Vorverständnis
In der Wirtschaftssoziologie:
[1] Jede soziologische Forschung beginnt mit einem V vom Untersuchungsgegenstand, das sich zum einen aus der Alltagserfahrung der Forschenden speist (lebensweltliches V), zum anderen Elemente soziologischer Theorien enthält (wissenschaftliches V). Eine voraussetzungslose Forschung ist nicht möglich. Ohne ein Vorverständnis wüsste man keine Forschungsfrage zu stellen (Entdeckungszusammenhang). In der deduktiv-nomologischen Sozialforschung wird das V in die Form einer Hypothese gebracht, die im Begründungszusammenhang auf ihre Gültigkeit überprüft wird. In der qualitativen Sozialforschung gilt das V als „sensitivierendes Konzept“ (H. Blumer), das während des gesamten Forschungsprozesses virtuell einer ständigen Modifikation unterworfen ist.
[2] Die philosophische Hermeneutik nimmt an, dass jedes Verstehen einer fremden Äusserung (eines Briefes, eines überlieferten Textes) auf ein V angewiesen ist, d.h. auf Sinnerwartungen, die aus dem eigenen Verständnis des jeweils Thematisierten resultieren. Umgekehrt modifiziert und erweitert jede Interpretetion eines fremden Sinngehalts das V (Zirkel, hermeneutischer).
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