Home | Finanzlexikon | Börsenlexikon | Banklexikon | Lexikon der BWL | Überblick
Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
Suche :        
   A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   X   Y   Z   

Nachmieter

Der Mieter, der lange gesetzliche Kündigungsfristen abkürzen oder vorzeitig aus seinen Zeitmietvertrag aussteigen will, aber kein Sonderkündigungsrecht hat, kann versuchen, einen Nachmieter zu stellen. Das ist zulässig, wenn im Mietvertrag eine so genannte Nachmieterklausel enthalten ist. Es ist aber die Ausnahme.

Wünsche, einen Mietvertrag vorzeitig zu beenden, gibt es genug. Häufig ist auch der Fall, dass eine neue Wohnung kurzfristig bezogen werden kann, der Mieter aber den Ablauf der Kündigungsfrist nicht abwarten will, um nicht Miete für zwei Wohnungen zahlen zu müssen. Hier stellt sich die Frage nach einem Nachmieter, der gewissermaßen das alte Mietverhältnis fortführt. Viele Mieter glauben, dass in solchen Fällen die vorzeitige Beendigung eines Mietvertrags möglich sei, wenn man drei "willige" Nachmieter stellt. Ob der Vermieter sich dann für einen Nachmieter entscheide oder nicht, sei nicht entscheidend. Hierbei handelt es sich um eine weitverbreitete aber dennoch falsche Auffassung!

Auch im Mietrecht gilt der allgemeine Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind. Ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung besteht daher für den Vermieter keine Verpflichtung, den Mieter vorzeitig aus dem Mietvertrag zu entlassen. Dies gilt unabhängig davon, wie viele eintrittswillige Nachmieter dem Vermieter benannt werden, denn der Vermieter hat den Vertrag mit dem Mieter geschlossen und braucht sich von daher keinen anderen "vor die Nase setzen" zu lassen. Zieht der Mieter dennoch aus, so haftet er in vollem Umfang für alle bestehenden Verbindlichkeiten weiter. Im Falle einer wirksam erklärten Kündigung gilt dies bis zum Ende der Kündigungsfrist. Bei einem befristeten Mietverhältnis grundsätzlich bis zum vertraglichen Beendigungszeitpunkt. Für den Vermieter besteht keine Verpflichtung sich selbst vor Ablauf des Mietverhältnisses um einen Ersatzmieter zu bemühen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hatte das Mietrecht lediglich mit der seit dem 01.09.2001 nicht mehr gültigen Norm des Paragraphen 570 des BGB zugelassen, wonach Soldaten, Beamte, Geistliche und Lehrer im Falle ihrer beruflichen Versetzung von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen konnten. Diese Vorschrift ist ersatzlos gestrichen.

Ein vorzeitiges Ausscheiden des Mieters gegen Stellung eines Nachmieters kommt daher grundsätzlich nur noch in Betracht, wenn

  • im Mietvertrag/oder danach eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden ist oder
  • wichtige Gründe dafür sprechen

Bei einer mietvertraglichen Regelung sind aber die echte und die unechte Nachmieterklausel zu unterscheiden.

Echte Nachmieterklausel

Soweit im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart ist, dass der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch auf vorzeitige Entlassung hat, wenn er ihm einen Nachmieter benennt, handelt es sich um eine echte Nachmieterklausel, z.B.: "Der Mieter ist berechtigt, das Mietverhältnis auf einen Nachfolger zu übertragen." Bei dieser Vertragsformulierung kann der Mieter die Entlassung aus dem Mietvertrag und Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Nachmieter verlangen. Hieran kann der Mieter ein besonderes Interesse haben, etwa wenn erhebliche Investitionen auf die Mietsache getätigt worden sind und der Mieter berechtigt sein soll, vom Nachmieter Erstattung zu verlangen. Da der Mieter einen Anspruch hat, kann er bei Weigerung des Vermieters Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung verlangen, etwa auf die entgangene Entschädigung. Darf der Mieter einen Nachmieter stellen, muss er dem Vermieter nicht drei bzw. noch mehr Interessenten benennen. Es reicht ein zumutbarer Ersatzmieter aus (LG Saarbrücken 13 BS 218/94 WM 95, 313). Der Vermieter darf die ihm benannten Nachmieter nur dann ablehnen, wenn er hierzu einen sachlichen Grund hat, insbesondere bei Insolvenz des Nachmieters oder anderen wichtigen in der Person des Nachmieters liegenden Gründen. Die Tatsache, dass der Nachmieter Ausländer ist, rechtfertigt eine Ablehnung nicht. Dem Vermieter steht jedoch eine angemessene Überlegungsfrist zu, ob er den Nachmieter akzeptiert oder nicht. Solange muss der Mieter seinen vertraglichen Verpflichtungen (Mietzahlung etc.) nachkommen.

Unechte Nachmieterklausel

Hat der Mieter dagegen keinen Anspruch auf Stellung eines Nachmieters, sondern ist ihm nur die Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag gegen Benennung von Nachmietern eingeräumt, so handelt es sich um eine unechte Nachmieterklausel. "Der Mieter ist berechtigt, das Mietverhältnis vorzeitig mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen, wenn er dem Vermieter mindestens drei wirtschaftlich und persönlich zuverlässige zum Bezug der Wohnung berechtigte Ersatzmieter vorschlägt, die bereit sind, das Mietverhältnis für den Rest der Mietdauer fortzusetzen, auch wenn der Vermieter sich weigert, einen der benannten Ersatzmieter in das Mietverhältnis eintreten zu lassen." Liegen die Voraussetzungen der Klausel vor, kann der Mieter verlangen, aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden. Willigt der Vermieter nicht ein und zieht der Mieter dennoch aus, so entfällt die Pflicht zur Erfüllung der mietvertraglichen Verbindlichkeiten.

"Wichtige Gründe"

In der Regel muss der Vermieter einen Nachmieter nicht akzeptieren. Ausnahmen gibt es nur bei wichtigen Gründen, d.h. das Aufhebungsinteresse des Mieters wiegt stärker als das Bestandsinteresse des Vermieters. Ohne Nachmieterklausel darf der Mieter also nur dann ausnahmsweise einen Nachmieter stellen, wenn es für ihn unzumutbar wäre, noch längere Zeit am Vertrag festzuhalten. Das ist der Fall,

  • wenn der Mieter berufsbedingt gezwungen ist, einen Ortswechsel vorzunehmen;
  • wenn der Umzug ins Alterns- oder Pflegeheim notwendig wird
  • wenn der Mieter heiraten will oder wenn sich Familiennachwuchs angekündigt hat und die Wohnung deshalb zu klein wird. (OLG Karlsruhe, Neue Juristische Wochenschrift NJW 1981, S. 1741)

Darf der Mieter in diesen Fällen ausnahmsweise einen Nachmieter benennen, kommt er aus seinem Mietvertrag aber nur heraus, wenn der vorgeschlagene Nachmieter auch geeignet ist. Wichtigstes Kriterium hierfür ist, dass der vorgeschlagene Nachmieter auch in der Lage ist, die vom Vermieter geforderte Miete zu zahlen. Der Vermieter hat auch hier eine angemessene Überlegungsfrist, während er prüfen und entscheiden kann, ob der vorgeschlagene Nachmieter in Frage kommt; nach geltender Rechtsprechung bis zu drei Monate. (LG Gießen 1 S 119/96, WM 97, 264). Ist der vorgeschlagene Nachmieter geeignet, ist der Vermieter zwar nicht verpflichtet, mit ihm einen Mietvertrag abzuschließen. Doch von dem Zeitpunkt an, zu dem der angebotene Nachmieter bereit ist, die Wohnung zu übernehmen, wird der Mieter von seinen Verpflichtungen frei, muss also auch keine Miete mehr zahlen. Das Mietverhältnis endet für den Mieter, wenn der Vermieter einen vorgeschlagenen Nachmieter akzeptiert. (OLG Koblenz 5 U 467/01, WM 2002, 232).

Es liegt kein Ausnahmefall vor, wenn es dem Mieter lediglich darum geht, in eine billigere oder verkehrsgünstigere Wohnung zu wechseln oder, wenn der Mieter in Eigentum umziehen will. Keine Härte liegt außerdem vor, wenn die restliche Mietzeit verhältnismäßig kurz ist, zum Beispiel drei Monate (OLG Oldenburg 5 UH 1/81 RE WM 82, 124). In diesen Fällen kann der Mieter eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses durch Stellung eines Nachmieters nicht verlangen. Er muss auf die Kulanz seines Vermieters hoffen.

Neues Mietrecht (seit September 2001)

Da nach dem neuen Mietrecht der Mieter nunmehr stets mit einer Frist von drei Monaten kündigen kann, ist die Nachmieterproblematik erheblich entschärft worden. Sie kommt nur noch dann zum Tragen, wenn der Mieter sofort ausziehen will oder einen Zeitmietvertrag geschlossen hat. Hier muss beachtet werden, dass der Vertrag nicht aufgelöst und neu geschlossen wird, sondern dass der Nachmieter in das bestehende Mietverhältnis eintritt. Das Nachmieterproblem spielt also seit einigen Jahren nur noch dann eine Rolle, wenn bei einem unbefristeten Mietverhältnis ausdrücklich lange Kündigungszeiten vereinbart wurden.



<< vorhergehender Fachbegriff
 
nächster Fachbegriff >>
Nachkalkulation
 
nachmodern
 
Weitere Begriffe : Fertigarzneimittel | Theorie der rationalen Wahl | Finanzmarktteilnehmermotive
 
Copyright © 2015 Wirtschaftslexikon.co
Banklexikon | Börsenlexikon | Nutzungsbestimmungen | Datenschutzbestimmungen | Impressum
All rights reserved.