.
In Inhalt und Ausmass der Strukturierung unterscheiden sich die in Deutschland verbreiteten Qualitätszirkel teils recht stark voneinander. Die Zielsetzung mancher Qualitätszirkel beschränkt sich darauf, Lösungsvorschläge für ein bestimmtes, vorgegebenes Qualitätsproblem zu erarbeiten, ohne selbst mit dessen Lösung betraut zu sein. Anderere Qualitätszirkel verfügen hingegen über den notwendigen Handlungsspielraum, Problemstellungen anzupacken, Lösungsvorschläge auszuarbeiten, und einen davon auszuwählen und nach Absprache mit dem Management zu realisieren.
Die in Qualitätszirkeln verwendeten Methoden stammen hauptsächlich aus dem Bereich der Qualitätssicherung. Zu den bekanntesten Verfahren gehören die Pareto-Analyse, Ursachen-Wirkungs-(Ishikawa-)Diagramme, Brainstorming sowie verschiedene Verfahren zur Datenerfassung und Datendarstellung, wie Datenerhebungsbögen, Checklisten, Erfolgskontrolldiagramme und Protokolle auf standardisierten Formblättern.
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