Gesellschaft, tribale
In der Wirtschaftssoziologie:
auch: Stammesgesellschaft, Tribus, Stamm, methodisch und empirisch problematische Vorstellung einer allgemeinen Gesellschaftsform, die antike und zeitgenössische, „einfache“ Gesellschaften umfassen soll. Die Problematik liegt in der historisch und lokal variablen Form der Verbindung von Verwandschafts-organisation und politischer Organisation (M. Godelier 1973). [1] Häufig beinhaltet der Begriff nicht mehr als ein Gebilde von verwandtschaftlichen Gruppen mit einem gemeinsamen Territorium, einem gemeinsamen Namen, von der Gruppe geteilter Kultur und Tradition, ohne staatliche und klassenförmige Organisation, wobei die Frage nach der Form der politischen Organisation (ake-phal, segmentiert oder zentralisiert) offen bleibt.
[2] Bei L.H. Morgan (Ancient Society, 1877) ist der Stamm oder das Gentil die Organisationsform auf der Stufe der Barbarei zwischen der Wildheit und der Zivilisation (staatliche Gesellschaft). Er ist eine endogame Zusammenfassung von segmentierten Klans einer gemeinsamen Abstammungslinie mit eigenem Gebiet, gemeinsamen Kult und eigener oberster „Verwaltung“ (z.B. Rat von Häuptlingen). Nach Morgan findet sich die t. G . sowohl in den antiken Gesellschaften Europas wie bei den Indianern Nordamerikas.
[3] Bei M. Sahlins (Tribesmen, 1968) bildet die t. Gesellschaft, tribale eine Entwicklungsstufe zwischen Bande und Staat. Sie verbindet mehrere elementare Einheiten oder Segmente (segmentäre Gesellschaft), die durch polyfunktionale Verwandtschaftsbeziehungen gekennzeichnet sind und lokale Ressourcen und Flächen zumindest zeitweilig gemeinsam nutzen. Die lokalen Einheiten werden in Konfliktfällen durch in der Lineage übergeordnete „Bündnisse“ politisch organisiert oder unterliegen auf Zeit oder permanent der Herrschaft eines Häuptlings.
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