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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Netto(zahlungsverkehrs)systeme und Weiterentwicklungen

Nettozahlungsverkehrssysteme sind solche mit gegenseitiger Verrechnung von Forderungen ohne sofortige Finalität der einzelnen Zahlungen und ohne damit verbundener Bereitstellung von Zentralbankliquidität im Tagesverlauf. Bei Nettoverfahren im Individual-zahlungsverkehr werden während des Tages Zahlungen zwischen Banken wechselseitig ausgetauscht und zunächst nur verrechnet. Der endgültige Ausgleich der sich aus dieser Verrechnung ergebenden Soll- und/oder Habenpositionen in Zentralbankgeld erfolgt liquiditätssparend zum Tagesende. Nach Darstellung der Bundesbank stieg angesichts starker Zunahme des Zahlungsverkehrsvolumens und der Internationalisierung der Finanzströme weltweit das Erkennen der von derartigen Nettoverfahren ausgehenden Risiken, die insb. entstehen, wenn ein Teilnehmer seine Zahlungsverpflichtungen am Tagesschluss nicht erfüllen kann. Die mit der dann notwendigen Rückabwicklung von Zahlungen einhergehenden Kredit- und Liquiditätsrisiken können, wie die Bundesbank konstatiert, zum Systemrisiko werden. Daher stellte der »Ausschluss für Interbank-Netting-Systeme der Zentralbanken der Länder der Zehnergruppe« bei der BIZ Mindestanforderungen für Grenzen überschreitende Nettingverfahren auf; in der Folgezeit wurden lt. Bundesbank die Aktivitäten zur Risikoverringerung im Zahlungsverkehr weiter intensiviert und führten zu Entwicklungen zur (evtl. Teil-) Lösung potenzieller Zielkonflikte zwischen niedrigem Risiko durch schnelle Zahlungsabwicklung und möglichst geringen Kosten durch niedrigen Liquiditätseinsatz. Die Bundesbank beschreibt diese als: 1. Gesicherte Nettosysteme (z.B. ETJRO-1 der EBA). Diese behalten die herkömmliche Verarbeitungslogik von Nettosystemen bei und ermöglichen durch bilaterale oder mehrseitige Verrechnung Abwicklung zu relativ niedrigen Liquiditätskosten. Um damit verbundenen Kredit- und Liquiditätsrisiken zu begegnen, werden verschiedene Sicherungsmechanismen eingesetzt: bspw. Definition bi- und multilateraler Kreditlimite zur Begrenzung der Gesamtposition eines Teilnehmers während des Tages, Sicherheitenhinterlegung zur Abdeckung evtl. Ausfälle, Einrichtung eines Haftungsverbunds unter den Teilnehmern. 2. Hybridsysteme. Bei diesen werden Nettosysteme mit aus Echtzeit-bruttosystemen bekannten Elementen angereichert, die Zahlungsausführung nur bei gegebener Deckung zulassen. Das von der Bundesbank 1996 eingeführte EAF-2-System war richtungweisend für die Entwicklung, die inzwischen auch in einigen anderen Ländern umgeserzt wurde. Wesentliches Element ist, dass Einzelzahlungen in kurzen Zyklen durch Verrechnung mit sofortiger Endgültigkeit (Finalität) ausgeführt werden. Da sich die gegenläufigen Zahlungen i.d. R. allerdings nicht exakt entsprachen, wird zum Ausgleich der Differenzbeträge auf durch die Teilnehmer in begrenzter Höhe vorweg bereitgestelltes Zentralbankgeld zurückgegriffen. 3. Echtzeit-bruttosysteme. Diese - als jüngste Entwicklung - ergänzen ihr Systemdesign um liquiditätssparende und -steuernde Elemente. Hybridsysteme werden damit überflüssig. Auch hier war die Bundesbank Vorreiter, indem sie 2001 ihr Bruttosystem ELS (Elektronischer Schalter) mit dem Hybridsystem EAF-Z zum neuen liquiditätssparenden RTGSPLI,S-System verschmolz, ein Konzept, das inzwischen auch andere Länder realisiert haben. Lt. Bundesbank werden in fortentwickelten Echtzeitbruttosystemen alle eingelieferten Zahlungen - wie in herkömmlichen Echtzeitbruttosystemen - einzeltransaktionsbezogen verarbeitet und sofort endgültig ausgeführt, falls ausreichende Deckung vorhanden ist. Durch entspr. Verfahrensmodalitäten können als Deckungsmittel - neben vom Zahlungsverkehrsteilnehmer auf seinem Zentralbankkonto vorhandenen Guthaben und von der Zentralbank bereitgestellten Innertageskrediten - erheblich auch gegenläufige Zahlungen anderer Teilnehmer genutzt werden. So wird lt. Bundesbank frühe und liquiditäts-schonende Zahlungsausführung innerhalb des Tages garantiert, verbunden mit Möglichkeiten gezielter Steuerung des Liquiditätseinsatzes.



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Netto-Reichweite
 
Weitere Begriffe : Netting | Erwartungshaltung | Selbstfinanzierungsquote
 
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