Haus, ganzes
In der Wirtschaftssoziologie:
Bezeichnung für die vorwiegend für die Landbevölkerung geltende vorbürgerliche Form des Zusammenlebens, die besser als die Bezeichnung „Grossfamilie“ die zwei (höchstens drei) Generationen umfassende Blutverwandtschaftsgruppe charakterisiert, die zusammen mit dem Gesinde in einer Hausgemeinschaft wohnt und unter der Herrschaft des Hausvaters die zur Sicherung des täglichen Lebens notwendigen Arbeiten verrichtet (O. Brunner). Das ganze Haus stellt eine Einheit von Produktion und Konsumtion dar und ist primär auf die Bedürfnisse und begrenzten Möglichkeiten der an ihrer Selbstversorgung orientierten, relativ geschlossenen bäuerlichen Subsistenz- oder Hauswirtschaft zugeschnitten (Oikos). Dies gilt auch für seine Herrschaftsstruktur, die Abhängigkeits- und Besitzverhältnisse sowie die generative Reproduktion und den Status der Beteiligten. Im Zuge der Durchsetzung gewerblicher Warenproduktion lösen sich Produktion, Konsum und generative Reproduktion von der agrarischen Basis und werden zu marktabhängigen Grössen, doch behalten sie gleichzeitig zumindest ein Stück weit ihren durch die Familie gegebenen strukturellen und funktionellen Zusammenhang bei; der Haushalt bleibt weiterhin an die „traditionelle Familienwirtschaft“ gebunden (A.V. Cayanov; P. Kriedte, Haus, ganzes Medick u. J. Schlumbohm).
<< vorhergehender Fachbegriff |
|
nächster Fachbegriff >> |
|
|
|
|