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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Repräsentativsystem

Die repräsentative oder mittelbare Demokratie ist diejenige demokratische Staatsform, bei der die Bürger vornehmlich oder ausschließlich durch Parlamentswahlen an der politischen Willensbildung teilnehmen. Die in einer Demokratie ursprünglich dem ganzen Volk gebührende Ausübung der Staatsgewalt wird in diesem System damit bestimmten - vom Volk bestellten Organen - auf Zeit übertragen.

Die Identität von Regierenden und Regierten hat es im strengen Sinne des Wortes eigentlich nie wirklich gegeben, auch wenn die historischen Frühformen der Demokratie im antiken Griechenland an Modellen einer "direkten Demokratie" orientiert waren. Die direkte Demokratie ist aber nur unter der Voraussetzung eines homogenen überschaubaren Staates denkbar. In den meisten modernen Demokratien wird die Entscheidung der detaillierten Sachfragen daher gewählten Vertretern überlassen. Der Wähler hat dabei zwischen den ihm von den Parteien repräsentierten Kandidaten zu entscheiden und diejenigen auszuwählen, von denen er glaubt, dass sie die Politik im Sinne seiner Überzeugung und Interessen führen werden. Das Repräsentativsystem geht von der grundsätzlichen Überlegung aus, dass politisches Handeln einer Vielzahl von Menschen nur dann möglich ist, wenn einzelne Repräsentanten beziehungsweise Abgeordnete den Auftrag erhalten, gemeinschaftlich für ihre Auftraggeber - das Volk - zu handeln.

Man unterscheidet reine Repräsentativsysteme, in denen das Volk die Staatsgewalt nicht direkt ausübt und Repräsentativsysteme, die mehr oder minder mit plebiszitären Elementen durchsetzt sind. Die Wahlberechtigten können hier durch Volksentscheid auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen. Ein solches System existiert zum Beispiel in der Schweiz.

Die deutschen Verfassungsgeber haben sich für ein reines Repräsentativsystem entschieden. Die Bürger können nur bei der Wahl des Bundestags Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen. Eine Ausnahme bilden die Fragen der Länderneugliederung (Art. 29, 118 GG). Einer solchen Neugliederung muss die betroffene Bevölkerung durch Volksentscheid zustimmen. In der Mehrzahl der Bundesländer besteht auch im Rahmen der Länderkompetenzen die Möglichkeit der Volksabstimmung.

Die Entscheidung gegen die Aufnahme von Elementen direkter Demokratie in das Grundgesetz wurde durch die negativen Erfahrungen mit den Volksabstimmungen in der Weimarer Republik geprägt. Über Volksbegehren und Volksentscheid konnte in der Weimarer Republik das Volk die Gesetzgebung beeinflussen; zudem wurde der Reichspräsident in direkter Volkswahl bestellt.

In den vergangenen Jahrzehnten mehrten sich Forderungen nach einer direkten Beteiligung der Bürger an den politischen Entscheidungen in der Bundesrepublik Deutschland. Bislang fanden entsprechende Anträge in der Verfassungskommission jedoch nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. So fand auch bei der Entscheidung zu der EU-Verfassung im Unterschied zu anderen europäischen Ländern in Deutschland kein Volksentscheid statt.



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